Neonazis oder Islamisten...:
Zum Hintergrund des jüngsten antisemitischen Anschlags
in ParisVon Bernhard Schmid, Paris
Eine Tat von Neonazis? Islamisten? Die Aktion eines
Verrückten? Auf den ersten Blick herrschte zu Anfang der Woche Unklarheit
darüber, welche Hintergründe der Brandanschlag auf ein jüdisches
Sozialzentrum im 11. Pariser Bezirk habe. In der Nacht vom Samstag auf
Sonntag war kurz nach 3 Uhr früh Feuer in dem Lokal in der
rue Popincourt
gelegt worden, das teilweise ausbrannte.
Bisher hatte dort eine koschere Küche sozial bedürftigen
Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, aus dem Quartier ein kostenloses
Essen ermöglicht; in der Nachbarschaft leben noch viele sephardische Juden,
deren Vorfahren einst in Spanien und später, nach der 1492 vollendeten
Vertreibung, im Osmanischen Reich gelebt hatten. Zwei Davidsterne waren auf
der hölzernen Eingangstür zu erkennen, sie sind jetzt zerstört. Nur das
frühzeitige Eintreffen der Feuerwehr konnte verhindern, dass der Brand auch
auf die darüber liegenden Nachbarwohnungen in dem fünfstöckigen Gebäude
übergriff.
Der oder die Täter hatten an den Wänden mehrere
Hakenkreuze und mehrere Inschriften größtenteils antisemitischen Inhalts
hinterlassen. "Ohne die Juden wären wir glücklich", stand da etwa zu lesen
oder "Frankreich den Franzosen". Aber auch (mit zwei Rechtschreibfehlern in
drei Worten!) "Es lebe der Islam!" war mit dem roten Filzschreiber, den die
Täter benutzten, geschrieben worden. Insgesamt enthalten die gemalten
Slogans derart viele Rechtschreibfehler, dass die Ermittlungsbehörden
derzeit davon ausgehen, dass sie absichtlich vorgenommen wurden. Sei es, um
sich über Beobachter und Ermittler lustig zu machen, sei es, um bewusst
falsche Fährten zu legen (nach dem Motto: "Es muss sich um dumme Ausländer
gehandelt haben").
Das ist nicht neu; auch bei den jüngst aufgeklärten Taten,
etwa der Schändung des jüdischen Friedhofs von Lyon durch den gefassten
Neonazi-Sympathisanten Michael Tronchon alias "Phineas", waren grobe
Rechtschreibfehler aufgetaucht. Der Täter hatte etwa Adolf Hitler als "Hadol
Hitler" geschrieben. Der festgenommene Michael Tronchon er hatte sich der
Polizei am 14. August gestellt, nachdem er laut Medienberichten bereits auf
Videobändern identifiziert worden war und seine Enttarnung kurz bevor stand
trägt zwar Züge von Wahn, doch erscheint er durchaus intelligent ("Der
Junge kennt die Gesetzestexte sehr genau", merkte der mit dem Fall befasste
Kommissar Lagarde). Daher ist davon auszugehen, dass die Rechtschreibfehler
auch hier eher absichtlich vorgenommen wurden.
Der Rabbiner der Synagoge in der rue de la
Roquette und Georges Sarre, Bürgermeister des 11. Pariser Berzirks bei einer
Kundgebung am Tatort gestern Abend
Islamistischer Bekennerbrief oder Trittbrettfahrertum?
Nachdem am Sonntag abend auch noch ein angebliches
Bekennerschreiben einer bis dato unbekannten islamistischen Gruppe namens
Jamaat Ansar al-Djihad ("Gruppe der Parteigänger des heiligen Krieges")
auftauchte, schien die Verwirrung vollständig zu sein. Denn dass Islamisten
Hakenkreuze als ihre Symbolik benutzen, muss als extrem unwahrscheinlich
gelten.
Das Bekennerschreiben war am Sonntag um 18.39 Uhr auf
einer, in der Schweiz beherbergten, pro-islamistischen Webpage publiziert
worden. Derzeit spricht allerdings sehr viel dafür, dass es sich allenfalls
um Trittbrettfahrer handelt. Denn erstens scheinen die Autoren des, in
arabischer Sprache formulierten, Schriftstücks über kein festes Wissen vom
materiellen Tathergang verfügt zu haben während es in einem
Bekennerschreiben ja normalerweise darum gehen müsste, "Täterwissen zu
offenbaren", wie die Juristen das nennen. So ist in dem Schreiben von einem
"jüdischen Tempel" die Rede, während das Sozialzentrum bereits in den 60er
Jahren aufhörte, auch als Synagoge zu dienen. Das mag noch mit Unwissen zu
erklären sein. Aber ferner ist in dem Schreiben auch die Rede davon, "junge
Mujjahedin (Kämpfer)" hätten "um 4 Uhr das Feuer gelegt", während in
Wirklichkeit bereits um 3.30 Uhr in der Nacht zum Sonntag Brandalarm
ausgelöst wurde.
Die französische Polizei betrachtet deswegen auch den
Bekennerbrief als "suspekt", die Medien bezeichnen das vorgebliche
Tatbekenntnis als "fragwürdig" (Le Figaro vom Dienstag) oder "zweifelhaft"
(Libération vom Dienstag). Die polizeiliche Spezialeinheit zur Bekämpfung
von Computerkriminalität und Internetbetrügereien, die Befti (Brigade
d'enquête sur les fraudes aux technologies de l'information), ermittelt
jetzt bezüglich der Herkunft des vorgeblichen Bekennerschreibens. Dass eine
international agierende Terrororganisation hätte aktiv werden hätte sollen,
gilt allgemein als unwahrscheinlich. Die Ermittler schließen einen
internationalen Hintergrund aus und denken, dass ein relativ kleines
Gemeindezentrum für Terroristen auf der Suche nach "spektakulären" Taten
kein geeignetes Ziel darstelle.
Die tatsächlichen Täter ihrerseits dürften eher aus
Gründen der Provokation pseudo-islamische Slogans verwendet haben. Dass
tatsächliche Islamisten La France aux français (Frankreich den Franzosen)
ohne Rechtschreibfehler, aber den in ihren Augen heiligen Islam (französisch
genauso geschrieben, bei den Tätern jedoch "islames") mit doppeltem Fehler
schreiben sollten, darf ebenfalls als unwahrscheinlich gelten. Zumal
Islamisten in der Sache nicht unbedingt Anhänger einer
Ausländer-Raus-Politik sein dürften, von der zumindest jener Teil ihrer
eigenen Sympathisanten betroffen wäre, der nicht die französische
Staatsbürgerschaft hat.
Dass es sich um ein Tatbekenntnis der tatsächlichen
Urheber des Brandanschlags handele, muss aus den genannten Gründen als
höchst unwahrscheinlich gelten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass dieses
Schreiben mutmaßlich von arabischsprachigen Menschen, möglicherweise
Islamisten oder Sympathisanten, "auf eigene Faust" verfasst worden ist,
nachdem sie von der Pariser Tat (möglicherweise diffuse) Kenntnis hatten.
Denn dass die Rechtsextremen, die wohl als Täter hauptsächlich in Frage
kommen, in einem solchen Fall selbst das in Arabisch verfasste
Bekennerschreiben (etwa zur Ablenkung) aufgesetzt hätten, darf wiederum als
quasi ausgeschlossen gelten. So intelligent und sprachkundig sind Neonazis,
sofern diese Hypothese von der Täterschaft zutrifft, in aller Regel nicht.
Irgendwo in der Spannbreite zwischen "sehr schlechtem Scherz" und "Ausnützen
der Situation, um den Religionskrieg zu propagieren" dürften die Motive der
Trittbrettfahrer zu suchen sein.
Eine Tat von Rechtsextremen?
Laut Pressemitteilungen gehen die Ermittlungsbehörden
davon aus, dass die höchste Wahrscheinlichkeit bei einem von Rechtsextremen
begangenen Anschlag liege, "aber auch die Tat eines Geistesgestörten nicht
ausgeschlossen werden könne". Die These vom Verrückten scheint allerdings
auch keine befriedigende Erklärung anzubieten - denn die zahlreichen
Slogans, die in dem angebrannten Gebäude aufgefunden wurden, sprechen dafür,
dass der oder die Täter sehr genau wusste(n), was er oder sie tat(en). Dass
Ideologie und Wahn dabei nahe beieinander liegen können, ist eine alt
bekannte Tatsache. Auch Michael Tronchon alias "Phinéas" wies einige
mentalen "Störungen" auf, die sich aus seiner individuellen Laufbahn heraus
erklären: Seine Mutter beging Selbstmord durch Verbrennen, als er 13 Jahre
alt war, und Michael Tronchon wuchs in Heimen für Schwererziehbare auf.
Dennoch hatte er (obwohl anscheinend nicht Mitglied einer bestimmten
Organisation, obwohl er in Lyon bei einer bisher unbekannten "RAA,
Résistance anti-arabe" mitgewirkt haben will) sich mit einer ganz bestimmten
Ideologie vollgesogen, so wurden in seiner Wohnung historische Dokumente zum
Nazismus und Faschismus gefunden. Und was er tat, war im Sinne dieser
Ideologie durchaus konsequent.
Dafür, dass militante Antisemiten aus dem rechtsextremen
Bereich am Werk waren, spricht auch ansonsten die politische Logik. Handelte
es sich doch in dem Falle nur um ein weiteres Glied in einer Kette von
Gewalttaten, die seit Ende April nicht abreißt. Am Vorabend des diesjährigen
1. Mai waren 127 Gräber auf dem Friedhof im elsässischen Herrlisheim
geschändet und dabei vorwiegend mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert
worden; in diesem Fall gingen die Täter recht professionell vor und
zeichneten ihre Symbole anscheinend zum Teil mit Schablonen. Dagegen
demonstrierten am 16. Mai in Paris insgesamt fast 20.000 Menschen, von der
staatstragenden Antirassismusgruppe "SOS Racisme" bis zu Teilen der
radikalen Linken. Dabei handelte es sich jedoch nur um den Auftakt einer
Serie von Schändungen sowohl jüdischer als auch moslemischer Gräber, die
vorwiegend in Ostfrankreich stattfanden.
Allein in der Region Elsass wurden seitdem über 300 Gräber
geschändet, die Hälfte der landesweiten konstatierten Taten. Zuletzt wurden
am 28. Juli der jüdische Friedhof in Saverne und am 6. August die Gräber von
40 moslemischen Weltkriegssoldaten in Cronenbourg, einem Stadtteil von
Strasbourg, mit Hakenkreuzen beschmiert. (Nähere Informationen zur
Neonazi-Gewaltwelle seit April 2004).
Organisierte Neonazis oder Einzeltäter ?
Sicherlich sind nicht alle Täter in festgefügten Gruppen
oder "Bewegungen" organisiert. Feste Organisationsstrukturen im Bereich der
militanten "Stiefelnazis" sind sogar in Frankreich weit weniger vorhanden
als etwa zur Zeit in Deutschland, wo die NPD und die "Freien
Kameradschaften" bis weit in das offen gewalttätige Spektrum hinein
Aktivisten rekrutieren.
In Frankreich hatten bis vor kurzem die rechtsextremen
Großorganisationen FN (Front National) und MNR (Mouvement national
républicain) eine weitgehende Vorherrschaft über das gesamte rechtsextreme
Lager, von eher bürgerlich-rechtskonservativen Kreisen bis in gewalttätige
Milieus hinein, inne. Dabei stärkten sie zwar einerseits die in diesem
gesamten Spektrum vorhandenen Ideologien, andererseits aber kontrollierten
sie es auch und verhinderten jedenfalls offen "kontraproduktive" Taten. Das
verhinderte nicht, dass es immer wieder "durchgebrannte" Attentäter aus
ihren Reihen gab.
Jenseits von FN und MNR gab es bis 2002 eine eher
"stiefelfaschistische" Organisation namens Unité Radicale (UR), die verboten
wurde, nachdem ihr "durchgeknalltes" Mitglied Maxime Brunerie am
Nationalfeiertrag (dem 14. Juli 2002) auf eigene Faust und allein ein
Attentat auf Staatspräsident Jacques Chirac zu begehen versucht hatte. UR
hat heute eine Nachfolgeorganisation namens "Bloc identitaire", die in
diesem Jahr dadurch auf sich aufmerksam machte, dass sie in den ersten
Jahresmonaten 2004 im 10. Pariser Bezirk eine sozialdemagogische Aktion
veranstaltete: Ähnlich wie der Front National für einige Monate im Jahr
1996, veranstaltete jetzt der "Bloc identitaire" einmal pro Woche einen
Suppenausschank für Obdachlose in Bahnhofsnähe. Der Bloc identitaire hatte
das Konzept dahingehend abgeändert, dass in seiner Suppenküche bewusst
ausschließlich Schweinefleisch und Rotwein auf dem "Menü" standen, um
absichtlich mit moslemischen ebenso wie mit jüdischen Speisevorschriften
unvereinbar zu sein.
Dass die Strukturen des (nur wenig mehr als 100 Mitglieder
umfassenden) Bloc identitaire als solche landesweit die derzeitige
Anschlagswelle organisiert hätten, ist jedoch höchst unwahrscheinlich. Dafür
wäre die Organisation, nach dem Verbot von 2002 und während ihrer
Wiederaufbauphase, auch viel zu angreifbar. Der profilierte
antifaschistische Journalist René Monzat (der in "L'Humanité" vom 24. August
zu Wort kommt) geht jedenfalls eher von Kleingruppen von 3 bis 4 Personen
als Täterstrukturen, denn von einer Organisierung durch eine landesweit
vernetzte Neonazi-Organisation aus. M.E. zu Recht geht er davon aus, dass
das Gesamtphänomen der sich seit dem Frühjahr häufenden rassistischen und
antisemitischen Taten "eher das Spiegelbild einer gesellschaftlichen
Stimmungslage denn das Spiegelbild des Handelns einer konkreten
Organisation" sei.
Nachahmungstäter ?
Höchstwahrscheinlich sind nach der ersten, sehr
"professionell" vorbereiteten Schändung von Herrlisheim in anderen Fällen -
neben rechtsextremen Aktivisten - auch Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer
aktiv geworden. Etwa jugendliche Satanisten, die sich in Einzelfällen auch
an katholischen Gräbern vergriffen. So wurde im elsässischen Niederhaslach
ein "unter 15jähriger Minderjähriger" (so Le Nouvel Observateur vom 19.
August) festgenommen, nachdem er seitenverkehrte Hakenkreuzsymbole auf
christliche Gräber gepinselt hatte. Ein klassischer Fall von Nachahmungstat,
wie Jugendliche sie für dämliche "Mutproben" u.ä. einsetzen können.
Auch bei prominent gewordenen "Fällen" spielt der
Nachahmungseffekt, der auf spektakulär wirkenden Medienberichten basierte,
eine wichtige Rolle. So erklärte die Ende Juli zu einer Bewährungsstrafe und
zu obligatorischer psychologischer Behandlung verurteilte Marie L. (die am
9. Juli eine, in Wirklichkeit nicht existierende, "antisemitisch motivierte
Aggression" gegen sie und ihr Baby in einem Pariser Vorortzug erfunden
hatte), sie habe in Wahrheit nur "die Aufmerksamkeit ihrer Umgebung erregen
wollen". Auf die Idee mit der behaupteten Aggression durch Jugendliche, die
sie fälschlicherweise für eine Jüdin gehalten hätten, sei sie aufgrund eines
Fernsehberichts über die Schändung eines jüdischen Friedhofs im Elsass
gekommen. Dieser habe ihren Freund, dessen Mitgefühl sie erregen wollte,
besonders (negativ) beeindruckt. Auch Michael Tronchon alias "Phinéas" gab
an, den jüdischen Friedhof von Lyon, auf dem er am 9. August insgesamt 60
Gräber schändete, infolge der "Medienwirkung" als Anschlagsziel gewählt zu
haben. Dies, nachdem seine erste Aggression, der Angriff mit einem Beil auf
einen behinderten Algerier am 5. August, nicht genügend "Aufmerksamkeit in
den Medien" erfahren habe. Insofern spielt der über das Fernsehen
vermittelte Beeindruckungs- und Nachahmeeffekt sicherlich insgesamt eine
wichtige Rolle.
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Spontane Kundgebung am 12.
Juli 2004, zwei Tage nach Bekanntwerden der vermeintlichen,
antisemitisch motivierten Gewalttat gegen Marie L. in einem Pariser
Vorortzug (Anm.: die Darstellung erweist sich erst zwei Tage später als
erfunden)
Links: "Juden und Araber gemeinsam für Gerechtigkeit"
Rechts: "Fuck alle (Formen von) Rassisten" |
Er kann jedoch nur greifen, wenn eine gesellschaftliche
Situation vorhanden ist, in der eine "Anfälligkeit" für entsprechende
rassistische und antisemitische Ideologien bereits vorhanden ist.
Rassistische "Strategie der Spannung"?
Nicht hinter allen Taten steht also eine wirkungsmächtige
Organisation. Dennoch steht am Ausgang der aktuellen Welle von Straftaten
gegen jüdische und moslemische Einrichtungen wohl ein politischer Wille zur
"rassischen" Polarisierung.
Pierre Lévy, der Präsident des regionalen jüdischen
Zentralrats im Elsass, vermutet die Absicht, die beiden minoritären
Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufzuhetzen, da beide von den jüngsten
Taten betroffen seien. Tatsächlich ist die Koexistenz zwischen dem
arabischstämmigen und dem jüdischen Bevölkerungsteil zumindest in den
großstädtischen Zentren angespannt. Denn seit dem Jahr 2000 wurde auch eine
bedeutende Anzahl von Straftaten gegen jüdische Einrichtungen oder Personen
auch durch Jugendliche migrantischer Herkunft begangen. Diese handelten (in
einem Kontext aus kaum vorhandenem politischen Bewusstsein, hoher Anonymität
in den Trabantenstädten und aus Tendenzen zur Segregation verschiedener
Gruppen), aus vermeintlicher "Solidarität mit den Palästinensern", denen
damit freilich in keiner Weise geholfen ist. Mit deren Situation
identifizieren sich die Nachfahren der einstmals von Europäern
Kolonialisierten und heute noch in Frankreich Diskriminierten - wobei eine
Minderheit von ihnen dabei jegliches Unterscheidungsvermögen zwischen
israelischer Politik, Judentum "an sich" und den in Frankreich lebenden
jüdischen Gläubigen vermissen lässt und ihrerseits teilweise einem
aggressiven Alltagschauvinismus verfällt. Die verzeichneten Taten wurden
allerdings nicht durch organisierte politische Bewegungen verübt, sondern
von spontan sich formenden Jugendgruppen oder banden.
Ein (weiteres) Spiegelbild der Situation ist, dass die
mutmaßlichen islamistischen Trittbrettfahrer in ihrem "Bekennerschreiben"
vom Sonntag abend u.a. die französischen Juden beschuldigt, diese hätten
moslemische Friedhöfe geschändet (sic!). Und anlässlich der
Solidaritätskundgebung vor dem zerstörten jüdischen Sozialzentrum, die am
Dienstagabend in der rue Popincourt stattfand, wollten einige Personen aus
der jüdischen Gemeinde nichts von Nazis und Faschisten hören: "Das waren
bestimmt Moslems!" war von manchen Anwesenden zu hören.
Es möge verhindert werden, dass es den Attentätern (wer
auch immer sie sein mögen) gelingen könne, zu einer noch stärkeren Spannung
zwischen, als homogene Blöcke verstandenen, "Bevölkerungsgruppen" zu kommen.
Der Kampf gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Diskriminierungen und
andere Formen von Ungeist sollte zum gemeinsamen Interesse aller
vernünftigen Menschen gehören. An ihrem Handeln sollen sie gemessen werden.
Stand: 25. August vormittags
Fotos: © Bernard Schmid
Ziel des jüngsten Brandanschlages in Paris:
Die ehemalige Synagoge in der rue Popincourt
hagalil.com
25-08-2004 |