Der Jubilar hat sich während seiner über vierjährigen Tätigkeit
als deutscher Botschafter in Israel von 1981 bis 1985 höchsten
Ansehens erfreut und ist, wie es in einem Beitrag heißt, "fast
,einer von uns' geworden". Wie war dies beim amtlichen Vertreter
Deutschlands nach allem, was in den schlimmen zwölf Jahren geschah,
überhaupt denkbar? Vielleicht hat es damit sogar zu tun. Niels
Hansen hat, wie es die Aufgabe von Diplomaten ist, hier die
Interessen seines Landes vertreten. Er hat es jedoch in einer Weise
getan, die ihm nicht nur Achtung, sondern auch breite Zuneigung
eingetragen hat, und er besitzt noch heute in Israel eine Art "Fan
Club". Dies erklärt sich, wie ich glaube, vor allem daraus, daß er
sein Amt außer mit dem Kopf auch mit dem Herz ausgefüllt und
diejenigen widerlegt hat, die behaupten, in seinem Beruf dürfe das
Herz keinen Platz haben. Gerade bei einem Deutschen hat man das
gespürt und geschätzt. Niels Hansen hat sich nicht darauf
beschränkt, die amtlichen Kontakte zu pflegen, sondern ihm ist es
gelungen, sich in relativ kurzer Zeit umfassend mit allen Teilen
unserer komplexen Gesellschaft vertraut zu machen und bei ihnen
Vertrauen zu gewinnen. Das gilt auch für seine reizende Frau
Barbara, die ihn weise unterstützt und seine dauernde sehr große
Arbeitsbelastung verständnisvoll hingenommen hat, und sinngemäß für
seine Töchter, von denen die jüngste im renommierten Tel Aviver
Gymnasium Herzliya ihr hebräisches Abitur ablegte. Die Verbindungen
zu den aus Deutschland geflüchteten Juden, den "Jeckes", und zu den
jemenitischen Juden, die Förderung der jüdisch-arabischen
Gemeinschaft Neve Shalom/Wahat al-Salam, seine
Rotary-Präsidentschaft und nicht zuletzt das Musizieren sind einige
Beispiele im Kranz seiner mannigfachen Aktivitäten. Sie fanden auch
in den bekanntlich nicht immer einfachen israelischen Medien
ausgedehntes, positives Echo.
Der Botschafter ging nicht nur zu den großen, sondern auch zu den
kleinen Leuten, und er war das Gegenteil von dem, was die
Angelsachsen "pompous" nennen. Das war ein weiteres Geheimnis seines
Erfolges. Sein erstaunlich flüssiges Hebräisch, das er hier in
fortgeschrittenem Alter erlernte, hat ihm dabei geholfen.
Ohne die Kenntnisse der schwierigen Sprache der Bibel hätte er es
auch kaum geschafft, in Fernsehen und Rundfunk deutsche Interessen
so effizient selbst bei gewissen heißen Themen zu verteidigen, die
hierzulande nicht gerade populär waren. Bestimmt ist er zum
Botschafter Israels im Ausland geworden, doch nimmt er, durchaus
damit vereinbar, die Belange seines eigenen Staates und Volkes stets
mit besonderem Engagement wahr und unterstreicht etwa, woran ich
mich aus manchem Gespräch gut entsinne, wenn immer nötig, daß es
kontraproduktiv ist, für damals sowohl wie für heute zu
pauschalisieren. Das wird hier richtig verstanden und hat den
Respekt und die Sympathie für ihn nicht gemindert.
Er verließ unser Land zusammen mit Bundespräsident von Weizsäcker
nach dessen so gelungenem Staatsbesuch, bei welcher Gelegenheit er
uns mit dem Zitat "nach Jerusalem gibt es keine Beförderung mehr"
beeindruckte und erfreute. Seither ist er uns treu geblieben. Nicht
nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa und in Nordamerika
hat er während seiner Brüsseler Jahre als NATO-Botschafter und
später im "Ruhestand" in mehreren Sprachen mit zahllosen Vorträgen,
Diskussionsbeiträgen, Abhandlungen und Rezensionen in Zeitungen,
Zeitschriften und Büchern um Verständnis für uns geworben und uns
unterstützt. Er setzt sich in einem Dutzend Gremien erfolgreich für
die Vertiefung der Beziehungen von Deutschland - und Europa - zu
Israel und für jüdische Anliegen ein. Häufig ist er in Israel, wo er
1990 mit der Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv ausgezeichnet
wurde und wo er dem Board of Gover-nors des Weizmann-Instituts, dem
Rotary Club Tel Aviv-Yafo als Ehrenmitglied und dem Öffentlichen Rat
der Vereinigung der jemenitischen Juden angehört. Die über sechzig
Autoren der Beiträge zur Festschrift, zu denen der Außenminister,
ein ehemaliger Staatspräsident, der jahrzehntelange Bürgermeister
von Jerusalem und zahlreiche sonstige prominente Persönlichkeiten
aus allen Bereichen, übrigens auch israelische Araber zählen,
spiegeln die große Bandbreite der Kontakte Hansens im Lande Israel
wider. Es ist kein Zufall, daß die Musik, die bildende Kunst und die
Literatur ebenso wie die Wissenschaft und die hebräische - und
jiddische - Sprache dabei so breiten Raum einnehmen. Die Artikel
sind ungleich in Umfang, Inhalt und Gewicht, und sogar ein schönes
Gedicht findet sich darunter. Einige hier zum ersten Mal
veröffentlichte Bilder auch berühmter israelischer Künstler, von
denen mehrere noch mit Abhandlungen beisteuerten, geben dem Buch
eine besondere Note.
Die Beiträge haben zum guten Teil die israelisch-deutschen
Beziehungen zum Gegenstand, wie sie sich in den vergangenen
Jahrzehnten so positiv entwickelt haben, und etliche Wegbereiter
dieses intensiven Verhältnisses kommen zu Wort. Durchaus damit
zusammenhängend ist auch immer wieder - wie könnte es anders sein? -
vom Unfaßlichen die Rede, das "damals" passierte und dann im
Holocaust gipfelte. Andere gelten dem Heiligen Land als solchem,
wobei auch der neu belebte nahöstliche Friedensprozeß gebührende
Würdigung erfährt. Und schließlich können Sie sich Themen
allgemeiner Art, etwa im musikalischen, medizinischen oder
philosophischen Bereich zuwenden. Die Autoren waren gebeten worden,
nichts über den Jubilar zu schreiben, dochhaben es einige gleichwohl
getan, was manchmal gekürzt wurde. Ein reicher Teppich mit vielen
Farben und Mustern. Die systematische Einordnung in bestimmte
Sachgebiete wäre schon angesichts der thematischen Überschneidungen
schwierig gewesen, weswegen es bei der alphabetischen Reihenfolge
der Verfasser belassen wurde. Das Buch erscheint im Bleicher Verlag,
der sich um Israel und sein Bild in Deutschland so bedeutende
Verdienste erworben hat. Wir wünschen Niels Hansen zu seinem
Ehrentag von Herzen alles nur erdenkliche Gute. Möge ihm diese
Festschrift von Freunden Freude machen. Uns erhoffen wir, daß er
noch viele Jahre zum Nutzen der Beziehungen zwischen Israel und
Deutschland mit Herz und Verstand so engagiert wie bisher aktiv
bleiben kann.
Jerusalem,
im September 1994
Shmuel Bahagon
Eine Festschrift aus Israel:
Recht und Wahrheit bringen Frieden