Dr. h. c. Paul Spiegel sel. A.,
der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, starb heute in den
frühen Morgenstunden nach langer und schwerer Krankheit im Alter von nur 68
Jahren. Er war erst zu Pesach aus einem mehrwöchigen Koma erwacht.
Paul Spiegel hinterlässt seine Frau, seine beiden Töchter mit Familien und
Freunde. Vermutlich wird Spiegel, so Stephan Kramer, Generalsekretär des
Zentralrats, in der zweiten Wochenhälfte im engsten Familienkreis in
Düsseldorf beigesetzt. Für Sonntag plant der Zentralrat eine zentrale
Trauerfeier in Düsseldorf.
Schon direkt nachdem er im Jahre 1999 das schwere Amt von
Ignatz Bubis
s'l, der sehr enttäuscht und resigniert gestorben war, übernommen hatte,
warnte Spiegel vor Gleichgültigkeit und stummer Zustimmung zu rechtsextremer
und antisemitischer Hetze und Gewalt. Immer wieder musste er diese Warnung
wiederholen. Er setzte sich nicht nur für Juden, sondern auch für Asylanten,
Aussiedler, Sinti und Roma, Schwule und andere Minderheiten ein. Bekannt ist
nicht zuletzt seine
Rede am 09-11-2000.
Schließlich forderte er von der deutschen Gesellschaft deutliche Signale
der nichtjüdischen Menschen, dass sie jüdisches Leben in diesem Land
wirklich haben wollen. Dazu gehörte für ihn ein klares Bekenntnis und
entsprechende Taten.
Für ihn gingen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus stets
alle Menschen an. Um breite Bevölkerungsschichten dafür zu sensibilisieren,
gab es seiner Meinung nach keine Patentrezepte. Information und Diskussion
standen allerdings im Mittelpunkt im
Kampf
gegen Intoleranz.
Stephan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrats, sprach von "einem
schwerwiegenden und kaum zu beschreibenden Verlust für Juden und Nicht-Juden
in Deutschland": "Wir verlieren einen bedeutenden Juden und Europäer. Paul
Spiegel war ein großer Brückenbauer. Er hat weit über alle
Konfessionsgrenzen hinaus und in allen gesellschaftlichen Gruppen Vertrauen
genossen".
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: "Paul Spiegel war eine beeindruckende
Persönlichkeit und hat sich mit großer Leidenschaft und all seiner Kraft für
eine gute Zukunft der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland eingesetzt.
Er mahnte, wo viele stumm blieben".
Otto Schily, Bundesinnenminister a.D., beschrieb Paul Spiegel als einen
"stets wachsamen Kämpfer gegen Antisemitismus, Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit, der einen herausragenden Beitrag für die Demokratie,
die Integration der neu entstandenen jüdischen Gemeinschaften in die
deutsche Gesellschaft und den interreligiösen und interkulturellen Dialog
geleistet hat".
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