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Das Jüdisches Museum Wien präsentiert:
'Die Fackel' von Karl Kraus

Wien: Seine Zeitschrift »Die Fackel« gilt heute als singuläre Erscheinung. Der Monomane Karl Kraus (1874 - 1936) schrieb diese in unregelmäßiger Folge erscheinende Publikation ein Vierteljahrhundert lang praktisch im Alleingang.

Noch bis zum 1. November 1999 steht eine der bewundertsten und umstrittensten Figuren der Literatur- und Pressegeschichte im Mittelpunkt einer umfangreichen Sonderausstellung im Jüdischen Museum Wien.

"Was wir umbringen"

Seinen Anspruch formulierte Kraus bereits beim erstmaligen Erscheinen der »Fackel« im April 1899: "Das politische Programm dieser Zeitung scheint somit dürftig; kein tönendes 'Was wir bringen', aber ein ehrliches 'Was wir umbringen' hat sie sich als Leitwort gewählt".

»Die Fackel« war 1899 etwas völlig Neues in der Medienlandschaft der damaligen Zeit: eine mutige Zeitschrift, die die Dinge beim Namen nannte, provokant, aggressiv und satirisch Stellung bezog und die anderen Medien der damaligen Zeit erbarmungslos aufs Korn nahm. Im Mittelpunkt der Kritik fanden sich Journalisten und Schriftsteller, korrupte Beamte, der Adel, das reich gewordene Bürgertum, deren Machtstreben, Verlogenheit und Doppelzüngigkeit Kraus scharfsichtig beobachtete und anprangerte. Der zeitgenössische Erfolg der »Fackel« lag nicht zuletzt in ihren Qualitäten als unabhängiges Oppositionsblatt. Vor den Augen des heutigen Lesers entsteht bei der Lektüre ein pointiertes Bild der österreichischen Gesellschaft von der Donaumonarchie über die Erste Republik bis zum Ständestaat.

In der Ausstellung, die das Jüdische Museum Wien (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) von 23. Juni bis 1. November 1999 zeigt, werden die Biografie und die Arbeitsweise von Karl Kraus ebenso dargestellt, wie sein jüdisches und nichtjüdisches Umfeld sowie der komplizierte Herstellungsprozeß der »Fackel«. Zahlreiche der ausgestellten Dokumente, Originalhandschriften und persönlichen Erinnerungsstücke werden dank der großzügigen Leihgaben aus dem In- und Ausland erstmals gezeigt. Die Kuratoren der Ausstellung sind Heinz Lunzer und Victoria Lunzer-Talos sowie Marcus Patka seitens des Jüdischen Museums.

Das Jüdische Museum ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Kostenlose Führungen in deutscher Sprache: sonntags um 12 und um 15 Uhr und donnerstags um 18.30 Uhr. Durch die ständigen Ausstellungen des Museums gibt es jeden Sonntag um 16 Uhr eine Führung. Eintritt: ATS 70,-/ATS 40,- ermäßigt. Anmeldung für Sonderführungen: Tel. +43-1-535 04 31.

Einzigartig in der Pressegeschichte

Waren es in den ersten Jahren der »Fackel« öffentlich-politische Angelegenheiten, die analysiert wurden, gewannen ab 1903 Themen der literarischen Moderne an Gewicht. Dabei forcierte Kraus Autoren wie Strindberg, Oscar Wilde, Frank Wedekind. Kraus gab auch zahlreichen jungen Autoren wie Else Lasker-Schüler, Franz Werfel oder Egon Friedell in der »Fackel« Raum für frühe, einflußreiche Veröffentlichungen. Im Gegenzug nahm er die von Hermann Bahr geförderten Vertreter des Jung-Wien immer wieder in seinen Artikeln satirisch ins Visier.

Doch bevor die »Fackel« eine bloße Literaturzeitschrift wurde, änderte Kraus den Kurs. Er verzichtete ab 1911 auf jegliche Mitarbeiter und schrieb die Zeitschrift bis zu seinem Tod alleine. Eine erschütternde Aktualität gewann die »Fackel« nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, den Kraus trotz der staatlichen Zensur zum Thema aktueller Darstellung machte: in kritischen Essays, in Kommentaren, die sich gegen die schönfärberische Kriegsberichterstattung wandten, in Szenen, die Gespräche von Militärs, Beamten, Kriegsgewinnlern und Opfern wiedergaben, die dann von ihm zu seinem Monumentaldrama »Die letzten Tage der Menschheit« verdichtet wurden.

Nach dem Untergang der Habsburgermonarchie kritisierte Kraus die politischen Entwicklungen der Ersten Republik ebenso vehement: Seine anfängliche Sympathie für die Sozialdemokratie wich bald der Enttäuschung über die Politik der Parteiführer, und der immer stärker werdende Antisemitismus als Mittel der tagespolitischen Auseinandersetzung führte bei ihm schließlich dazu, daß er angesichts des Aufstiegs des Nationalsozialismus ein autoritär regiertes aber unabhängiges Österreich - den christlichen Ständestaat - für das kleinere Übel hielt. In der Auseinandersetzung mit dem Judentum zeigte sich die tiefe Ambivalenz seiner Persönlichkeit: Er zeigte sich bereit, sowohl fanatische Zionisten als auch rabiate Antisemiten zu verspotten. Obwohl er jahrelang jedes Bekenntnis zu seiner jüdischen Herkunft ablehnte, erkannte er angesichts der rassistischen Propaganda des Nationalsozialismus die »Naturkraft eines unkompromittierbaren Judentums" in einem der letzten ›Fackel‹-Hefte an.

Die Ausstellung läßt anhand einer Vielzahl an Briefen, Karikaturen, Plakaten, Korrekturfahnen, Skizzen, Zeitungen, Theaterzetteln und Büchern den geistigen und personellen Kosmos der »Fackel« erstehen: ihre Themen und Auseinandersetzungen, ihre Mitarbeiter, ihr Publikum und ihre Feinde, den Produktionsprozeß und ihr Anderssein. Zahlreiche wenig bekannte Fotografien veranschaulichen auch ein gewichtiges Stück Wiener Stadtgeschichte, die durch einen Film (er wird zu jeder vollen Stunde in der Ausstellung gezeigt) und Tondokumente mit Karl Kraus lebendig werden. Viele Fotografien und Dokumente werden erstmals zu sehen sein - dank der großzügigen Unterstützung von Leihgebern wie der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, der Österreichischen Nationalbibliothek, dem Brenner-Archiv, dem Historischen Museum der Stadt Wien und zahlreichen privaten Sammlern.

Parallel zur Ausstellung erscheint im Mandelbaum Verlag Wien ein Begleitbuch zur Ausstellung mit 192 Seiten und über 250 Abbildungen (Fotos, Zeichnungen, Dokumente), darunter etliche bislang unveröffentlichte Bilder aus einem neu entdeckten Teilnachlaß, der in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek aufbewahrt wird. Herausgegeben wird das Buch von Heinz Lunzer, Victoria Lunzer-Talos und Marcus G. Patka, an weiteren Autoren konnten die renommierten Kraus-Spezialisten Hermann Böhm, Kurt Krolop, Leo A. Lensing und Sigurd P. Scheichl gewonnen werden. Die Kapitel entsprechen den jeweiligen Abschnitten der Ausstellung, etwa ein Drittel der Exponate ist mit Abbildungen vetreten. Der Katalog erscheint anläßlich der Eröffnung und kostet ATS 348,-/DM 47,70/SFR 44,60 (ISBN 3-85476-024-8).

Gang durch die Ausstellung

  • Leben

  • Juden, Christen, Antisemiten

  • "Die Fackel: Schreiben und Drucken"

  • "Anti-Medium"

  • "Weltkrieg"

  • "Polemik und Satire"

  • "1918 - 1936"

  • "Theater, Vorlesungen"

  • "Geist und Geschlecht"

  • "Altenberg, Loos, Kokoschka"

Lebenslauf

Das Ausstellungsteam
Kuratoren: Heinz Lunzer, Victoria Lunzer-Talos und Marcus G. Patka
Gestaltung: Dimitris Manikas und Doris Kristandl
Grafik: Katharina Uschan

Weitere Auskünfte:
Dr. Alfred Stalzer,
Pressebüro des Jüdischen Museums der Stadt Wien
A-1040 Wien, Weyringergasse 17/2/2
Telefon: +43/1/505 31 00
e-Mail: presse@jmw.at oder 73513.2164@compuserve.com


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