"Unablässige Wachsamkeit
und gemeinsame Anstrengungen aller Deutschen sind vonnöten, damit sich
der Schrecken des Holocaust nicht wiederholt!".
Den
mörderischen Hass eindämmen:
Wir alle sind verantwortlich!
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Hans J. Massaquoi
Seit ich die
voranstehenden Beobachtungen im Jahre 1966
machte, haben sich die Zeiten leider wieder verändert. Der alarmierende
Anstieg neonazistischer Aktivitäten in Deutschland hat meinen damaligen
Optimismus zunichte gemacht.
Natürlich wäre es übertrieben,
von einem Rassismus der Hitlerzeit zu sprechen, doch die traurige
Tatsache bleibt, dass der Nazismus in Deutschland noch lange nicht der
Vergangenheit angehört, wie ich bei meinem ersten Besuch gehofft hatte.
Eine Begegnung mit zirka hundert in Deutschland geborenen jungen
Schwarzen aus einem breiten Spektrum sozialer Schichten und mit
entsprechend unterschiedlichem Ausbildungsniveau hat mich noch kürzlich
davon überzeugt, dass viel zu tun bleibt – sowohl auf Seiten der
Regierung als auch im Privatbereich –, bis Deutsche afrikanischer
Abstammung und andere rassische Minderheiten absolut gleichberechtigt in
die deutsche Gesellschaft integriert sind. Unablässige Wachsamkeit und
gemeinsame Anstrengungen aller Deutschen sind vonnöten, damit sich der
Schrecken des Holocaust nicht wiederholt.
Ich hoffe, dass meine Geschichte
eine Lehre vermittelt, die ich selbst aus der kurzen, aber bedeutsamen
historischen Phase gezogen habe, zu deren unmittelbaren Zeugen mich das
Schicksal ausersehen hat: Wenn das entsetzliche Geschehen in Deutschland
möglich war – dem Land Goethes und Schillers und solcher Musikgenies wie
Beethoven, Bach und Brahms –, dann ist es überall möglich.
In einem ansonsten anständigen
Menschen:
Rassismus ist wie ein
schlummerndes Virus
Rassismus, so meine Erfahrung,
ist wie ein schlummerndes Virus in einem ansonsten anständigen Menschen,
das durch politische Agitation und Demagogie virulent wird. Die
Deutschen haben auf diese Krankheit kein Monopol.
Für eine Neuauflage des Terrorismus und der brutalen Pogrome im
Namen rassistischer, religiöser oder ethnischer Säuberung oder im Namen
des Herrschaftsanspruches eines Volkes sorgten die Afrikaans in
Südafrika, die Protestanten und Katholiken in Nordirland, die Tutsi in
Ruanda und die Serben im Kosovo, um nur einige Beispiele zu nennen.
Der Massenmord an unschuldigen Menschen ist die schrecklich
Weiterführung milderer Formen von Intoleranz. Häufig bedarf es für die
erfolgreiche Verbreitung des Rassismus nur der stillschweigenden Duldung
durch die Bevölkerung. Im Falle von Nazideutschland verschlossen
zunächst die Deutschen und dann die gesamte Welt Augen und Ohren vor den
ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen, bis es zu spät war. Dieses
traurige Kapitel deutscher Geschichte zeigt, dass man sich Intoleranz
und Rassismus nicht früh genug widersetzen kann, ganz gleich, wann, wo
und in welcher Form sie ihr hässliches Gesicht zeigen.
Die hohe Ansteckungsgefahr des Rassismus macht es für alle Menschen – in
Europa, Afrika, Asien oder sonst wo auf der Welt – zur Pflicht, sich
gegen jede noch so kleinen rassistischen Gedanken oder Taten
aufzulehnen. Geschieht dies nicht, ist die zwangsläufige Folge eine
haltlose Ausbreitung des Virus und über kurz oder lang ein weiterer
Holocaust. Der nächste Holocaust könnte Hitlers Leichenberge noch in den
Schatten stellen, da der technologische Fortschritt auf dem Gebiet der
Massenvernichtung selbst die Gaskammern überflüssig gemacht hat.
Diejenigen unter uns, die miterlebt haben, in was für einem
menschenverachteten Sumpf ein Land unter der Diktatur einer Handvoll
demagogischer Barbaren versinken kann, sind es ihren Mitmenschen
schuldig, jenes unselige Gespenst im öffentlichen Denken lebendig zu
erhalten.
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1966 - Ein optimistisches Bild:
Ich sah ein Land
auf dem Weg zur Menschheit Hans
J. Massaquoi:
Neger, Neger, Schornsteinfeger!
haGalil 12-01-2000
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