hagalil.com
Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

Newsletter abonnieren
Koscher leben...
 
 

Über Samson Rafael Hirschs "Chorew":
Ein Versuch über Jisraels Pflichten

Nach Dr. Josef Breuer

Samson Rafael Hirsch hat den "Chorew" nicht geschrieben, als Begründung für die Gebote. Er selbst schreibt dazu: "Nicht eine einzige Zeile ist diesen Versuchen gewidmet, eine Verteidigung der göttlichen Gebote zu versuchen". Schon der Gedanke an einen solchen Versuch scheint ihm wie eine Verneinung der Göttlichkeit der Gebote.

Es ist vielmehr der Geist des "n'aseh venischm'a", der aus dem Chorew spricht. Wir wollen es tun (n'aseh) und erst danach werden wir hören (nischm'a) und darüber nachforschen.

Rabbiner Dr. Josef Breuer fragt denn auch ganz zurecht, was der Chorew nun aber jenen vielen zu geben vermag, die von solcher Emunah (Glauben) eben nicht erfüllt sind. Den Fernen oder Entfremdeten, die den Weg zum Sinaj (Chorew) nicht finden oder in seinen Anfängen stehengeblieben sind, weil er nur für die geschrieben ist, die den (vielleicht von ihnen geneideten) Vorzug besitzen und so glücklich sind, dem Torawort des Judentums in seiner mündlichen und schriftlichen Überlieferung ein kindliches Vertrauen, d.h. Emunah entgegenbringen zu können?

Breuer meint, es könne "kein grösserer Irrtum als der" sein, und erklärt: >>Diesem Irrtum waren bereits die "19 Briefe" in ihrem zweiten Brief entgegengetreten, da sie dem mit dem Judentum und seiner Zugehörigkeit zum jüdischen Volk hadernden, weil vom Judentum nicht erfüllten Freund bedeuten und ihm zur Pflicht machen: Judentum und jüdische Volksbestimmung erst kennenzulernen aus der einzigen Quelle, aus der diese Erkenntnis gewonnen werden kann, aus Tora — und von ihm fordern:

..."Als Juden wollen wir sie lesen, d.h. als ein Buch, uns von Gott gereicht, daraus uns selber zu erkennen, was wir in unserem irdischen Hiersein sind und sollen. Als Tora, als Unterweisung und Zurechtweisung für uns in Gottes Welt und Menschheit, als eine Erzeugerin des Lebens in unserem Innern. — Wir wollen ja Judentum erkennen, müssen uns darum ins Judentum versetzen und uns fragen: Was werden Menschen sein, die den Inhalt dieses Buches als ihnen von Gott geoffenbarten Lebensboden, als Lebensregel erkennen?
— Nur erst wenn Sie also das Judentum aus sich erkannt, es erkannt haben, wie es sich selber gibt, und es dann in sich unhaltbar und verwerflich gefunden, — dann mögen Sie, wenn Sie wollen, den Stein darauf werfen
"...

Einer solchen Darstellung des Judentums möchte der Chorew dienen, wenn er die "denkenden Söhne und Töchter Jisraels" vor den Sinai stellt, um ihnen das Leben aufzubauen, das von diesem Sinaiwillen das Gepräge erhält, damit vom Chorew ihr Weg zu Morijah führe. Deshalb ist kein Abschnitt im Chorew mit solch werbender Kraft und so heiß geschrieben als die Kapitel, die das "Torastudium" dem Juden zur ernsten und heiligsten Pflicht machen.

In dieser, nennen wir es erzieherischen Methode, gingen ihm die Propheten und die von Gottesgeist gehobenen Männer führend voran. Prophetengeist weht über jeder Zeile des Chorew, und die davidische Leier erfüllt ihn mit ihren Harmonien.

Gleich den Propheten vernahm auch er in sturmbewegter Zeit den göttlichen Aufruf (Jeschaja 57,14), hinwegzuräumen Schutt und Geröll, das den denkenden Söhnen und Töchtern seines Volkes den Höhenweg zum Sinai erschwert.

Will ihnen Führer und Lehrer sein gleich dem Propheten, der von sich sagt (Jeschaja 50,4): "Gott gab mir eine Sprache für Schüler, zur rechten Zeit an den Müden das Wort zu richten." Zur Besinnung und Nachdenklichkeit ruft jedes seiner Worte auf, und sie wollen den Riss heilen, der Kinder von Vätern, Väter von Kindern unselig und verhängnisvoll trennt.

Gleich den Propheten sieht der Chorew das Leben, das unheilige, gottentfremdete. Wie zu den Propheten, so flüchtet zum Chorew, dass er euch helfe, wenn es euch zu schwer wird, wenn die Klarheit und Besinnung euch zu schwinden drohen! Gesundung und Kraft winkt euch von dort!

Gleich den Propheten hat er mit seinem Chorew die Lüge und Täuschung zerrissen, mit der die Unkenntnis und Trägheit, Erbärmlichkeit und Schwäche so viele dem köstlichen Lebensgut entfremden, es ihnen bis zur Unkenntlichkeit verfälschen.

Natur und Geschichte drohen euch in Nacht und Nebel zu versinken und sprechen nicht mehr als Gotteswerk zu euch, — der Chorew will euch den Blick von allen Trübungen befreien, den Schleier hinwegheben, der euch den freien Aufblick, den Fernblick raubt. Mit dem Chorew sollt ihr, wie mit den Propheten, eure "Irrtümer" berichtigen und über alles grauenhaft Rätselhafte hinaus zu jener prophetischen Klarheit euch emporringen, die euch die Kraft verleiht, das Siegeslied eures Lebens anzustimmen. —

An "Jisraels denkende Jünglinge und Jungfrauen" richtet er vor allem sein Wort — die eine jüdische Mutter geboren, die mit ihrer Geburt die Bestimmung erhalten haben, Jude zu sein, die aber erst Juden werden müssten, ihm zu bewussten, stolzen, starken Juden heranreifen sollen. Denn er bringt der jüdischen Jugend Vertrauen entgegen und lässt sich das Vertrauen zu ihr nicht rauben — und ist sich durchaus bewusst, dass der Weg zum Sinai sich dem denkenden Juden nicht mit mathematischer Notwendigkeit erschließt. Denn dann wäre Judesein keine sittliche Aufgabe. Alle Sittlichkeit rechnet mit der Möglichkeit des Andersseins, — damit hat Gott gerechnet, seitdem er Menschen in Seine Schöpfung hineingestellt hat.<<

hagalil.com 10-09-2004



Fragen an die Rebbezin...
Jüdische Weisheit
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014... © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved
ehem. IDPS, Kirjath haJowel