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VON GENERATION ZU GENERATION
[Jüdische Visionen aus drei Jahrtausenden]

DOÑA GRACIA MENDES

MUTIGE AKTIVISTIN, 1510-1569, Portugal
DONNA GRACIA MENDES NASI (Beatrice de Luna) (Portugal-Italy-Turkey) Philanthropist and Jewish Marrano Leader


Die wesenhafte Frömmigkeit Mirjams, die ihr Leben aufs Spiel setzte, um ihre Brüder zu retten, die große Umsicht Deboras, die ihre Volk anführte, die grenzenlose Tugend und große Heiligkeit Esters, die denen half, die verfolgt waren, und die vielgepriesene Stärke der äußerst keuschen und großmütigen Judit.

(Lobrede auf Donna Gracia in Samuel Usque's "Trost für die Stämme Israels", 1553)

Dona Gracia Mendes wurde in Portugal geboren und erhielt den christlichen Namen Beatrice de Luna. Sie wuchs als Marranin in einer scheinbar katholischen Familie auf, die sich heimlich an den jüdischen Glauben ihrer Vorfahren hielt. Die Mitglieder der Familie besuchten daher zwar regelmäßig die Messe, blieben aber am Schabath hinter verschlossenen Türen, mieden die durch das jüdische Gesetz verbotenen Nahrungsmittel und fasteten heimlich am Jom Kippur.

In der katholischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts bildete sich jedoch zunehmend eine feindliche Gesinnung gegenüber der marranischen Bevölkerung aus. Familie Mendes lebte daher in ständiger Angst, als heimliche Juden enttarnt zu werden. Im Jahre 1536 wurde die Inquisition offiziell in Portugal eingeführt. Die schreckliche Folge war, dass viele Marranen wegen Häresie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Als Gracia im Alter von 26 Witwe wurde, entschied sie sich, aus Portugal zu fliehen und zog mit ihrem Baby in das Haus ihres Schwagers in Antwerpen. Nach ihrer Ankunft half sie, eine Untergrund-Reiseorganisation aufzubauen mit Agenten in England, Flandern, Frankreich und Deutschland, um anderen Marranen zu helfen, aus Portugal zu fliehen. Die Stadt Antwerpen war zwar ebenfalls unter der Kontrolle der Inquisition, doch Gracia handelte mutig, indem die den Weg hunderter Verfolgter nach England, Flandern, Frankreich und Deutschland - in die Sicherheit - betreute.

Gracia wechselte 1544 erneut den Wohnort, diesmal um die Heirat ihrer Tochter mit einem ortsansässigen katholischen Adligen zu verhindern. In Ferrara in Norditalien, endlich sicher vor der Inquisition, war sie in der Lage, ihr Judentum offen zu bekennen, zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie nahm den neuen Namen Gracia Mendes aus dem Haus des Nasi an - ihr jüdischer Familienname. Auch in Ferrara hörte sie nicht auf, sich der Not ihrer Glaubensgeschwister anzunehmen und fuhr fort, den Marranen zu helfen. Doch wie bei Jeremia wurde Gracias kompromisslose Haltung als eine Bedrohung des Friedens zwischen den Völkern empfunden. Deshalb wurde sie während eines Besuchs in Venedig, den sie wegen Gemeindeangelegenheiten gemacht hatte, verhaftet. Nach ihrer Freilassung ließ sie sich in der Türkei nieder, wo sie die erste Übersetzung der Bibel ins Spanische in Auftrag gab (die »Ferrara Bibel«), die sich an Marranen richtete, die unfähig waren Hebräisch zu lesen.

Im Jahr 1556 wurden fünfundzwanzig Marranen im italienischen Ankona inhaftiert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Stets zur Tat bereit, organisierte Mendes einen Boykott jüdischer Kaufleute aus aller Welt im Hafen von Ancona. Der Protest misslang, weil einige rabbinische Autoritäten zögerten, die religiöse Zustimmung zu einer solchen direkten Aktion zu geben. Dona Gracia war tief enttäuscht über die Unfähigkeit ihres Volkes, gegen Unrecht vorzugehen. In ihrem ganzen Leben zeigte sie, dass politischer und wirtschaftlicher Protest gleich wirksam, wenn nicht sogar wirksamer sein kann als der traditionelle Weg des Gebets und der Fürbitte. Ihre vielen Errungenschaften zeigen, dass es für Juden auch andere Wege gibt, als Unrecht passiv zu erleiden.

FREIKAUF VON GEFANGENEN

In solcher Weise hob sie mit ihrem güldenen Arm und himmlischen Griff die meisten von diesem Volk aus den Tiefen dieser und anderer unendlicher Bedrängnisse empor, in denen sie in Europa aufgrund ihrer Armut und Sünde gefangen waren. Sie brachte sie in sichere Länder und ließ nicht davon ab, sie zu leiten und zum Gehorsam und zu den Prinzipien des Gottes ihrer Vorzeit zu sammeln. So wurde sie eure bewährte Stütze in eurer Schwachheit, eine Bank, auf der die Müden Ruhe fanden, ein Quell voll klarem Wasser, aus der die Ausgetrockneten trinken konnten, wie ein fruchtbehangener, schattiger Baum, von dem die Hungrigen aßen und unter dem die Verzweifelten Erholung fanden. Um so bemerkenswerter, da ihr selbst jener große Beistand fehlte, und sie blieb allezeit eine bewährte Hilfe in all dem Elend des portugiesischen Volkes, eine starke Säule, die viele stützte, die einst Gefangene waren und verhalf ihnen zu ihrem Glück.

(Lobrede auf Donna Gracia in Samuel Usque's
"Trost für die Stämme Israels", 1553)

RETTERIN DES VOLKES

Das jüdische Volk wäre gänzlich verloren, hätte Gott nicht für sie einen Rest des Hauses des Nasi erhoben, der den Weg der Flüchtlinge ebnete, die zurückkehren wollten zu ihrem Gott. Sie stand am Straßenrand im Zelt Abrahams, um ihre stöhnenden Wanderer zu empfangen, die zurückkehrten zum Dienst für ihren Schöpfer, so müde und sorgenvoll, dass jedes Knie gezögert hätte vor diesem großen Haus, das vom Himmel gesalbt worden war, um Gnade mit ihnen zu haben, jeder Seele des Hauses Jakobs, die kam, um unter den Fittichen ihrer göttlichen Gegenwart Zuflucht zu finden, war sie eine Mutter und stillte sie an ihrer tröstenden Brust.

(Klagelied auf Donna Gracia von Saadia Lungo von Salonici, 1569)

Buchbesprechung: Siehe, Tage kommen … !
Jüdische Visionen aus drei Jahrtausenden
TEXTBUCH ZU DEN BIBLISCHEN PROPHETEN UND GROSSEN JÜDISCHEN PERSÖNLICHKEITEN:
Ein Prophet gilt oft irrtümlich als bloßer Vorhersager der Zukunft. Doch die Propheten bedachten die Vergangenheit, schauten durch die Gegenwart in die Zukunft und führten die Folgen aktueller Handlungen vor Augen...
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hagalil.com 15-04-2004



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