Die Welt des
Ostjudentums POLEN
von Chaim FRANK
Die Aufteilung
Polens
Politisch, hatte sich im 18. Jahrhundert
eine Aufteilung Polens vollzogen, in der nun der bis dahin gewissermaßen
homogene jüdische Bereich gleichfalls in drei Teile geteilt wurde, und
dessen weitere Entwicklung sehr verschieden verlief:
Die Juden, die den Preußen
zufielen, wurden unter Friedrich II. sehr rasch assimiliert. Die
allgemeine Schul- und Wehr-Pflicht, so auch die gewisse Toleranz des
preußischen Staates, bewirkten ein neues und loyales Verhältnis, was die
Assimilation wesentlich beschleunigte. Wobei diese Schlesischen Juden
nun, für die anderen Ostjuden, als 'Teitsche' galten.
Die Entwicklung im Galizischen
und Bukowinischen, wo sich unzählige Shtetln befanden, war
charakteristisch für die k&k-Verwaltung. Hier zeigte
sich besonders der herabwürdigende Umgang der Habsburger mit ihren neu
hinzu gewonnenen Untertanen und verschiedener Volksgruppen. Zwar blieb
die Autonomie weitgehend für die Juden unberührt, aber es geschah
darüber hinaus auch nur wenig zur Hebung ihres Lebens-Standarts. Kaiser
JOSEPH II. gab zu Beginn seiner Regentschaft den Erlaß heraus,
der die Juden zwang bürgerliche Namen anzunehmen. Gerade in diesen von
treuen' Beamten vollzogenen Maßnahmen zeigte sich die ganze Willkür und
Verachtung der K&K-Behörden gegenüber den Juden, und drückte sich vor
allem in der Namengebung aus. Die Vergabe von Ekel-und Spottnamen, die
Verspottung überhaupt, oder auch ihre Gleichgültigkeit den Juden
gegenüber, waren genug Beweis hierfür.
So fanden die ehemals polnischen Juden,
die der österreichischen Monarchie zugefallen waren, trotz ihrer
Emanzipation um 1870, erst nach dem 1. Weltkrieg ihren Weg in die
geforderte Freiheit.
Das eigentliche Gros der polnischen
Juden, wo auch die typische Shtetl-Welt zu finden war, die wir aus
zahlreichen Erzählungen kennen, fiel schließlich an das
Zarenreich. Die nunmehr russischen West Provinzen, das war
halb Polen, Litauen die Ukraine, Bessarabien und Podolien,
wurden für die Juden als TCHUM, als
ANSIEDLUNGS-RAYON
bestätigt, wobei ihnen eine Einreise ins zentrale Zarenreich Russlands,
mit seinen damals noch ungenutzten wirtschaftlichen Möglichkeiten, lange
Zeit versperrt geblieben war.
Die russische Verfassung, die nie den
Juden wohlgesonnen war versuchte ihre neue, vorwiegend jüdische
Bevölkerung, in ihr zaristisch-bürgerliches System einzubinden und hob
die bis dahin bestehende jüdische Kultur-Autonomie auf. (Davon werde ich
im nächsten Vortrag, wo es um die russischen Juden gehen, noch besonders
berichten.)
Harte Zeiten wälzten sich auf die Juden
des sog 'Kongreß-Pojlns' zu.
Infolge der allgemeinen Verarmung der
jüdischen Bevölkerung vertiefen sich Ende 17. Jahrhundert die Gegensatze
zwischen Volk und der Kahal-Olichagie, die gezwungen war die Last der
ständig wachsenden staatlichen und Gemeindesteuern auch auf die Ärmeren
abzuwälzen
In dieser Zeit bemühte sich eine unter
dem Einfluß der Aufklärung stehende Gruppe von Adeligen unter Tadeusz
CZACKI und Maciej Topor BUTRYMOWICZ darum, die Macht der Kahale
einzuschränken und die Berufsstruktur der jüdischen Bevölkerung durch
Beschäftigung von Juden in Manufakturen und in der Landwirtschaft zu
verändern.
Sie traten speziell auch für die
Assimilierung der Juden und ihre Einbeziehung in den Buergerstand ein.
Die Fragen der Judenreformen wurde ein steter Gegenstand der Beratungen
des Großen Sejms, aber eine Lösung konnte auch im preußischen und
österreichischen Teilungsgebiet nicht herbeigeführt werden.
Im Gegenteil: im Preußischen
Teilungsgebiet trat nach Anordnung Friedrichs II. das 'General-Judenreglement'
vom 17. 4. 1750 in Kraft, daß nur den wohlhabenden Juden den Aufenthalt
in Städten gewährte, ferner wurde die Tätigkeit der Selbstverwaltung auf
religiöse Fragen beschränkt; im österreichischen Teilungsgebiet
war es nicht wesentlich anders. Die Ärmsten wurden des Landes verwiesen,
den restlichen im Galizischen Raum verbliebenen Juden erhielten
Einschränkungen hinsichtlich ihrer Eheschließungen. Nach heftigem
Widerstand der Bevölkerung, wurden einige Anordnungen wieder
zurückgezogen; weiterhin aber blieb die Einschränkung der zugelassenen
Berufe, d.h. Juden blieben aus Apotheken, Brauereien und Mühlen
entfernt.
Nach wie vor oder nun seit den vielen
Einschränkungen vermehrt spielten die Juden wieder beim Handel eine
große Rolle, deren galizischen Zentren Lwow und vor allem Brody wurden,
allein schon der günstigen Verkehrs-Verbindungen und der Zollprivilegien
wegen.
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