Josef Ben Matithjahu - Josefus Flavius:
Die Geschichte des Jüdischen Krieges
Eine Einleitung des Übersetzers Dr. Heinrich Clementz
Das Meisterwerk des Historikers Flavius Josephus ist seine Geschichte
des Jüdischen Krieges, die er, obwohl sie zeitlich den "Jüdischen
Altertümern" nachfolgt, doch früher als diese geschrieben hat. Was in der
Einleitung zu letzterem Werke von seiner Darstellungsweise gesagt wurde,
dass sie nämlich klar, lebendig und elegant sei, trifft gerade bei der
Geschichte des "Jüdischen Krieges" besonders zu.
Geschickte Verteilung und Anordnung des Stoffes, spannende Erzählung,
ergreifende Darstellung tragischer Begebenheiten, malerische
Naturschilderungen verleihen dem Werk einen prägnanten, originellen
Charakter, woran freilich die abwechselungsreiche Folge der Ereignisse
selbst nicht den kleinsten Anteil hat. Sind die "Altertümer" wegen ihres
engen Anschlusses an die Heilige Schrift (die hebräische Bibel bzw. das
"Alte Testament" stellenweise nicht frei von schleppender und trockener
Darstellungsweise, so muss dem "Jüdischen Kriege" hingegen eine besondere
Lebendigkeit der Erzählung nachgerühmt werden, die ihn von jeher zu einer
Lieblingslektüre aller Freunde gediegener Geschichtsschreibung gemacht hat.
Wer lernte auch nicht gern die ergreifenden Schicksale des verblendeten,
irregeleiteten Volkes kennen, das, mit hohen Geistesgaben ausgestattet und
im Besitze unschätzbarer natürlicher Hilfsquellen, anscheinend zu etwas
Besserem bestimmt war, als unter den ehernen Tritten des römischen Eroberers
zermalmt zu werden? Und wen ergriffe nicht, wenn er diese packenden
Schilderungen höchsten menschlichen Elendes, dieses verzweifelte Ringen
eines gottgläubigen, markigen Volkes mit dem heidnischen, in der
Kriegstaktik wohlbewanderten Weltbezwinger, diese blutigen Schlussszenen des
erschütternden Dramas insbesondere an seinem geistigen Auge vorüberziehen
sieht, das tiefste Mitgefühl? Mitgefühl mit den Leidenden wohlverstanden,
nicht mit den halsstarrigen Führern des Aufstandes und ihrem Anhang
räuberischer Spießgesellen, die in ihrer Verblendung sondergleichen dem
Schicksal selbst dann noch zu trotzen wagten, als der Untergang ihnen
unabwendbar erscheinen musste. Das war kein edler Heldenmut, keine
Aufopferung für die heimatliche Scholle mehr - das war wahnwitzige
Auflehnung gegen die göttliche Macht, der kein Mensch ungestraft sich
widersetzen kann.
So endete denn dieser Verzweiflungskampf mit der Zerstörung der
majestätischen, heiligen Stadt Jerusalem, mit der Einäscherung des
gewaltigen ''''-Tempels, mit der Knechtung des unglücklichen Volkes - der
erste Akt des düsteren Schauspiels, das mit dem zweiten, nämlich der 62
Jahre später unter Hadrian* erfolgten gänzlichen Niederwerfung der Juden und
Verödung Judäas seinen Abschluss fand.
Auch in dem vorliegenden Werke zeigt Josephus wie in den "Altertümern"
vielfach das Bestreben, seinen heidnischen Lesern nicht zu nahe zu treten.
Insbesondere äußert er diese Rücksichtnahme hinsichtlich seiner hohen Gönner
Vespasianus und Titus, deren Taten überall ins gehörige Licht gerückt sind,
und deren edle, menschenfreundliche Gesinnung nach der Darstellung ihres
Schützlings außer allem Zweifel zu stehen scheint. Wir gehen aber wohl nicht
fehl, wenn wir annehmen, dass die erste Ausarbeitung der Geschichte des
Jüdischen Krieges, die in des Josephus Muttersprache, der syro-chaldäischen,
für die innerasiatischen Völkerschaften geschrieben war, im Hervorheben der
Verdienste der beiden Cäsaren etwas maßhaltender gewesen sei. Diese
syro-chaldäische Bearbeitung ist nämlich nicht mehr vorhanden; vielmehr
besitzen wir nur die griechische Übersetzung oder, besser gesagt, die den
Machthabern zu Gefallen vorgenommene Umarbeitung derselben.**
Gleichwohl darf die Schilderung, was die nackten historischen Tatsachen
angeht, als durchaus wahrheitsgetreu gelten, wofür als Beweis u. a. der
Umstand herangezogen werden kann, dass König Agrippa II, mit dem
Josephus regen brieflichen Verkehr unterhielt, sich mit der Darstellung des
Krieges ausdrücklich einverstanden erklärte (Selbstbiographie des Josephus,
Abschnitt 65). Weniger freilich will die am nämlichen Ort gemachte Bemerkung
besagen, dass
Titus die Bearbeitung durchgesehen und zur Beglaubigung unterschrieben
habe. Übrigens wird die Wahrheitsliebe unseres Schriftstellers auch durch
die denselben Gegenstand behandelnden Werke anderer Historiker (Tacitus,
Dio Cassius) erhärtet, deren Beschreibung der Belagerung bzw. Zerstörung
Jerusalems ich des Vergleiches halber für interessant genug hielt, um sie
unten folgen lassen zu sollen. Dass die geographischen und topischen
Einzelheiten des "Jüdischen Krieges" sowohl wie auch der "Altertümer" vollen
Anspruch auf Zuverlässigkeit haben, wird ja durch die neueren und neuesten
Untersuchungen immer klarer dargetan.
Die Quellen, aus denen Josephus bei Abfassung der Geschichte des
Jüdischen Krieges schöpfte, waren verschiedenartige und lassen erkennen,
dass unser Schriftsteller in der Tat, wie er im Vorwort (Abschnitt 5)
hervorhebt, weder Mühe noch Kosten gescheut hat, um etwas Gediegenes und
Vollständiges bieten zu können. Zunächst kam ihm in dieser Hinsicht seine
eigene Anschauung zustatten, da er in der ersten Zeit des Krieges als
Kommandant von Galiläa den tätigsten Anteil an den Ereignissen nahm, und es
ist klar, dass die Schilderung dieser Periode des Krieges als den Tatsachen
am genauesten entsprechend angesehen werden muss. Als Josephus dann nach dem
Falle der von ihm heldenmütig verteidigten Festung Jotapata in römische
Gefangenschaft geraten war und durch sein schlaues, berechnendes Auftreten
die Gunst des Vespasianus sowie später die Möglichkeit erlangt hatte, der
Belagerung seiner Vaterstadt als Zuschauer beizuwohnen, fand er während
seiner Anwesenheit im Lager der Römer vor Jerusalem die beste Gelegenheit,
schriftliche Notizen teils nach eigenen Wahrnehmungen, teils nach den
Berichten der zahlreichen jüdischen Überläufer, die der Hunger und das
grausame Wüten der Zeloten aus der belagerten Stadt trieb, in ausgiebigstem
Maße zu sammeln. Dieses höchst wertvolle Material ergänzte er dann endlich
noch durch eine weitläufige Korrespondenz, die er von Rom aus führte, und
die ihm - das können wir ihm in Anbetracht der damaligen
Verkehrsverhältnisse glauben - ganz erhebliche Unkosten verursacht haben
muss.
*) 135 n. Chr.
**) Außerdem haben wir noch den syrischen Text des sechsten Buches,
der wahrscheinlich eine Übersetzung aus der ursprünglichen syro-chaldäischen
Bearbeitung darstellt und somit ein Bild davon geben dürfte, wie Josephus
die Übertragung aus dem Syro-chaldäischen ins Griechische vorgenommen hat
und von welchen Grundsätzen er dabei geleitet wurde (vgl. Kottek, das 6.
Buch de9 Bellum Judaicum nach der von Ceriani photolithographisch edierten
Peschitta-Handschrift).
Was die Zeit der Abfassung des Werkes anlangt, so ergibt sich aus
den vorstehenden Ausführungen von selbst, dass es jedenfalls noch vor Ablauf
der Regierungszeit des Vespasianus, also noch vor dem Jahre 79 n. Chr.
geschrieben sein muss. Da anderseits nach beendetem Kriege zur
Vervollständigung und Sichtung des Materials sowie zur Übersetzung aus dem
Syro-chaldäischen immerhin eine geraume Zeit erforderlich war, so wird man
das Jahr 75 oder 76 n. Chr. wohl als dasjenige bezeichnen dürfen, in welchem
Josephus die Arbeit in der Form vollendete, wie sie uns jetzt vorliegt.
Das Werk zerfallt in zwei Teile, von denen der erste einen Zeitraum von
234 Jahren (168 vor bis 66 nach Chr.) umfasst und die Vorgeschichte des
Krieges nebst einer Darlegung der Ursachen desselben enthält. Auf den ersten
Blick könnte es wohl scheinen, als hätte Josephus da etwas zu weit
ausgeholt; doch wird man bei näherer Betrachtung finden, dass die Ereignisse
seit 168 v. Chr. so eng untereinander in Zusammenhang stehen, dass eine
andere Anordnung nicht möglich war, wenn eine wirklich klare Schilderung der
politischen Verhältnisse vor dem Kriege gegeben werden sollte.
In gedrängter Kürze bietet somit dieser erste Teil zunächst
die Geschichte der Juden unter den unabhängigen Fürsten aus dem
Asmonäergeschlecht, schildert dann, wie mit dem Emporkommen des idumäischen
Königshauses und insbesondere mit der Einmischung der Römer die
Selbständigkeit der Juden zu Grunde ging, und wendet sich hierauf nach einem
Überblick über die Regierungszeit Herodes' des Großen und dessen zerrüttete
häusliche Verhältnisse zu den direkten Ursachen des Krieges, als welche die
schlechte Regierung des Ethnarchen Archelaus, der durch die unselige
Erwartung eines politischen Messias geschürte Fanatismus einzelner Juden und
die Bedrückung des Volkes durch römische Landpfleger zu bezeichnen sind.
Unter dem grausamen Wüterich Gessius Florus läuft dann endlich das Maß über,
und der Aufruhr schlägt in hellen Flammen empor. Diese ganze Vorgeschichte
hat Josephus in das erste Buch und die 16 ersten Kapitel des zweiten Buches
zusammengedrängt, und es ist bei dieser Kürze wohl verständlich, dass
manches nur flüchtig und ungenau berichtet wird. Vielleicht ist es diesem
Umstand zum Teil zuzuschreiben, dass in den später verfassten "Altertümern"
die Geschichte der Herodianer mit ausführlicher Breite dargestellt wurde,
wobei dann die früheren Ungenauigkeiten von selbst ihre Ergänzung bzw.
Berichtigung fanden. Deshalb dürfte es für den Leser zweckmäßig sein, sich
mit den entsprechenden Abschnitten der "Altertümer" bekannt zu machen. Ich
werde übrigens nicht verfehlen, an den in Betracht kommenden Stellen auf die
Abweichungen beider Werke voneinander hinzuweisen.
Mit dem 17. Kapitel des zweiten Buches beginnt dann der zweite
Teil
des Werkes, die eigentliche Geschichte des Krieges, der im April des
Jahres 73 n. Chr. mit der Einnahme Masadas durch die Römer sein Ende
erreichte.
Bezüglich der geographischen und sonstigen Hilfsmittel beim Studium des
"Jüdischen Krieges" verweise ich auf die von mir in der Einleitung zu den
"Altertümern" gemachten Angaben. Ganz besonderes Interesse erweckt natürlich
die Topographie Jerusalems, die unser Schriftsteller teils in breiten
Schilderungen, teils in einzelnen gelegentlichen Bemerkungen behandelt. Zu
ihrer Veranschaulichung dienen die beiden der vorliegenden Übersetzung
beigegebenen, von F. Spieß äußerst sorgfältig und korrekt nach der
Darstellung des Josephus gezeichneten Tafeln, die einen Plan von Jerusalem
und einen Grundriss des Tempels samt der Burg Antonia vor Augen führen, und
für deren gütige Überlassung dem Autor auch an dieser Stelle mein wärmster
Dank erstattet sei. Hierbei will ich nicht ermangeln, auf die sehr
instruktiven Monographien aufmerksam zu machen, denen die Tafeln entnommen
sind, nämlich: F. Spieß, Das Jerusalem des Josephus, und desselben
Verfassers: Der Tempel zu Jerusalem während des letzten Jahrhunderts seines
Bestandes nach Josephus (Berlin, Carl Habel, 1881). Sie behandeln mit
erschöpfender Gründlichkeit Jerusalem und den Tempel zu der Zeit, die der
Zerstörung voranging.
Die Übersetzung habe ich wiederum nach der Textausgabe von Dindorf (Paris
1865) angefertigt und dabei die alte Havercamp'sche Ausgabe zum Vergleich
herangezogen; aus der Letzteren stammen insbesondere die bei Dindorf
fehlenden Kapitelüberschriften. Für die geographischen Anmerkungen, die ich
wieder in das Namenregister verwies, leistete mir wie bei den "Altertümern"
Böttgers "topographisch-historisches Lexikon zu den Schriften des Flavius
Josephus" die besten Dienste, wie ich auch von Raumers "Palästina" mehrfach
mit Nutzen zu verwenden in der Lage war.
Möge denn diese neue Übersetzung, für deren Vollständigkeit und engen
Anschluss an den Urtext ich Gewähr leiste, auch ihrerseits dazu beitragen,
das Interesse für den Schriftsteller Josephus zu wecken und zu beleben, wozu
gerade dieses sein bestes Werk in erster Linie berufen erscheint.
Brauweiler, im Mai 1900
Dr. Heinrich Clementz
* Vgl. Otto Michel, Otto Bauernfeind (Hg.), Flavius Josephus, De Bello
Judaico. Der jüdische Krieg, 3 Bd., Darmstadt 1963-1982.
Josef Ben Matithjahu - Josefus Flavius:
Der tragische Chronist des 9.
Aw
Es ist dem Marix-Verlag hoch anzurechnen, dass mit der Neuedition der
"Jüdischen Altertümer" und der "Geschichte des Jüdischen Krieges", das
bis gesamte bis heute erhaltene Werk des antiken jüdischen
Schriftstellers Flavius Josephus wieder vorliegt...
Ich Flavius Josephus:
De bello Iudaico
Das Vorwort des Josef Ben Matithjahu - Josefus Flavius zu seiner
Geschichte des "Jüdischen Kriegs"...
Flavius Josephus
Jüdischen Altertümer
Antiquitates JudaicaeDie "Jüdischen
Altertümer" (Antiquitates Judaicae) erschienen etwa um 94 n. Chr.
und behandeln die Geschichte der Juden von der Weltschöpfung bis zum
Jahr 66 n. Chr. Quellen sind die Bibel und die Apokryphen, ergänzt
durch Nachrichten aus dem Midrasch und Aussagen nichtjüdischer
Historiker.
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Flavius Josephus
Der Jüdische Krieg
De bello IudaicoFlavius Josephus
schildert in seinem monumentalen Werk die dramatischen Ereignisse
des Aufstandes der Juden gegen die römische Fremdherrschaft, den er
selbst als Augenzeuge im Gefolge des Heerführers Titus erlebt hat.
Zusätzlich finden sich hier sämtliche kleinere Schriften des Flavius
versammelt.
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Lion Feuchtwanger
Die Josefus-Trilogie
Wahre WeltliteraturZu
erwähnen bleibt noch, dass
Lion Feuchtwanger Flavius Josephus zur Hauptfigur in seiner
Josephus-Trilogie gemacht hat: Der jüdische Krieg,
1932; Die Söhne, 1935; Der Tag wird kommen, 1945.
Ersch. im Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2002.
ISBN 3-7466-5601-X.
... "Diese spannungsvolle Trilogie gehört in die erste Reihe
der Weltliteratur. Mit den Freiheiten eines historischen Romans
erzählt Feuchtwanger das Leben des jüdischen Geschichtsschreibers
Flavius Josephus (37 - 100 u.Z.)"...
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