Anlässlich seiner Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden von Jad Vashem
brachte M'ariw ein Interview von Arik Weiß mit Tommy Lapid
Weiss: Welche Wege gibt es Ihrer Meinung nach, sich mit der
Erscheinung des Antisemitismus auseinanderzusetzen.
Lapid: "Das Problem ist nicht nur der Antisemitismus, sondern die
Holocaustleugnung. Deshalb ist ja die Arbeit von Jad Vashem so wichtig, da
mit ihr die Erinnerung bewahrt wird. Die größte Befürchtung ist, dass sich
die junge Generation nicht mehr erinnern wird, dass der Holocaust ganz
einfach in Vergessenheit geraten wird. Deshalb messe ich der Schule in Jad
Vashem sehr große Bedeutung bei, in der Jugendliche und Studenten
unterrichtet werden. Ich beabsichtige nicht, große Veränderungen
vorzunehmen, dazu bin ich auch nicht befugt. Ich hoffe jedoch, meine
Beziehungen zu nützen, um Gelder zu beschaffen, und meine Medienbegabung
einzusetzen, um das Holocaustbewusstsein in aller Welt zu stärken".
Wie setzt man sich mit der Tatsache auseinander, dass riesige Spenden für
die Verewigung gesammelt werden, während viele der Überlebenden in Armut
leben und Hunger leiden?
"Das ist ein Argument, das in der Geschichte häufig vorgebracht wird,
und zwar jedes Mal, wenn in Notzeiten ein großes Projekt angegangen wird. So
war es, als in Frankreich die Notre Dame Kirche gebaut wurde, und die
Menschen unter Armut litten, und so war es auch, als man in Tel Aviv das
Mann-Auditorium errichtete, obwohl die Neueinwanderer noch in Zelten lebten.
Es kann sein, dass solche Projekte mit aktuellen Notzeiten zusammenstoßen,
aber das nimmt ihnen nichts von ihrer Bedeutung. Gleichzeitig kamen mit der
russischen Einwanderung Holocaustüberlebende nach Israel, für die gesorgt
werden muss."
Aber handelt es sich hier nicht schon um ein Symptom? Kein
Regierungsvertreter war z.B. bei der Beerdigung des Nazijägers
Simon
Wiesenthal anwesend, und auch ein Grabstein wurde ihm erst neun Monate
nach seinem Tod gesetzt.
"Ich glaube nicht, dass es sich um ein Symptom handelt. Hin und wieder
gibt es natürlich Vernachlässigung und Ungerechtigkeit, aber nicht mehr als
das. Ich glaube, ich habe sehr viel zur Verherrlichung von Raoul Wallenberg
beigetragen, der übrigens meine Mutter gerettet hat. Man kann also nicht von
einem Symptom sprechen. Wir vergessen nicht."
Sie werden nun sicherlich an unzähligen Debatten über den Holocaust
teilnehmen. Wie setzt man sich mit den internationalen Vorwürfen
auseinander, gerade diejenigen, die den Holocaust durchgemacht haben,
verhielten sich nun grausam zu den Palästinensern?
"Als Regierungsmitglied traf ich fast jede Woche mit Vertretern aus
aller Welt zusammen, und bei den Europäern wurde das jedes Mal angesprochen:
Wie können die Juden, die den Holocaust durchgemacht haben, den
Palästinensern so etwas antun? Meine Antwort lautete meist wie folgt:
'Wenn Sie uns sagen, wir sollten auf dem Weg zum Frieden Risiken eingehen,
dann verstehen Sie nicht, dass wir uns solche Risiken nicht erlauben können.
Sechs Millionen Juden sind im Holocaust ermordet worden, und Sie haben
keinen Finger gerührt. Wenn noch einmal sechs Millionensterben, dann werden
Sie allerhöchstens Waisenhäuser für jüdische Kinder eröffnen.'
Ich habe übrigens niemals eine Antwort darauf erhalten. Sie haben dann
einfach geschwiegen. Es verblüfft mich immer wieder, dass sie ihre
Doppelmoral nicht erkennen: ob die USA, die die Verfassung ignorieren,
sobald ihnen Gefahr droht, oder Holland, das nach der Ermordung des
Regisseurs Theo van Gogh durch Moslems seine berühmte Toleranz gegenüber
Ausländern mit einem Schlag verloren hat. Gleichzeitig heißt das nicht, dass
wir unsere Humanität nicht bewahren müssen. Aber man muss sie immer wieder
an den Holocaust erinnern. Es erwartet mich sehr viel Arbeit."
Geschmacklosigkeit in Jad vaSchem:
Eine Provokation namens Lapid
Deutliche Worte gegen die Ernennung von Tommy Lapid zum
Vorsitzenden der Gedenkstätte Jad vaSchem...
Pogrom in Polen:
Kielce nach 60 Jahren
Sie waren Flüchtlinge. Holocaustüberlebende. Polnische Juden auf dem Weg
nach Eretz Israel oder zum Wiederaufbau ihres Lebens im zerstörten Polen...