ILI-Interview mit Andrea Livnat:
Dass uns Nazis und Islamisten angreifen, ist nicht schockierend
ILI Interview mit Andrea Livnat, nach dem
Crackerangriff auf haGalil, bei
dem der gesamte Inhalt zerstört wurde.
ILI: Schock?
Antwort: Nein, dass uns Nazis und Islamisten angreifen, ist nicht
schockierend. Es ist uns ja klar, dass wir viele Feinde haben.
Schockiert hat uns das Verhalten des BMFSFJ, des Bundesministeriums
für Familie, im letzten Jahr, wodurch unsere Förderung erst komplett
gestrichen und erst nach schwieriger Auseinandersetzung mit einem
halben Jahr Verzögerung ausgezahlt wurde, wobei dann aber auch ca.
zwei Drittel vom Ministerium einbehalten wurden. Bis heute wurden
dafür keine plausiblen Gründe vorgelegt, im Gegenteil: das
Ministerium verbreitete ganz bewusst Falschinformationen. Sowas ist
schockierend.
ILI: Hagalil war bisher grundsätzlich sachlich und ausgewogen.
Hat sich Deine Haltung verändert?
Antwort: Selbstverständlich nicht! Wir wollten niemals Meinungen,
auf die sich Herausgeber, Betreiber und Redaktion von haGalil
einigen konnten, zur einzigen Weisheit erklären. Und das wird sich
auch nicht ändern. Denn das wäre unserer Meinung nach nicht nur
langweilig und dürftig, sondern auch wenig sinnvoll. Wir haben uns
immer mit Leuten unterhalten, die ganz konträre Sichtweisen
vertraten. Schade nur, dass das scheinbar viel zu wenige begriffen
haben, und dass dies so mancher auch nicht akzeptieren kann.
Wenn wir von Hasbarah sprechen, also Information und Bildung zum
Thema Israel, dann müssen wir uns erst mal um Glaubwürdigkeit
bemühen, und die kann man durch Einseitigkeit nicht erreichen. Wir
müssen versuchen, möglichst viele Menschen zu erreichen, und die
können wir nur mit einem vielfältigen Angebot ansprechen. Wobei sich
die Vielfalt sowohl auf die Themen, als auch auf die Meinungen
beziehen muss. HaGalil ist eben kein Medium, um den kleinen Kreis
der ohnehin schon Überzeugten immer noch mehr zu überzeugen, oder
bei der Stange zu halten, sondern ein Medium, das eben auch jene
ansprechen möchte, die von uns garnichts wissen wollen - und das
wird auch so bleiben.
ILI: Sind je in Deutschland islamische Websites gehackt worden?
Antwort: Das weiß ich nicht, da bin ich wohl auch der falsche
Ansprechpartner. Ich weiß, dass es Initiativen von Seiten der Antifa
gibt, rechte Seiten zu hacken.
ILI: Brauchen wir eine „Task Force“ gegen künftige Hackerangriffe?
Antwort: Nein, das scheint mir kein geeignetes Mittel, um so etwas
in Zukunft zu vermeiden. Ein Hackerangriff ist ja eine technische
Sache. Aber mehr Solidarität unter den einzelnen Initiativen wäre
wünschenswert. In diesem Zusammenhang möchte ich noch betonen, dass
wir uns über die vielen Zuschriften derer , die uns Mut zusprechen
und die haGalil auch in Zukunft lesen möchten, sehr gefreut haben!
ILI: Ist das der Beginn eines elektronischen Informationskrieges?
Antwort: Der hat längst begonnen, schon vor langem. Nur leider haben
die Extremisten das Potenzial des Internets wesentlich früher
erkannt. Die Frage ist vielmehr, wie man damit umgehen sollte. Wir
setzen ja auf eine inhaltliche Gegensteuerung aus der Überzeugung
heraus, dass die Gefahren des Internets auch mit Mitteln des
Internets bekämpft werden müssen. Gegenseitige Hackerangriffe nutzen
da aber natürlich nichts, genauso wenig wie Google-Bombing.
ILI: Wie geht es jetzt weiter mit Hagalil?
Antwort: Wir spielen im Moment das Backup wieder auf, was wegen der
Datenmenge (ca. 18 Giga) noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
Das Ganze trifft uns in einem schwierigen Moment. Durch die
anhaltenden finanziellen Sorgen mussten wir auch personell
zurückschrauben. Grundsätzlich sind auch das die Probleme, die die
Zukunft von haGalil mehr bedrohen als der Hackerangriff.
ILI: Irgend ein pfiffiger Tip für andere Websites?
Antwort: Nicht mit Meinungsfreiheit und Backups geizen!
ILI: Wie beurteilst Du den Karikaturenstreit?
Antwort: Die Karikaturen an sich haben mir nicht gefallen, ich fand
sie einfach plump und dumm. Aber wenn die Reaktionen darauf bis zu
Morddrohungen wie "Tötet die Dänen!" reichen, dann geht das über
jedes Maß hinaus. Unsere Leser sollten wissen, worum es geht und
deshalb haben wir diese Karikaturen gezeigt. Gleichzeitig
veröffentlichten wir auch Zeichnungen, wie sie häufig in arabischen
Tageszeitungen erscheinen. Hier werden Juden im Vergleich zu den
umstrittenen Mohammed-Karrikaturen viel diskriminierender
dargestellt: mit spitzen Zähnen, dem obligatorischen Hut, gierigen
langen Fingern usw. – da kann ich mich auch pikiert fühlen. Aber ich
komme nicht auf die Idee, etwa Ägypter zu jagen oder auf Flaggen
rumzutrampeln. Eine gewisse Form der Streitkultur muss man auch von
der islamischen Welt verlangen.
ILI: Viel Glück und danke für das Gespräch.
Der Hackerangriff auf haGalil:
Brüchige Solidarität?
Ein effektiver Einsatz gegen den Antisemitismus,
wie ihn haGalil betreibt, ist eben nicht zum Nulltarif zu bekommen
und Solidarität mit diesem Engagement müsste auch einen materiellen
Ausdruck finden, wenn sie mehr sein soll als ein Lippenbekenntnis... |