2.2.1. Konformistisch Rebellierende
Selbst noch das scheinbare Aufbegehren gegen die Autorität ist bei den
herrschaftlich Subjektivierten keines, da bei ihnen die Grundbedingung der
Auflehnung fehlt. Ein wirkliches Aufbegehren setzt eine Charakterstruktur
voraus, deren Ich gestärkt ist.
Erich Fromm nennt diese trotzige Pseudo-Auflehnung sadomasochistischer
Charaktere Rebellion, da in ihr zwar der Hass auf die Autorität zum Ausbruch
kommt, die an sie gerichtete Liebe aber verdrängt wird. Solche Personen
rennen geradezu blind gegen jegliche Form der Autorität an, unabhängig davon
ob sie dabei selber Schaden erleiden. Sobald sie jedoch die Möglichkeit der
Einordnung oder Machtpartizipation erhalten, also einen Anschein von
Aufwertung ihres beschädigten Ichs, lassen sie von ihrer rebellischen
Attitüde ab.
Einen zweiten Typus des autoritären Rebellen unterscheidet Fromm noch in dem
zur Macht Gekommenen, der nur eine alte Form der Autorität durch eine neuere
ersetzt: "Die neue Autorität bedient sich der Empörung gegen die alte und
fördert die Illusion, als sei der Kampf gegen die Unterdrückung durch die
alte Autorität ein Kampf gegen Unterdrückung überhaupt gewesen (...) Indem
aber die fundamentale psychische Struktur nicht verändert wird, erweist sich
die Revolte als vorübergehender Ausbruch von Trotz und Auflehnung."
Wahrscheinlich dürfte ein antisemitischer Demagoge vom Schlage eines Horst
Mahler oder der verstorbene Neonazi Michael Kühnen einem solchen Typus
entsprechen, um nur prominente Beispiele zu nennen. Die Voraussetzungen für
die autoritaristische Rebellion liegen in der realen oder vermeintlichen
Schwäche einer äußeren Autorität, wie eines gegebenen Staatssystems oder
auch der als schwach erfahrenen Eltern. Lars Rensmann meint hierin auch den
Grund für die vielen Denunziationen, die Väter im Nationalsozialismus
seitens ihrer Kinder und Frauen erfuhren verorten zu können.
Vor allem im Zusammenhang mit rechtsextremen oder nationalsozialistischen
Gruppierungen findet ein solcher Charakter ihre politische Heimat, immer in
dem Bestreben "pseudorevolutionär gegen jene vorzugehen, die in seinen Augen
schwach sind."
Die von Adorno beschriebenen Symptome der autoritären Rebellen, wie der
"Hang zu »geduldeten Exzessen«", "offener Homosexualität", wie sie nicht nur
oben genannter Michael Kühnen, sondern auch ein Ernst Röhm, gezeigt hat und
die "Bereitschaft zu Gewalttaten"
zeigen sich bei so mancher nationalsozialistischen oder
neonationalsozialistischen Führerfigur.
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