Prohlášení Federace zidovských obcí a vrchniho rabinátu
Aufruf der Jüdischen Gemeinden und des Oberrabinats der CR

Bitte schaut nicht wieder untätig zu!
Freiheit, Gesundheit und Menschenleben sind in Gefahr!

Zu den antisemitisch motivierten Gewalttaten des letzten Monats, veröffentlichte die 'Föderation Jüdischer Gemeinden in der Tschechischen Republik' folgende Stellungnahme (Rosch Chodesch/Dez.):

Erklärung der Föderation der Jüdischen Gemeinden
und des Oberrabinats

Der G'tt sei Dank misslungene Mordversuch an einem jungen Soldat der tschechischen Armee, der von einem 17jährigen Skinhead nur deshalb verübt wurde, weil dieser junge Soldat zu den Beleidigungen des jüdischen Volkes, dem er selbst zugehört, nicht schweigen konnte, ist für die Juden in der Tschechischen Republik Bestätigung der bereits mehrmals veröffentlichen Befürchtungen, daß es nur eine Frage der Zeit ist, bis der aggressive Rassismus der Skinheadbewegung, dessen übliche Opfer in diesem Land die Roma sind, sich eines Tages auch gegen uns wenden wird, ebenso wie schließlich auch gegen weitere Personen, die sich bis jetzt durch ihre Hauptfarbe oder die Zugehörigkeit zum Majoritätsteil der Gesellschaft sicher fühlen.

Die Federation der Jüdischen Gemeinden spricht dem schwer verletzten jungen Mann ihren Dank aus für die Zivilcourage, die er fast mit seinem Leben bezahlt hatte. Wir beten für seine vollständige Genesung. Gleichzeitig fühlen wir die Pflicht wieder und wieder an jeden verantwortlichen Bürger dieses Landes zu appellieren, vor allem an alle diejenigen, die als Abgeordnete, Regierungsmitglieder und Vertreter der Staatsmacht die Möglichkeiten haben, den unerfreulichen Stand der Dinge zu ändern:

Schaut öffentlichen Äußerungen von Rassismus und Antisemitismus nicht untätig zu, nur weil Ihr Euch nicht persönlich beleidigt oder bedroht fühlt!

Jeder Bürger der Tschechischen Republik ist rechtlich verpflichtet, Straftaten wie Aufwiegelung zum Rassenhass und Verunglimpfung der Rassen und Völker zu melden - von Straftaten, die das Leben bedrohen ganz zu schwiegen. Die Vertreter der Staatsmacht sind verpflichtet, diese Straftaten konsequent zu verfolgen.

Aus unseren Erfahrungen wissen wir jedoch, daß die Öffentlichkeit, bis auf einige Ausnahmen, gleichgültig oder gar sympathisierend auf rassistische Gewalttaten reagiert. Wir wissen auch, daß unter dem Vorwand, daß sie nicht verboten werden können, da sie offiziell nicht existieren, die neonazistischen Organisationen de facto toleriert werden, daß unbestraft legale und illegale Druckerzeugnisse erscheinen, deren Inhalt von Intoleranz und Gewalt zeugt - aber für die Organe der Staatsmacht beginnt die Pflicht, die Bürger zu schützen erst dann, wenn sie bereits im Krankenhaus oder am Friedhof sind.

Die führenden Politiker dieses Landes stellen sich vor der Weltöffentlichkeit als Verfechter der Menschenrechte dar. Sie versprechen Änderung, aber geben gleichzeitig zu, daß im Staatshaushalt die Mittel zur praktischen Erfüllung dieser Versprechen fehlen. Die Nichterfüllung der Bürgerpflichten in allen Ebenen führt dazu, daß Gesundheit und Menschenleben geopfert werden und nach und nach auch der demokratischer Charakter des modernen tschechischen Staates.

E.K. Sidon, Oberrabiner, Prag

Anm.: Die Redaktion des jüdischen Zeitschrift Rosch Chodesch hat vom Vater des jungen Skinhead einenBrief erhalten. Der Vater entschuldigt sich bei allen Opfern der Rassengewalt, ist über die Tat seines Sohnes erschüttert und schämt sich, daß er als Vater versagt habe. Er beteuerte, er habe stets versucht, seinen Sohn im Sinne von Toleranz und Verständigung zu erziehen.

Neúspešný pokus o vrazdu vojáka základní sluzby ceské armády, spachaný tohoto týdne 17 letým skinheadem jen proto, ze mladý muz nedokázal mlcet k urázkám zidovskeho naroda, z nehoz sám pochází, je pro Zidy v Ceské republice potvrzením mnohokrát zverejnených obav, ze je jen otázkou casu, kdy agresivní rasismus skinheadskeho hnutí, jehoz obvyklými obetmi jsou v teto zemi Romové, jednoho dne obrátí i proti nim i pozdeji dalším, kterí se dosud cítí chráneni svou barvou pleti a prislusností k vetšinové spolecnosti.

Federace zidovských obcíi v CR vyslovuje tezce zranenému mladému muzi svuj dík za obcanskou odvahu, zaplacenou málem zivotem, a modlíme se za jeho úplné uzdravení. Soucasne ale cítíme povinnost znovu a znovu opakovane apelovat na kazdého zodpovedného obcana této zeme, a predevším ty z nich, kteri mají jako poslanci, clenové vlády a predstavitelé a zamestnanci státní moci v ruce prostredky, jak rozhodující merou zmenit neutešený stav veci:

Neprihlízejte necinne k verejným projevum rasismu a antisemitismu, protoze se ješte necítíte byt osobne urázeni a ohrozeni na zdraví a zivote!

Kazdý obcan Ceské republiky je ze zákona povinen ohlasit trestné ciny hanoberní národa a rasy, nerku-li zlociny ublízení na zdraví a zivote, a predstavitelé státní moci mají povinnost je dusledne stíhat. Ze zkušenosti vsak víme, ze verejnost je az na vyjímky, je lhostejným nebo dokonce sympatizujícím svedkem rasistického násilí. Víme take, ze pod záminkou, ze je nelze zakázat, protoze oficiálne neexistují, jsou de facto tolerovány neonacistické organizace, ze beztrestne vycházejí legální i ilegalní tiskoviny, jejichz stránky se hemzí návody k intoleranci a násilí, ale ze pro orgány státní moci zaciná povinnost chránit obcany az ve chvíli, kdy uz jsou v nemocnici nebo na hrbitove.

Predni politické veliciny v teto zemi si pred svetovou verejnosti hraji na zastánce lidskych prav, ze jednemi ústy slibují nápravu a týmiz ústy pripouštejí, ze ve státníim nebo obecném rozpoctu chybí finance na praktické splnení techto slibu. Neplnením obcanských povinností na všech stupních vede proto k tomu, ze jsou obetovány zdraví a zivoty lidi a postupne i demokratický charakter moderního ceskeho státu.

E.K. Sidon, vrchni rabin, 11-98

Do redakce Roš Chodeš prišel dopis otce mladého skina, který se hluboce omlouvá všem obetem rasové nenávisti, vyjadruje údes nad cinem svého syna a stud nad tím, ze  jako otec v tomto smyslu selhal i pres to,ze se snazil syna vést k toleranci a porozumení.

• 10. November 1998 in Prag / Versuchter Rassenmord:
  'Já jsem také Zid' - 'Auch ich bin Jude'
• Wellen des Antisemitismus in Osteuropa:
  Die Suche nach dem Sündenbock hat längst begonnen

Im Archiv: Weitere Meldungen

Ehrung für Sir Nicolas Winton Zum 80. Jahrestag der Gründung der Tschechoslowakei, wurden vom tschechischen Präsidenten Vaclav Havel an ca. 90 Personen die höchsten tschechischen Orden und Auszeichnungen verliehen.Der Orden des Thomas Garrigue Masaryk (eine der höchsten Auszeichnungen in der CR) wurde unter anderem verliehen an Sir Nicolas Winton (geboren 1909) für herausragende Verdienste um Demokratie und Menschenrechte. 1939 rettete Nicolas Winton 664 jüdische Kinder aus der besetzten Tschechoslowakei.

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