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Du bist da
Jedoch nur für Dich
Wo wär für Andre neben Dir?
Du bist da
Und warst es, noch ehe eine Zeit geworden
Und wohntest ohne Ort.
Du bist da
Verschlossenen Geheimnisses, das keiner faßt.
So tief, so tief - wer fand es aus?
IV
Du lebst
Nicht aber seit gemessner Zeit
Noch vom gekannten Punkt.
Du lebst
Doch nicht durch Seel und Lebenshauch -
Du selbst: Des Hauches Innenhauch.
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Du lebst
Nicht freilich wie der Mensch, der einem Windwisch gleicht
Und Madenfraß sein End.
Du lebst
Und wer nun Dein Geheimnis fasst, der findet ewge Freud
Er isst und lebt auf Ewigkeit.
V
Groß bist Du
Und jede Größe ist der Deinen unterworfen
Ein jeder Vorzug Mangel.
Groß bist Du, groß unausdenkbar
Und machst zunichte alle Schau.
Groß bist Du über alle Größe
Zu hoch, zu weit für jedes Lob.
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Schlomoh Ibn Gwiról:
Der Dichter als Beter
Eveline Goodman-Thau
Eine Trennung von Glauben und Wissen nimmt Salomo Ibn Gabirol in seinem Werk
"Krone des Königtums" nie vor. Sie ist diesem Dichter ganz fremd.
In dieser Hinsicht steht er in der Tradition der großen jüdischen Dichter
des biblischen Zeitalters und setzt die Dichtung der Psalmen und der
Weisheitsliteratur fort. In seinem Text - und dies wird vor allem im
hebräischen Original hörbar - klingt in fast jedem Vers die Bibel mit.
In seinem dreizeiligen Exordium, das dem ganzen Werk vorangestellt ist,
betont Ibn Gabirol, daß es sich bei Krone des Königtums um ein Gebet
handelt, ein Gebet, welches an den lebendigen Gott gerichtet ist, dessen
Schöpfung und dessen Wunder der Dichter in seinem Gebet seinen Hörern und
Lesern mitteilen will.
Dichtung bedeutet für Ibn Gdbirol in erster Linie Andacht, nicht einen
'ästhetischen' Akt. Durch diese Gesinnung gewinnt die Krone seiner
Dichtungen, die Krone des Königtums, ihre geistig-geistliche Bedeutung.
Diese Dichtung ist gerichtet an den König der Könige. Gott, die Schöpfung
und das Gebet sind die Grundsäulen dieser Dichtung, die unter die schönsten
der mittelalterlichen jüdischen Poesie gezahlt wird.
Von daher ist es nur natürlich, daß gerade die zweite Strophe dieses
Gedichts in den jüdischen Gottesdienst am Abend des heiligsten Tages des
liturgischen Jahres, dem Jom Kippur, als Schir HaJichud, als Lied über die
Einheit Gottes aufgenommen ist.
Der Gott, welchen Ibn Gabirol anbetet, ist ein persönlicher Gott, zu dem der
Mensch, der aus seiner Seele spricht, ein einzigartiges Verhältnis
entwickelt. Wie die Psalmen im jüdischen Gottesdienst die Vorbereitung zum
eigentlichen Gebet sind und in einer festen Gebetsordnung festgelegt sind,
so ist auch der Schir HaJichud von Ibn Gabirol die Einfuhrung in das Gebet
am Jom Kippur, wenn der Mensch im Gericht vor Gott steht.
Moses Mendelssohn Zentrum - Europäisch-Jüdische Studien - Universität
Potsdam
Jüdische Quellen / Mekoroth Jisrael
Band 3 Salomo Ibn Gabirol
Quelle:
Salomo Ibn Gabirol: Krone des Königtums
Herausgegeben von Eveline Goodman-Thau und Christoph Schulte
Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Christoph Correll
Mit einem Nachwort von Karl E. Grözinger
Akademie
Verlag |
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Schlomoh Ibn-Gwiról:
Ein mystischer Dichter in Spanien
Im 9.-12. Jahrhundert entstand in der jüdischen
Gemeinschaft im maurischen Andalusien (Südspanien) eine lebendige
Subkultur... |
Siehe, Tage kommen…!
Jüdische Visionen
aus drei Jahrtausenden
Ein Prophet gilt oft irrtümlich als bloßer
Vorhersager der Zukunft. Doch die Propheten bedachten die Vergangenheit,
schauten durch die Gegenwart in die Zukunft und führten die Folgen
aktueller Handlungen vor Augen...Altern.: Ibn
Gvirol, Ibn Gwirol, Ibn Gabirol |
hagalil.com
20-10-03
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