Juni 1967:
Araber in Jerusalem erleben den Sechs-Tage-Krieg
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 4. Juni 2007
(Die Altersangaben gelten für Juni 1967)
Raiman
Himo, damals 13, syrischer Aramäer, lebt beim Damaskustor.
"Ich war in der
Schule. Alle rannten nach Hause. Sie riefen Krieg, Krieg, Krieg, gegen 9:30
Uhr. Es gab keine Schüsse. In der Nacht spürten wir die Kämpfer auf der
Mauer: Jordanier, Iraker. Die Iraker waren neu. Die trugen besondere Hüte.
Die Israelis begannen. Die Soldaten auf der Mauer schossen zurück. Dann
rannten die Jordanier weg. Die Bewohner schossen nun zurück, aber die hatten
nur leere Munition. Wie waren verängstigt. Wir hatten in der Schule gelernt,
dass die Israelis wie Affen seien, sie hatten Hände wie Affen. Das hatte man
uns gelehrt. Wir versteckten uns im Keller, mit den Nachbarn, bis die
Israelis kamen und wir weiße Flaggen hissten. Die Israelis waren sehr
freundlich. Die gaben uns Kindern Tuben mit Marmelade. Sie suchten nach
Waffen, aber mein Vater hat sein Gewehr zwischen den Weinreben versteckt.
Die Israelis haben es nicht gefunden."
Issam Alimam, 16, Moslem, Schüler:
"Wir hörten viele
Schüsse. Am Donnerstag sahen wir die ersten Israelis. Mit den Kindern waren
sie nett, aber mit den Erwachsenen nicht so sehr."
Toros
Seron Tahmasian, 33, im Libanon geboren, Armenier:
"Im Krieg haben wir
wie die Könige gelebt. Wir hatten alles in unserem (ummauerten) Viertel,
sogar Waffen. Wir hatten keine Angst vor den Arabern oder den Juden. Nichts
ist uns passiert. Die Israelis kamen um 11:15 Uhr. Ich tünchte eine Wohnung.
Sie kamen zum Haupttor, traten mit ihren Stiefeln gegen das Tor. Unser
Bischof sagte uns: Habt keine Angst. Er öffnete das Tor. Er sprach mit ihnen
auf Hebräisch und Englisch. Aber die Soldaten verstanden nichts. Sie sagten,
dass sie Französisch und Russisch sprächen. Er fragte sie auf französisch,
wo sie denn her seien. Sie sagten, wir sind keine Israelis, wir sind für ein
paar Tage gekommen, Israel zu helfen."
Khreri Filat, 25, Postbeamter, Moslem, lebte vor 1948 im
Westjerusalemer Baka-Viertel: "Am
Morgen schauten wir aus dem Fenster des Hauptpostamtes und sahen die Juden,
also die Armee, auf der Straße. Sie kamen vom Rockefeller Museum. Einige
Beamte wollte über die Straße zur Altstadt laufen. Wir sahen, wie auf sie
geschossen wurde. 50 von uns gingen vor die Tür. Wir hörten Schüsse. Wir
rannten rein ins Postamt aber zwei von uns blieben tot vor der Tür liegen.
Unser Chef sprach gut Hebräisch, weil er vor 1948 mit Juden gearbeitet hat.
Er bat um ein weißes Unterhemd und hängte es an einen Stock. Er ging raus
und redete mit den Soldaten, und sagte ihnen, dass wie alle Postbeamte
waren. Sie kamen und schauten sich unsere Ausweise an. Wer keinen Ausweis
hatte wurde mit einem Lastwagen weggefahren. Unser Boss dolmetschte. Einige
Juden sprachen Englisch. Auf dem Heimweg sahen wir verbrannte jordanische
Jeeps, mit Napalm, alles schwarz. Wir sahen vielleicht 50 tote Jordanier. Im
Radio hörten wie die Ägypter, wie sie behaupteten, die Juden geschlagen
hätten. Aber da wussten wir schon, das waren alles Lügen. Nach dem Krieg
kamen sie in unsere Wohnungen, schrieben unsere Namen auf. Dann bekamen wir
israelische Ausweise zugeschickt. Frieden wird es erst geben, wenn das
Westjordanland wieder zu Jordanien gehört."
Sari Rabadi, 33, Vorsitzender der Touristenführer:
"Ich saß zuhause in
Wadi Joz und sah die Kämpfe. Auf der Straße lagen Tote rum. Ich habe die
Wohnung nicht verlassen. Ich sah, wie sie beim Rockefeller Museum
vorrückten. Danach kamen sie, durchsuchten unser Haus. Ich erinnere mich,
wie schnell die Touristen kamen, eine britische Gruppe. Ich hatte sofort
wieder Arbeit als Guide. Anfangs war alles sehr einfach, viel Arbeit. Alles
verschlechterte sich erst später mit der Intifada. Bis dahin gab es keine
Straßensperren."
Hier finden Sie Portraitaufnahmen der Interviewten:
http://www.usahm.de/araber/page_01.htm
(C) Ulrich W. Sahm, haGalil.com
Siehe auch: Jüdische Zeitzeugen 1967
Vierzig Jahre später:
Was brachte der Sechs-Tage-Krieg?
Dem Staat Israel gelang es knapp 20 Jahre nach seiner Gründung und nur 27
Jahre nach dem Ende des Holocaust, sich aus einem tödlichen Würgegriff der
gesamten arabischen Welt zu befreien. Der berühmte Spruch des ägyptischen
Präsidenten Gamal Abdel Nasser, "die Juden
ins Meer werfen" zu wollen, war erst einmal entkräftet...
Sechs-Tage-Krieg 1967:
Der Kriegsverlauf
Mai bis Juni 1967: Ägypter schaffen "casus
belli" (Kriegsgrund) durch die Schließung der Meerenge von Tiran, den Abzug
der UNO-Beobachter sowie durch einen Truppenaufmarsch im entmilitarisierten
Sinai. Die ganze arabische Welt schickt Truppen nach Syrien, Jordanien und
Ägypten...
Vor vierzig Jahren:
Wie der Sechs-Tage-Krieg ausbrach
In den Stadtparks von Tel Aviv und Ramat Gan wurden schon Massengräber
ausgehoben. Fußballfelder wurden geweiht, um als Friedhöfe zu dienen...
Vom Sinai-Feldzug bis zum Juni 1967:
Arabisch-Israelische Beziehungen von
1956 - 1967
Während des Jahrzehnts nach dem Sinaifeldzug gab es keinen
nennenswerten Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Arabern, die
Spannungen wurden jedoch nicht geringer...
Die Kriege Israels:
Standorte der arabischen Streitkräfte im
Mai 1967
Schon im Frühjahr 1966 war es offensichtlich, dass Israels
Nachbarstaaten ihre anti-israelischen Aktivitäten verstärkten. Immer mehr
israelische Zivilisten wurden an der syrischen und jordanischen Grenze
getötet. Die Syrer bombardierten von den Golanhöhen aus rücksichtslos
israelische Siedlungen...
Der Sechs Tage Krieg:
5. Juni 1967 bis 10. Juni 1967
Am Morgen des 5. Juni zerstörte Israel in einem weniger als drei
Stunden dauernden Präventivschlag die Luftwaffen der arabischen Staaten und
marschierte in die Halbinsel Sinai ein...
Soundfiles zur Milchemeth Schescheth haJamim
Ägyptens Präsident und Radio Kairo am 1.Juni 1967, kurz vor
Ausbruch des Krieges:
Wav-File Gamal Abdel
Nasr
Der
Sechs-Tage-Krieg von 19967 und die Juden in Deutschland (RealAudio Datei) |