Osterweiterung im Baltikum - Visumfreiheit für die Balten:
Von guten Freunden und dumpfen Schweigern
Diesen Monat wurde in Berlin ein "Rücknahmeabkommen" zwischen
Deutschland und den Baltischen Republiken unterzeichnet, welches die letzte
Stufe zum visafreien Reiseverkehr zwischen Deutschland und dem Baltikum
darstellt. Litauen wurde durch Innenminister Sedbaras, Lettland durch den
Innenminister Roberts Jurdzs, Estland durch den Justizminister Paul Varul
vertreten. Für die deutsche Seite zeichnete Innenminister Otto Schily den
Vertrag.
Die Deutsch-Baltische Parlamentariergruppe
zeigte sich über das für den 1.März avisierte Ende der Visapflicht
erfreut. Die über alle Fraktionsgrenzen hinweg bestehenden Gruppe von
Abgeordneten hatte einen entsprechenden Antrag im letzten Jahr
eingebracht.
Auf deutscher Seite finden sich in der
Parlamentariergruppe Menschen wie der "Grüne" Wini Nachtwei, der sich
für bessere bilaterale Beziehungen mit den Balten einsetzt. Nachtweis
Einsatz für die Überlebenden der Shoah in Wilna, Riga und Tallinn wurde
bereits von einigen jüdischen Organisationen wie dem American Jewish
Comittee gewürdigt.
Ganz anders verhält es sich aber mit dem
Vorsitzenden dieser Deutsch-Baltischen Parlamentariergruppe, dem
CDU-Mandatar Prof.
Dr. Freiherr Wolfgang von Stetten. Dieser meint sich z.B.
am Puls seiner Wähler, wenn er verlauten lässt, dass er die
Wehrmachtausstellung
"nicht mit seiner Anwesenheit" beehren könne.
Mit einem solchen Mann im Vorsitz dürfte es kein Zufall
sein, daß die Deutsch-Baltische Parlamentariergruppe nicht eine
einzige Silbe zum Verfahren gegen den Kriegsverbrecher und Massenmörder
im Solde der deutschen Besatzer im 2.Weltkrieg Aleksander Lileikis
veröffentlicht.
Auch die Aufmärsche der SS-Veteranen in Riga,
wie am 15.3 und 16.3, sind für den Rechtsausleger aus Baden-Würtenberg
offensichtlich kein Thema. Eine Anfrage des Autors im Anfang 1997 zu
Lileikis wurde bis heute nicht schlüssig beantwortet.
Hätten Esten, Letten und Litauer nicht bessere Freunde
verdient? Ist die Abgabe von Schecks, wie im Fall des Herrn Stetten, die
einzige Auseinandersetzung, die sich die CDU mit der Vergangenheit, mit
der Vernichtung der europäischen Juden leisten kann und will?
In Litauen, Lettland und Estland wurden jeweils mehr als
90% der Juden am Anfang des zweiten Weltkrieges von den Nazis und ihren
lokalen Helfern ermordet. Dieses bewusst zu übergehen ist Leugnung. Mit
Repräsentanten wie dem Freiherrn von Stetten kann sich die Berliner
Republik nur noch an den Grundwerten ihrer Existenz vorbeiwalsern.
SLW für haGalil onLine
haGalil onLine - Freitag 29-01-99 |