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40 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland Israel:
"Eine gemeinsame Verantwortung und eine gemeinsame Zukunft"

Im Mai wird auf politischer Ebene gefeiert: 40 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Vier Jahrzehnte zwischen Versöhnung und Normalität. Ein Blick in das Leben zweier deutsch-israelischer Familien.

Von Alexander Völkel

Mit ruhiger Hand blättert Dr. Abraham Bar Menachem durch alte Unterlagen. Beiträge aus der Kibbuzzeitung aus den 40er Jahren, Fotos aus dem Negev, aber auch aus Gießen. Seine Frau Johanna sitzt ihm gegenüber und strickt. Neben dem 93-Jährigen liegt ein Buch: "Bitterer Vergangenheit zum Trotz" lautet der Titel seiner Biographie. Lebenserinnerungen eines deutschen Juden - und eines überzeugten Israelis.

Nur wenige Kilometer entfernt stehen Sarah und Assaf Zeevi am Strand und blicken in den Sonnenuntergang. Vor ihnen liegen die Reste eines Bootsanlegers. Dort waren zahlreiche Schiffe mit illegalen jüdischen Neueinwanderern und Holocaust-Überlebenden angekommen. Das junge Ehepaar blickt auf die Pfähle und in die Ferne. Für sie war die Ankunft deutlich einfacher. Seit wenigen Tagen wohnen sie in Jerusalem.


Sarah und Assaf Zeevi stehen am Strand von Beit Yannai. Sie blicken auf die
Reste des Bootsanlegers, wo die illegalen jüdischen Aliah- und
Flüchtlingsschiffe ankamen.

Sarah, eine Deutsche aus Siegen, und Assaf, ein Jude aus Kfar Yona. 1999 haben sie sich auf einem deutsch-israelischen Jugendaustausch zwischen den Kreisen Emek-Hefer und Siegen-Wittgenstein kennen und lieben gelernt. Vor über vier Jahren haben sie geheiratet und die letzten drei Jahre zusammen in Deutschland gelebt. "Für mich ist Deutschland eine zweite Heimat geworden", sagt Assaf im fließenden Deutsch. Ich habe dort gewohnt und studiert." Jetzt macht er den Praxisteil seines Studiums der Landschaftsarchitektur in Jerusalem. Seine Frau, frisch gebackene Grundschullehrerin, ist mit ihm gekommen.

"Meine Eltern flohen 1972 von Budapest nach Israel. Sie wollten ihre Kinder im Judenstaat auf die Welt bringen", berichtet Assaf. Der Holocaust hat seine Familie geprägt. Sein Vater wurde im Ghetto geboren. "Er ist einige Male dem Tod entkommen. Viele seiner Familienmitglieder aber nicht." Abraham Bar Menachem wurde am 16. Mai 1912 in Gießen-Wieseck geboren. Damals allerdings hieß er noch Alfred Gutsmuth. Der Name steht auch auf seiner Doktorarbeit, die er als 21-Jähriger Ende 1933 im Fach Rechtswissenschaften an der Uni in Gießen einreichte. Möglich war das nur, weil zwei seiner Professoren ihn durch die Prüfungen drückten. "Das erste Staatsexamen durfte ich nicht machen. Juden war das schon verboten", berichtet er mit gefasster Stimme.

Er wollte daher die Uni in Gießen nach sieben Semestern verlassen. "So lassen wir Sie aber nicht gehen", betonten seine Professoren. Sie ließen ihn statt des Staatsexamens gleich die Doktorarbeit schreiben. Er rutschte so durch eine kleine Lücke des sich immer enger zuziehendes Netzes der nationalsozialistischen Gesetze. Noch heute ist er ihnen dafür dankbar. Für ihre mutige Haltung wurde den beiden Professoren anschließend die Lehrerlaubnis entzogen.

Für den jungen Sozialdemokraten gab es keinen anderen Weg, als seine Heimat zu verlassen. Der Beginn eines erlebnisreichen Lebens. Er ging nach Holland, wo er sich in einem Werkdorf mit anderen jungen Juden auf die Aliah, die Auswanderung nach Palästina vorbreitete. Er lernte Tischler, arbeitete hart, half Ende der 30-er Jahre beim Aufbau eines Kibbuz in der Negev-Wüste, wurde dessen Vorsteher, und später Koordinator der Kibbuz-Bewegung im Negev. Später war er Gewerkschaftssekretär und 13 Jahre Bürgermeister und Oberbürgermeister von Netanya. Alle Tiefen und Höhen durchlebte er. Existenzielle Not, die Bedrohung durch die britische Mandatsmacht und die Kriege mit den arabischen Nachbarn.

Die Bande nach Deutschland waren damals längst durchtrennt. Selbst zur Sprache. "Jahrzehntelang habe ich kein Deutsch mehr gesprochen", erzählt Bar Menachem. Auch nicht mit seiner Frau Johanna, die er im Kibbuz im Negev kennen lernte. Sie stammt aus Berlin und wanderte als Zehnjährige 1933 mit ihrer Familie nach Palästina aus. Sie überstanden daher die Nazi-Greuel, viele ihrer Verwandten aber nicht.

"Erst die Begegnung von Adenauer und Ben Gurion gab mir den Anlass, das zu überdenken." Sie begannen wieder deutsche Bücher zu lesen. Allerdings dauerte es noch bis 1964, ein Jahr vor der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen der beiden Länder, bis er zum ersten Mal nach dreißig Jahren wieder deutschen Boden betrat. Schweren Herzens flog er nach Frankfurt, reiste nach Gießen und besuchte das unversehrt gebliebene Grab seiner Eltern.


Dr. Abraham Bar Menachem mit seiner Frau Johanna in ihrer kleinen grünen
Oase in Netanya.

"Für mich besteht kein Widerspruch zwischen stetem Gedenken an die Vernichtung von sechs Millionen Juden durch Deutsche und der Versöhnung mit dem deutschen Volk", betont der heute 93-Jährige. Ein Satz, den wohl auch der 70 Jahre jüngere Israeli Assaf Zeevi unterschreiben könnte. "Wir sind auf dem Weg zur Normalität", sagt er mit Blick auf die diplomatischen Beziehungen beider Länder. "Aber Beziehungen wie zu jedem anderen Land sind es nicht." Seine deutsche Ehefrau nickt. "Es ist schon etwas Besonderes, aber es wird normaler", sagt Sarah. "Am Anfang habe ich nicht so gerne gesagt, woher ich komme oder vor Älteren Deutsch gesprochen, weil ich mich vor negativen Reaktionen gefürchtet habe." Doch negative Erfahrungen habe sie nicht gemacht.

"Die Normalisierung ist auf beiden Seiten gewünscht. Aber Normalität heißt nicht, dass alles vergessen ist." Die Beziehungen blieben durch die deutsch-jüdische Vergangenheit etwas Besonderes. Daher seien die Jugendaustausche wie der, durch den er Sarah getroffen habe, von großer Bedeutung. "Die beste Brücke zwischen Ländern sind persönliche Kontakte. Dann hat man ein Gesicht vor Augen, keine Zahlen und Fakten", sagt der 23-Jährige und blickt zu seiner deutschen Frau. "Wir haben eine gemeinsame Verantwortung und eine gemeinsame Zukunft."

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hagalil.com 18-05-2005

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