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Koscher leben...
 
 

Bachja Ibn P'kudah:
Eine Torah des Herzens



BACHJA ibn PAKUDA, ERBAUUNGSSCHRIFTSTELLER, 11. Jh., Spanien

..."Es ist mir indes zur sicheren Überzeugung geworden, daß die mit dem Körper zu übenden Pflichten nur dann völlig erfüllt werden, wenn Herz und Seele in ihrer Erfüllung mit übereinstimmen und das Herz geradezu danach drängt"...
(Aus der Einleitung zum "Buch der Herzensverpflichtungen" Sefer Chowot haLwawoth)

Bachja ben Josef ibn Pakuda gilt als einer der beliebtesten jüdischen Autoren des Mittelalters. Daher ist es um so überraschender, dass man nur wenig über sein Leben weiß. Mit großer Wahrscheinlichkeit war er ein Zeitgenosse Salomo ibn Gawirols und arbeitete als Dajan - Richter in einem Rabbinatsgericht - in Saragossa. In dieser kulturell lebhaften Stadt unter maurischer Herrschaft schrieb er sein einflussreiches Werk "Buch der Herzensverpflichtungen" Sefer Chowot haLwawoth, die erste systematische Darstellung der jüdischen Ethik und der geistigen Erbauung.

Als Dajan wird Pakuda seine Tage damit verbracht haben, über die Einzelheiten des jüdischen Ritualgesetzes nachzudenken. Außerhalb dieser Rolle jedoch war er bestrebt, das Judentum auf seine Spiritualität zu konzentrieren. Spiritualität sollte Pakuda zufolge das religiöse Leben prägen. Wie viele Propheten vor ihm wollte er korrigieren, was er für eine Überbetonung des Rituellen hielt, eine Tendenz, die sich zur Zeit Pakudas zu einer pedantischen und alles bestimmenden Herrschaft des talmudischen Gesetzes und seiner Interpretation ausgeprägt hatte. Indem Pakuda dem Täter einen höheren Rang einräumte als der bloßen Tat, versuchte er, die Balance wiederherzustellen und die Aufmerksamkeit auf das Innere zu richten, weg von den Äußerlichkeiten der religiösen Observanz.

Pakudas Werk »Herzensverpflichtungen«, das er um 1080 in Arabisch verfasste, unterteilt die Verpflichtungen, die jeder religiöse Mensch hat, in »Pflichten der Körperteile« - das heißt alle Handlungen, die den Körper betreffen - und »Pflichten des Herzens«, das heißt alles, was das innere Leben, die Einstellung oder Motivation eines Menschen einschließt. Die »Pflichten der Körperteile« umfassen verschiedene rituelle und ethische Observanzen, die von der Tora geboten sind; die Pflichten des Herzens, die Pakuda in zehn Kapiteln beschreibt, bestehen aus Glaubensansichten wie Zuversicht, Liebe und Ehrfurcht, jene Eigenschaften, die Pakuda zufolge den Zustand der Seele eines Menschen kennzeichnen, die aber von anderen jüdischen Gelehrten stark vernachlässigt wurden.

Pakuda trat für eine Religion ein, die eine mechanische Erfüllung der Gebote übersteigt. Vor allem wollte er zeigen, dass die jüdische Religion eine Tora des Herzens ist. Während mittelalterliche Philosophen wie Maimonides nach äußeren Beweisen für Gottes Existenz suchten, bot Pakuda den Menschen die Mittel, durch spirituelle Disziplin und ein spirituelles Bewusstsein zu wachsen. Seine »Herzensverpflichtungen« wurden die beliebteste ethische Schrift des Judentums.

INNERE UND ÄUßERE RELIGION

..."Ich stellte Untersuchungen darüber an, ob der Verstand, so wie die Heilige Schrift und die Tradition es tun, uns gebietet, Pflichten des Herzens zu erfüllen oder nicht. Da fand ich, daß letztere die Grundlagen aller Gebote sind und daß, wenn sie irgendwie außer acht gelassen werden, es uns nicht möglich ist, andere mit dem Körper zu erfüllende Pflichten auszuüben.

Ich sagte mir, es ist uns klar, daß der Mensch aus Körper und Seele besteht, und von diesen beiden, die durch Gottes Güte verbunden sind, ist der eine Teil sichtbar, der zweite unsichtbar. Darum ist es unsere Pflicht, Gott ebenso in sichtbarer wie in unsichtbarer Weise zu dienen. Der sichtbare Gottesdienst umfaßt alle Pflichten, bei deren Erfüllung der Körper in Tätigkeit ist, z.B. Gebet, Fasten, Wohltätigkeit, das Studium der Gotteslehre und ihre Verbreitung, die Errichtung der Laubhütte, den Feststrauß, die Schaufäden, die Pfosteninschrift, das Geländer um das Dach und ähnliches, was durch die sichtbaren Glieder des Menschen vollführt wird. Jedoch der unsichtbare Gottesdienst begreift die Pflichten des Herzens in sich, und zwar, daß wir die Einheit Gottes in unserm Herzen anerkennen, daß wir an ihn und an seine Lehre glauben, daß wir seinen Dienst uns hingeben, daß wir ihn ehrfürchten, uns vor ihm demütigen, vor ihm Scham empfinden, daß wir ihn lieben, ihm vertrauen, für ihn unser Leben hinzugeben bereit sind, daß wir uns femhalten von allem, was er haßt, daß wir unsere Handlungen ihm allein weihen, in seine Wohltaten betrachtend uns versenken und ähnliches. Alles dies geht aus der Gesinnung des Herzens hervor, ohne daß die äußeren sichtbaren Glieder des Körpers dabei mitwirken"...

Herzensverpflichtungen, aus der Einleitung zitiert nach der Übersetzung von E. Stern, aus K. Wilhelm "Jüdischer Glaube", Köln, 1998, S.120.

VON DER GOTTESLIEBE

..."Ob die Liebe zu Gott in der Befähigung des Menschen liege oder nicht, zur Beantwortung dieser Frage habe ich folgendes zu bemerken: Die Liebe bekundet sich auf dreierlei Weise. Erstens, eine Liebe, um derentwillen es dem Liebenden ein leichtes ist, sein Hab und Gut zu opfern, während er ihr keineswegs seinen Körper und seine Seele opfert. Zweitens, eine Liebe, um derentwillen der Veriust eines Teils seines Körpers und die Aufopferung seines Vermögens dem Liebenden geringfügig erscheint. Drittens, eine Liebe, für die der Verlust des Vermögens, des Körpers und der Seele in gleichem Maße ein leichtes ist. Wir finden bereits, daß unser Stammvater Abraham seine Liebe zu Gott in jeder dieser erwähnten Beziehungen bewährte, indem er sich ihm mit seinem Besitz, mit seinem Körper und mit seiner Seele freiwillig hingab"...

"Buch der Herzensverpflichtungen" Sefer Chowot haLwawoth 10.4

GERÜSTET FÜR DEN TAG DER ABRECHNUNG

..."Wir sind verpflichtet, gerüstet zu sein für die Begegnung, und uns bereitzumachen für den weiten Weg in die andere Welt, von der es für uns keine Zuflucht und vor der es kein Entrinnen gibt, und an die Wegzehrung zu denken und daran, womit wir unserem Schöpfer am Tag der großen Abrechnung gegenübertreten können"...

"Buch der Herzensverpflichtungen" Sefer Chowot haLwawoth 8.3

Aus
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hagalil.com 25-10-2003



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