Baden-Württemberg

''Dies ist nichts anderes als das Haus G'ttes''...
(BeReshith / Genesis 28.17)
Abb.: Fayence-Mosaik aus einer Synagoge in Isfahan,
Die Synagoge
REXINGEN
liegt rund 40 km südwestlich von Stuttgart in der Nähe der
Bundesstrasse 14, westlich von Horb.
* Ehemalige Synagoge aus dem Jahre 1838
* Friedhof aus dem Jahre 1760
Juden, die vor den Chmielniecki-Massakern in Polen
geflüchtet waren, siedelten sich 1650 in Rexingen an. 1710 bauten sie eine
Synagoge und 1760 kauften sie Land für einen Friedhof. Die Emanzipation im
19. Jahrhundert ermöglichte den Rexinger luden, Land zu kaufen, es zu
bewirtschaften, Handel zu treiben, auch mit Pferden und Rindern, oder
Bäcker, Fleischhauer und Gastwirte zu werden.
Mitte des 19. Jahrhunderts war die Hälfte der Bevölkerung Rexingens jüdisch,
aber danach schrumpfte die Jüdische Gemeinde und 1933 gab es nur mehr 262
Juden in Rexingen. Davon konnten etwa vierzig Prozent nach Palästina
auswandern, wo sie Shawej-Zion in der Nähe von Naharijah gründeten. 126
Juden aus Rexingen wurden deportiert, nur drei überlebten.
Das Innere der Synagoge, 1838 im klassizistischem Stil erbaut, wurde 1938
schwer beschädigt. Heute ist die ehemalige Synagoge eine protestantische
Kirche. Über dem Eingang ist eine Inschrift in deutscher und hebräischer
Sprache (Dies ist nichts anderes als das Haus G'ttes, und das ist das Tor
zum Himmel) und eine Gedenktafel für die Opfer der Nazi-Herrschaft zu sehen.
Das Innere wurde völlig verändert. Die ehemalige Synagoge steht in der
Freudenstädterstrasse 16.
Der Friedhof aus dem Jahre 1760 liegt auf einem bewaldeten Hügelabhang in
der Kirchstrasse. Es gibt Hinweistafeln. Manche der Grabsteine zeigen
Kronen, und manche sind sehr alt. Im neueren Teil des Friedhofes steht ein
Denkmal für die Opfer des Naziterrors. Den Schlüssel erhält man im Rathaus,
im Büro des Bürgermeisters.



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Auf den Seiten der Horber Ortsgemeinde
Rexingen erfahren wir noch: Über 300 Jahre war
Rexingen Heimat für eine jüdische Gemeinde. Als Schutzjuden von den
Johannitern in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges aufgenommen,
entwickelte sich eine Judengemeinde, die bis zu etwa einem Drittel der
Einwohnerzahl von Rexingen angewachsen ist. 1712 bauten sie ihre erste
Synagoge, erhielten 1760 einen eigenen Friedhof und errichteten 1837
eine neue größere Synagoge. Zwischenzeitlich waren aus den Schutzjuden
gleichberechtigte Bürger geworden und die Rexinger Pferde- und
Viehhändler waren überall im Land bekannt. Im Gemeinderat waren sie
entsprechend vertreten und haben Straßenbau, Strom- und Wasserversorgung
mit vorangetrieben. Als 1933 der Nationalsozialismus zur Macht kam,
begann die Auswanderung der Rexinger Juden vornehmlich in die USA und
nach Palästina. Eine geschlossene Gruppe von Auswanderern wurde am 6.
Februar 1938 in der hiesigen Synagoge feierlich nach Palästina
verabschiedet, wo diese dann wenige Wochen später den Ort Shavei Zion
mitgegründet und aufgebaut haben. Ein Drittel der jüdischen Bevölkerung
von Rexingen ist in den Vernichtungslagern im Osten umgebracht worden.
Ein Mahnmal im Judenfriedhof erinnert an die Opfer der Judenverfolgung
von 1933 bis 1945. Der jüdische Friedhof ist mit 1136 Gräbern und 931
erhaltenen Grabsteinen der drittgrößte in Württemberg und wurde in
Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt in umfassender Weise 1993 bis
1996 inventarisiert. Mit dem Titel "In Stein gehauen" wurde dann 1997
ein reichlich bebildertes Buch herausgebracht, in dem der Judenfriedhof
und die Geschichte der Judengemeinde Rexingen umfassend dargestellt
werden.
Abbildungen:
alemannia-judaica.de |
In der sogenannten Kristallnacht (08./09. November 1938)
wurde die Inneneinrichtung der Synagoge demoliert und Feuer gelegt. Das
Gebäude wurde von der Feuerwehr gerettet und diente in den Kriegsjahren als
Lagerraum. Im Jahr 1952 hat es die evangelische Kirchengemeinde von der
Gemeinde Rexingen gemietet und renoviert und nutzt die ehemalige Synagoge
als Kirche und Gemeindezentrum. Seit der Eingemeindung 1971 war die Stadt
Horb Eigentümer und hat das Gebäude dem 1997 gegründeten "Träger- und
Förderverein EHEMALIGE SYNAGOGE REXINGEN" überlassen. Dieser Verein hat es
sich u. a. zur Aufgabe gemacht, die jüdische Geschichte der Stadt Horb und
der Teilorte aufzuarbeiten, den jüdisch-christlichen Dialog zu fördern und
an der Restaurierung und Erhaltung der ehemaligen Synagoge bei Fortführung
als evangelisches Gemeindezentrum mitzuwirken.

Quelle:
Reiseführer durch das jüdische Deutschland
Peter Hirsch und Billie Lopez,
Kovar Verlag
H. A. Meek:
Die Synagoge
Aus dem Englischen von Sieglinde Denzel, Susanne
Naumann, Martin Rometsch, Barbara Scriba-Sethe, 240 Seiten, 160 farbige und
70 s/w Abbildungen, DM 128,- / ÖS 934,- / sFr 112,-
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