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Koscher leben...
 
 

 

Das jüdische Volk und sein Gesetz:
Der religiöse Inhalt des Gesetzes
Sinn und Zweck aller Geschichte

Von Erich Fromm


 

Dieser Glaube an den Messias ist ein Glaube an einen Zustand, in dem alle Menschen Gott als Einheit und Wirklichkeit erkennen; er verpflichtet das jüdische Volk, auf dieses Ziel als den Sinn und Zweck aller Geschichte hinzuarbeiten.

Fragt man, was der metaphysische Sinn, also der religiöse Inhalt des jüdischen Volkes sei, so findet man eine ganze Anzahl von Formulierungen, die in der Sache immer ein gleiches, einfaches Großes ausdrücken: Den Gedanken der metaphysischen Realität der Wirklichkeit und Einheit Gottes im Gegensatz zur Unwirklichkeit des nur physisch Seienden, wie er sich im Glauben an den Messias ausdrückt.

Gott offenbart sich Moses als der Gott seiner "Väter, Abrahams, Isaaks und Jakobs" (Ex 3,6). Erst als Moses ihn auf die Unfähigkeit des Volkes hinweist, einem namenlosen Gott zu glauben, offenbart er seinen Namen mit: "Ich bin der ich bin" (Ex 3,14), der Seiende. Am Sinai offenbart sich Gott dem Volk mit: "Ich bin der Ewige, dein Gott, der ich dich herausgeführt habe aus dem Lande Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft" (Ex 20,2). Endlich sei noch eine dritte Formulierung aus dem Pentateuch erwähnt: »Höre Israel, der Ewige unser Gott, der Ewige ist einzig." (Dtn 6,4) Dieser Satz ist das Bekenntnis, mit dem der Jude stirbt. Er ist der stärkste und tiefste Ausdruck biblischer Religiosität, und doch ist er alles andere als ein Dogma, das den Glauben einer ganz bestimmten Aussage über Gott fordert.

Bei den Propheten treten zu den Sätzen, die den Glauben an Gott als den wahrhaft Seienden ausdrücken, noch solche hinzu, die den Glauben an den Messias - an die Gotteserfülltheit aller Menschen - ausdrücken. So sagt Hosea: "Dann werden zurückkehren die Kinder Israels und sie werden suchen den Ewigen, ihren Gott und damit ihren König, und sich hinängstigen zum Ewigen und seiner Güte am Ende der Tage." (Hos 3,5)

Amos sagt: "An jenem Tage werde ich aufrichten die Hütte Davids, die zerfallene, und ihre Risse vermauern und ihre Trümmer aufrichten und sie wieder bauen, wie in den Tagen der Vorzeit... Dann sollen Tage kommen - Spruch des Ewigen -, da holt der Pflüger den Schnitter ein und der Traubenkelterer den Sämann, da werden die Berge von Most triefen und alle Hügel zerfließen; dann bringe ich zurück die Gefangenen meines Volkes Israel, und sie werden verwüstete Städte wieder aufbauen und bewohnen, Weinberge aufpflanzen und Wein davon trinken, Gärten machen und Früchte daraus essen, und ich will sie in ihr Land einpflanzen, daß sie nicht mehr ausgerottet werden sollen, aus ihrem Lande, das ich ihnen gegeben," (Am 9,11.13-15)

Der Prophet Micha (4,1-4) sagt: "Am Ende der Tage wird der Berg des Hauses des Ewigen gegründet stehen auf dem höchsten Berge und er wird erhaben sein über die Hügel, und es werden zu ihm strömen die Völker und viele Völker werden gehen und sprechen: Auf, laßt uns hinaufsteigen zum Berge des Ewigen und zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und daß wir wandeln in seinem Pfade, denn von Zion geht die Lehre aus und das Wort Gottes von Jerusalem. Und er wird richten zwischen vielen Völkern und Recht sprechen zwischen mächtigen Nationen bis in die Ferne, und sie werden umschmieden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Winzermessern. Nicht wird erheben ein Volk das Schwert gegen das andere, das Schwert und sie werden nicht mehr lernen den Krieg, und sie werden sitzen ein jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand wird sie aufschrecken."

Den höchsten Ausdruck findet der prophetische Universalismus wohl in den Worten Jesajas (19,23-25); "An jenem Tage wird ein Weg führen von Ägypten nach Assyrien, und Assyrien kommt nach Ägypten und Ägypten nach Assyrien und Ägypten wird mit Assyrien Gott dienen. An jenem Tage wird Israel das Heil sein zu Ägypten, und Assyrien ein Segen inmitten der Erde, den der Gott Zebaoth ausgesprochen: Gesegnet sei mein Volk Ägypten und meiner Hände Werk Assyrien und mein Erbe Israel."

Jeremia ruft: "Fürwahr, es kommt die Zeit - Spruch Gottes -, da will ich mit dem Hause Israel und dem Hause Juda einen neuen Bund schließen. Darin soll der Bund bestehen, den ich nach dieser Zeit mit dem Hause Israel schließen will - Spruch Gottes: Ich lege mein Gesetz in ihr Inneres und schreibe es ihnen ins Herz, und so will ich ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein." (Jer 31,31-33)

Hören wir noch Ezechiel (36,25-27): "Und ich werde sprengen über euch reines Wasser, daß ihr rein werdet von all euren Unreinheiten, und von allen euren Götzen will ich euch reinigen; und ich werde euch geben ein neues Herz, und einen neuen Geist werde ich geben in euer Inneres; und ich werde entfernen das Herz von Stein aus eurem Fleische und werde euch geben ein Herz von Fleisch, und ich werde meinen Geist geben in euer Inneres."

Aus den hier wiedergegebenen Prophetenstellen wird ohne weiteres klar, was als der metaphysische Inhalt des Prophetismus anzusehen ist: Gotteserkenntnis und deren Ausbreitung auf Israel und die Menschheit, eine Gottesidee, die weit davon entfernt ist, dogmatisch zu sein. Hier ist der starke Glaube an Gott, der Glaube an den Messias, aber kein Glaube an Aussagen über Gott oder an Aussagen über den Messias.

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Seit frühester Zeit hat sich das Judentum in unterschiedlichen Gesellschaften behauptet. Erich Fromm untersucht  die Faktoren, aus denen das "Jüdische Gesetz" des Zusammenlebens entstand.
Erich Fromm
, Psychoanalytiker und Sozialphilosoph, wurde am 23. März 1900 in Frankfurt am Main geboren. Nach seiner Promotion in Soziologie 1922 in Heidelberg kam er mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds in Berührung und wurde Psychoanalytiker. 1933 emigrierte er in die USA, wo er an verschiedenen Instituten lehrte, und anschließend, von 1950 bis 1974, an der Universität von Mexiko City unterrichtete. Er starb 1980 in Locarno in der Schweiz.

haGalil onLine 05-02-2003


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