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Jüdische Weisheit
 
 
Judentum zwischen Fundamentalismus und Aufklärung:
Bruderzwist im Hause Israel

Eleonore Lappin

Im Mittelpunkt der jüdischen Religion stand und steht die religiösen Praxis, die Erfüllung des Gesetzes. Gemäß der orthodoxen Tradition offenbarte G'tt dem jüdischen Volk am Sinai sowohl die Thora als auch den Talmud, weshalb die darin enthaltenen Gesetze als unveränderlich gelten. Die reichhaltige rabbinische Literatur legte das Gesetz zwar immer wieder neu aus – was wesentlich zur Weiterentwicklung und damit zum Überleben der jüdischen Religion, aber auch des jüdischen Volkes beitrug –, ohne jedoch an der ewigen Gültigkeit des offenbarten Gesetzes zu rütteln.

Mit der Aufklärung, der Emanzipation und dem Eintritt der Juden in die europäische Kultur wandelte sich das jüdische Selbstverständnis. Das liberale Judentum des 19.Jahrhunderts strebte eine Anpassung an die Umwelt an, ohne deshalb das Judesein aufzugeben. Dabei wurden die nationalen Aspekte der jüdischen Religion abgeschwächt sowie Glaubensinhalte, die der Vernunft und der modernen Ethik widersprachen, abgelegt bzw. uminterpretiert. Liberale Juden und Jüdinnen betrachten die jüdische Lehre einem andauernden Prozeß der progressiven Offenbarung unterworfen, also als wandelbar. Die Auffassung von der Offenbarung, von der ewigen Gültigkeit oder progressiven Entwicklung des Gesetzes unterscheidet die orthodoxe von den nicht-orthodoxen Strömungen des Judentums. Ihnen steht die große Gruppe der säkulären Juden gegenüber, die ihre jüdische Identität nicht mehr über die Religion definieren, sondern sich als Angehörige des jüdischen Volkes bzw. der jüdischen Schicksalsgemeinschaft verstehen. Auch im Zionismus sind sich stets religiöse und säkuläre Gruppierungen gegenübergestanden, wobei letztere die Mehrheit bilden.

Das vorliegende Buch von Theodor Much und Karl Pfeifer weist auf die Gefahren hin, die mit dem Versuch orthodoxer und fundamentalistischer jüdischer Gruppen, den herrschenden Pluralismus im Judentum zu bekämpfen, verbunden sind. Theodor Much, Gründer und Präsident von Or Chadasch, Wien, legt die wichtigsten Prinzipien, welche das progressive vom orthodoxen Judentum unterscheiden, klar und auch für Laien gut verständlich dar. Er zeigt, daß es den progressiven Juden nicht darum geht, das Judentum zu verwässern, sondern Wege zu einer zeitgemäßen Praxis und einer ehrlichen Auseinandersetzung mit Gesetz und Glauben zu beschreiten. 

Eine Beschäftigung mit den nicht-orthodoxen Strömungen erscheint nicht zuletzt deshalb wichtig, da heute bereits die Mehrheit der praktizierenden Juden diesen angehören. Schon allein deshalb erscheint die unversöhnliche Ablehnung des progressiven Judentums – der weltweit größten jüdischen Gruppierung – durch die Orthodoxie sowie deren Weigerung einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den modernen religiösen Strömungen als Gefahr.

Karl Pfeifer zeigt anhand einer Fülle von Beispielen, wie der religiöse Fundamentalismus die israelische Demokratie in Frage stellt, ja unterwandert. Es gelingt ihm, die Unterschiede zwischen den orthodoxen Gruppierungen in Israel, die ja keineswegs alle fundamentalistisch sind, herauszuarbeiten, wobei vor allem Interviews aus jüngster Zeit viel zur Anschaulichkeit beitragen. Versagen sieht der Autor nicht zuletzt auf Seiten der Politik und der Gerichtsbarkeit, welche zu sehr weitgehenden Zugeständnissen an Fundamentalisten, ja selbst an religiöse Terroristen, bereit sind. Aber auch die prekäre Lage der nicht-orthodoxen Gemeinden in Israel, deren RabbinerInnen nach wie nicht die volle Anerkennung genießen, wird aufgezeigt.

Bestellen? Theodor Much und Karl Pfeifer
Bruderzwist im Hause Israel
Judentum zwischen Fundamentalismus und Aufklärung. 
Kremayr & Scheriau, Wien 1999, 160 S.

hagalil.com 29-05-00


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