Naziterroristen in München festgenommen
Max Brym
Was und wer inspirierte die Naziterroristen?
Seit Dienstag den 9.September 2003 sitzen neun Neonazis
in U-Haft. Darunter der bekannte 27-jährige Nazi Martin Wiese. Bei dem
“Führer“ der “Kameradschaft Süd“ Martin Wiese und seinen Kameraden wurden
1,9 Kilo Sprengstoff gefunden, darunter 1,7 Kilo hochexplosives TNT. Zur
Erinnerung: Mit 1,3 Kilo TNT wurden 1980 durch einen Nazi 13
Oktoberfestbesucher getötet. Der damalige Nazi-Anschlag hätte leicht
mehr Menschenleben kosten können. Im Rahmen der polizeilichen Aktion gegen
die “Kameradschaft Süd“ wurden zudem Pistolen und Handgranaten gefunden.
Die Ermittlungen ergeben klar, dass am 9. November 03,
anlässlich der Grundsteinlegung für das
neue jüdische
Gemeindezentrum, ein Bombenanschlag verübt werden sollte. Dies hätte
hunderte von Menschenleben kosten können. Die Nazis wollten ein mörderisches
Fanal am Jahrestag der “Reichskristallnacht“
setzen. Die Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte
Knobloch, zeigte sich tief geschockt, sie sagte: “Der geplante Anschlag galt
nicht nur einer Baugrube in München, sondern er richtete sich gegen
Menschen“. Breit bekunden Politiker ihre Solidarität mit der jüdischen
Gemeinde. Die Untersuchung liegt jetzt in der Hand von Generalbundesanwalt
Kay Nehm. Gegenwärtig gehen die Behörden von mehreren geplanten Anschlägen
in ganz Deutschland aus.
Was Martin Wiese inspirierte
In der Presse wird die Bande um Martin Wiese
entschieden verurteilt. Dennoch ist die Berichterstattung oberflächlich und
ohne konkrete Analyse. Martin Wiese wird meist als durchgeknallter,
isolierter Nazi dargestellt.
Dies ist offensichtlicher Unsinn, die “Rechtsterroristen“, so nannte sie der
bayerische Innenminister Beckstein, spekulieren auf ein bestimmtes
gesellschaftliches Klima, worin sie sich bewegen wollen “wie die Fische im
Wasser“. Bekanntlich marschierten im August 2003 rund 2.400 Nazis durch das
fränkische Wunsiedel, um dem verurteilten Kriegsverbrecher Heß zu gedenken.
Der Aufmarsch war genehmigt und der Widerstand gegen die Nazis gering. Auf
der Kundgebung in Wunsiedel sprach auch Martin Wiese. Gegen die Ausstellung
“Verbrechen der Wehrmacht“ meldete Wiese in München mehrere Demonstrationen
zusammen mit seinen Gesinnungsgenossen, Christian Worch und Steffen Hupka,
an. Die
Naziaufmärsche wurden genehmigt und einige beherzte Antifaschisten
müssen sich am 22. September in München vor Gericht verantworten, weil sie
sich den Nazis in den Weg stellten.
Dem Herrn Wiese ist trotz seines möglicherweise beschränkten Intellekts
bekannt: „Dass jeder fünfte Deutsche, nach den aktuellen Umfragen, nicht
neben einem Juden wohnen möchte“. Die Nazis verfolgen wie zunehmend latenter
und offener Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft salonfähig wird. Es
genügt hier die Namen Walser und Möllemann zu nennen. Jeder Mord beginnt mit
Worten, dies wir in der Naziszene begriffen und der Versuch gestartet, den
Worten Taten folgen zu lassen. Ihre gesellschaftliche Akzeptanz steigt sogar
in scheinbar “linken“ Kreisen. In München schaffte es die örtliche attac
Gruppe nicht, den Herrn Wiese mit seiner Kameradschaft anlässlich einer
Kundgebung vor der Universität abzuservieren. Kurz darauf konnte Wiese als
Diskutant, an einer Veranstaltung in der Münchner Universität teilnehmen.
Veranstalter war das “linke“ “Forum Gegenargumente“. Dieser Verein nahm
gegen Leute Stellung, die Wiese kein Rederecht geben wollten. Schöne Dinge
waren von den “Gegenargumentlern“ zu hören, wie “wir sind plural und haben
keine Angst vor Diskussionen“. In Wirklichkeit fördern solche Argumente nur
die Akzeptanz nazistischer Mörder und bringt sie zusätzlich auf den
Gedanken, loszuschlagen. Es wurde nicht erkannt: Wer den Mörder verschont,
wird mit Leichen belohnt.
Das kungeln mit potentiellen Mördern kann auch auf der Ebene der
gleichberechtigten Debatte ablaufen. Der Gedanke, Bomben zu bauen und
Menschen zu töten, wird den Nazis geradezu aufgedrängt. Sie fühlen sich
nicht isoliert und verfügen über ein entwickeltes Netzwerk. Auch im Münchner
Rathaus fühlen sich die nazistischen Mörder durch den Republikaner-Stadtrat
Johann Weinfurtner ideologisch repräsentiert.
Weinfurtner und der Verein “Demokratie direkt“.
Johann Weinfurtner nahm im Stadtrat mehrmals gegen das
Jüdische Kulturzentrum am Jakobsplatz Stellung. Er hätte
“Sicherheitsbedenken gegen ein solches Zentrum mitten in der Stadt“.
Es ist anzunehmen, dass solche Argumente die Nazimörder inspirierten, um
mittels Bomben jüdisches Leben in München zu verhindern. Daneben gibt es den
braunen Verein “Demokratie direkt“. Dieser Organisation gehört Herr
Weinfurtner maßgebend an. “Demokratie direkt“ vereinigt Republikaner, Ex-
oder noch NPD-ler, “freie Nationalisten“ und Leute aus der
“Deutschlandbewegung“ des Herrn Mechtersheimer. An den öffentlichen
Auftritten von “Demokratie direkt“ nahmen auch “Kameradschaftler“ aus dem
Kreis um Martin Wiese teil. An den regelmäßigen Treffen der Organisation in
München Giesing waren ebenfalls Leute der “Kameradschaft Süd“ zugegen. Im
Rathaus, im Republikaner Büro, wird für die Zeitung des Vereins “Demokratie
direkt“ gearbeitet. In dieser Zeitung werden regelmäßig Steckbriefe von
bekannten linken Personen veröffentlicht. Die Totschläger und Mörder aus dem
braunen Sumpf werden das auszuwerten wissen. Genauso wie die Agitation von
Weinfurtner gegen das jüdische Kulturzentrum am Jakobsplatz.
Die offiziellen Vertreter der Stadt müssen jetzt ihren schönen Worten Taten
folgen lassen. Herr Weinfurtner gehört aus dem Stadtrat entfernt. Dazu gibt
es rechtliche Möglichkeiten. In den siebziger Jahren wurde dem KBW Stadtrat
Jochen Noth (Kommunistischer Bund Westdeutschland) in Heidelberg, mit einem
billigen Vorwand, sein Mandat entzogen. Nach den Festnahmen von Wiese und
Konsorten muss Herr Weinfurtner aus dem Stadtrat geworfen werden.
Der Rauswurf der Burschenschaft
Danubia
aus dem Gebäude in der
Möhlstraße muß beschleunigt werden. Dorthin flüchtete sich ein
Nazischläger im Januar 2001, nach einem mörderischen Angriff auf einen
Griechen im Münchner Schlachthofviertel. Die Nazis kamen damals von der
Geburtstagsfeier Martin Wieses. Das Gebäude in der Möhlstraße gehörte einst
der jüdischen Familie Kaufmann, die von den Nazis enteignet wurden. Das
Gebäude ist bis jetzt im Besitz der rechten Burschenschaft Danubia. Das
Gebäude soll laut Stadtratsbeschluß einer jüdischen Einrichtung übergeben
werden. Es wird Zeit, dass die ideologischen Stichwortgeber Martin Wieses
von dort verschwinden.
hagalil.com
14-09-2003 |