Erich Fromm:
Die unerschütterliche
Liebe zum Leben
"Nicht als ob man meinte, die Liebe sei nicht so wichtig.
Die Menschen hungern geradezu danach; sie sehen sich unzählige Filme
an,
die von glücklichen oder unglücklichen Liebesgeschichten handeln,
sie hören sich Hunderte von kitschigen Liebesliedern an
- aber kaum einer nimmt an, daß man etwas tun muß,
wenn man es lernen will zu lieben."
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Millionen
Menschen ist Erich Fromm weltweit durch seine Bücher Die Kunst des Liebens
und Haben oder Sein
bekannt geworden. Die Gesamtauflage seiner ca. 40 Bücher wird auf über 50
Millionen Exemplare geschätzt. Am 23. März wäre der 1900 in Frankfurt am Main
geborene Sozialpsychologe und Humanist einhundert Jahre alt geworden.
In einer Rabbiner-Familie aufgewachsen, studierte Fromm zunächst
in Heidelberg Soziologie und machte in Berlin eine Ausbildung zum
Psychoanalytiker. Als Wissenschaftler bekannt wurde Fromm durch seine
Psychoanalyse der Gesellschaft und gesellschaftlicher Vorgänge. In den
dreissiger Jahren entwickelte er als Mitglied der sogenannten Frankfurter Schule
das Konzept des "autoritären Charakters". 1934 emigrierte er in die USA und
wurde dort nach Freud und Jung zum wichtigsten Vertreter der Psychoanalyse in
der amerikanischen Öffentlichkeit.
Zwischen 1950 und 1974 lebte Fromm in Mexiko; die Vereinigten
Staaten blieben aber der Schwerpunkt seines Wirkens als Psychotherapeut,
humanistischer Gesellschaftskritiker und Psychoanalytiker der Politik. Seinen
Lebensabend verbrachte Fromm im schweizerischen Locarno, wo er am 18. März 1980
starb.
Bereits in den vierziger Jahren beschrieb Fromm mit dem
Marketing-Charakter die grossen psychischen Veränderungen, die mit einem am
Marketing ausgerichteten Wirtschaftssystem einhergehen. Alles orientiert sich
zunehmend am Verkauf und an der Verkäuflichkeit. Diese Orientierung am Marketing
bestimmt auch das soziale und kulturelle Leben und macht selbst vor der der
eigenen Persönlichkeit nicht Halt: Jeder versucht, sich und seine Persönlichkeit
möglichst gut zu verkaufen.
In den sechziger Jahren machte Fromm die Entdeckung, dass
immer mehr Menschen sich statt vom Leben und Lebendigen vom Toten, Maschinellen,
Leblosen und Dinghaften angezogen fühlen. Diese, von den meisten Menschen nicht
bewusst wahrgenommene "nekrophile" (das Tote liebende) Grundstrebung ist neben
der atomaren Bedrohung und der Gefahr der Umweltzerstörung die wichtigste - von
innen kommende - Bedrohung des gegenwärtigen Menschen. Ihr kann nur damit
begegnet werden, dass die Liebe zum Leben und zum Lebendigen wieder zum Leitwert
des Handelns in allen Lebensbereichen wird. Für die meisten Menschen gilt zum
Glück noch immer: "Was anzieht, ist immer das Lebendige."
Sein erstes Buch, Die Furcht vor der Freiheit,
machte Fromm 1941 schlagartig bekannt. Fünfzehn Jahre später folgte Die
Kunst des Liebens, das mittlerweile in etwa 40 Sprachen übersetzt ist.
Sein Alterswerk Haben oder Sein wurde vor allem in Deutschland und
in Italien zum Kultbuch. Es zeigt Alternativen zum Konsumismus und zur heute
allgegenwärtigen Orientierung am Marketing auf. Zugleich dokumentiert es auf
eindrückliche Weise nicht nur Fromms Gesellschaftskritik, sondern auch seinen
unerschütterlichen Glauben an den Menschen und seine Humanität und an die Kraft
der Liebe.
Der Bedeutung und dem Wirken Fromms wird in Deutschland in
zahlreichen Veranstaltungen gedacht. Am Abend seines 100. Geburtstags fand in
Frankfurt am Main ein zentraler Festakt statt. Im "Museum Judengasse" wurde eine
Ausstellung zu Leben und Werk Erich Fromms eröffnet. Rechtzeitig zum 100.
Geburtstag haben die Deutsche Verlags-Anstalt und der Deutsche Taschenbuch
Verlag eine um die nachgelassenen Schriften erweiterte Erich Fromm
Gesamtausgabe in zwölf Bänden
herausgebracht. Bei der Deutschen Verlags-Anstalt erschien unter dem Titel
Erich Fromm - Liebe zum Leben eine eindrucksvolle grossformatige
Bild-Biografie, und der Deutsche Taschenbuch Verlag veröffentlichte unter dem
Titel Erich Fromm heute vierzehn Beiträge ausgewiesener Fromm-Kenner, die
alle nach der Aktualität des Denkens von Fromm für die Gegenwart fragen. [Bücher] [Lebenslauf]
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