Ausstellung in München:
Approbationsentzug 1938
In München ist zur Zeit
die Ausstellung „Approbationsentzug 1938“ zu
sehen. Darin wird anhand von Dokumenten und
persönlichen Lebenswegen auf das Schicksal
jüdischer Ärztinnen und Ärzte aufmerksam
gemacht, die zum Zeitpunkt der
Machtergreifung durch die
Nationalsozialisten im Jahr 1933 in München
lebten und arbeiteten.
Am 25. Juli 1938 war die
„Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“
erlassen worden. In dieser war der
Approbationsentzug aller jüdischen Ärztinnen
und Ärzte zum 30. September 1938 und damit
das Ende deren beruflicher Existenz
festgeschrieben worden.
Die Ausstellung stützt sich vorwiegend auf
die von Renate Jäckle zum 50. Jahrestag
vorgelegte Dokumentation „Schicksale
jüdischer und ‚staatsfeindlicher’ Ärztinnen
und Ärzte nach 1933 in München“. Die
Ausstellung wurde gestaltet von Tobias
Wittenborn und steht unter der
Schirmherrschaft von Charlotte Knobloch, der
Präsidentin der Israelitischen
Kultusgemeinde München. Sie kann noch bis
29. August im Foyer der Kassenärztlichen
Vereinigung Bayerns, Elsenheimerstraße 39 in
München besucht werden. Vom 24. September
bis 16. Oktober 2008 wird sie dann im
Kulturzentrum Gasteig, Rosenheimerstraße 5
in München zu sehen sein. Weitere Termine
sind derzeit in Planung.
Den Anstoß zu dieser Ausstellung hat eine
Diskussion im Rahmen einer
Delegiertenversammlung des Ärztlichen Kreis-
und Bezirksverbandes München (ÄKBV) im
Frühjahr diesen Jahres gegeben. Dabei war
die Durchführung und Finanzierung einer
solchen Ausstellung beschlossen worden. „Die
Ärzteschaft hat die Verpflichtung, sich auch
den düstersten Kapiteln ihrer Vergangenheit
zu stellen. Ich hoffe, dass auch viele
ärztliche Kolleginnen und Kollegen die
Möglichkeit nutzen, sich mit dem Thema zu
befassen. Die Ausstellung zeigt, dass
Menschlichkeit und Mitgefühl Werte sind, die
damals wie heute unsere Tätigkeit stets
bestimmen sollten. Mein Dank gilt besonders
dem Ehepaar Ursula und Dr. Hansjörg Ebell,
die mit ihrem Engagement und ihren Ideen
eine solche Ausstellung überhaupt erst
möglich gemacht haben,“ erklärte Dr.
Christoph Emminger, 1. Vorsitzender des ÄKBV.
Auch die Kassenzahnärztliche Vereinigung
Bayerns (KZVB), der Zahnärztliche
Bezirksverband München Stadt und Land sowie
die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)
unterstützen die Ausstellung. Dazu der
Vorstandsvorsitzende der KVB,
Dr. Axel Munte:
„Mich hat der Anlass für diese Ausstellung
sehr bewegt. Gerade dadurch, dass
Einzelschicksale in den Mittelpunkt gestellt
werden, wird Geschichte auch für jüngere
Menschen greifbar gemacht. Das, was 1938
unter dem Deckmantel des Erhalts der so
genannten ‚Volksgesundheit’ geschehen ist,
war schrecklich und ist ein unauslöschbarer
Makel auf den Kitteln der deutschen
Ärzteschaft, die sich dem Druck der
Nationalsozialisten ebenfalls gebeugt hat.
So etwas darf sich nie wiederholen. Deshalb
sind Initiativen wie die Durchführung der
Ausstellung wichtig und werden von uns aus
tiefster Überzeugung mitgetragen.“
Im Gedenken an viele
werden Einzelne exemplarisch porträtiert,
indem sie selbst zu Wort kommen in
Dokumenten, Briefen und Erinnerungen: Dr.
Julius Spanier, der Theresienstadt
überlebte, nach 1945 kommissarischer Leiter
des ÄKBV München war und bis 1955 Chefarzt
des Säuglingskrankenheims in der
Lachnerstraße. Prof. Dr. Erich Benjamin,
Leiter des Kindersanatoriums Zell-Ebenhausen,
Pionier der Heilpädagogik bzw.
Kinderpsychiatrie und -psychotherapie, der
1943 in der Emigration in den USA starb. Dr.
Magdalena Schwarz, die nach Entzug der
Approbation noch als „jüdische
Krankenbehandlerin“ tätig war und überlebte,
weil sie vor der letzten Deportation im
Januar 1945 im Schwabinger Krankenhaus
versteckt wurde. Sie praktizierte bis 1971
in der Mandlstraße. Dr. Max Mohr, bekannter
Dramatiker der Zwanziger Jahre, der 1934
nach Shanghai ins Exil gehen musste, dort
als Arzt praktizierte und 1937 verstarb.
Die Ausstellung „Approbationsentzug 1938“
kann im Foyer der KVB in München von Montag
bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr
sowie an Freitagen von 9.00 Uhr bis 15.00
Uhr besichtigt werden (vom 30. Juli bis 1.
August ist wegen Umbaumaßnahmen kein Besuch
der Ausstellung möglich). Der Eintritt ist
frei. Größere Besuchergruppen werden
gebeten, sich zwei Tage vor dem gewünschten
Termin bei Rosmarie Strobl (KVB) anzumelden.
Sie ist telefonisch unter 0 89 / 5 70 93 -
23 30 bzw. per E-Mail an rosmarie.strobl@kvb.de
erreichbar. Weitere Informationen zu der
Ausstellung stehen im Internet unter
www.jahrestag-approbationsentzug.de zur
Verfügung.
1998
berichteten wir über die Gedenkveranstaltung
zum 60. Jahrestag des
Approbationsentzugs aller jüdischen Ärzte,
Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker:
"Berufsständische Vernichtung der jüdischen
Kollegen"
Jüdische Ärzte zwischen
nationalsozialistischer Verfolgung,
Emigration und Wiedergutmachung:
Zerrissene Biographien
Der Approbationsentzug im Jahre 1938 stellte
eine Zäsur im Leben jüdischer Ärzte dar.
Daneben beeinträchtigten weitere
nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen
das Leben und Wirken jüdischer Mediziner
während des National-sozialismus und die
Nachwirkungen von Flucht und Vertreibung
prägten die Lebenswelt der Verfolgten weit
über das Jahr 1945 hinaus...
Approbationsentzug 1938:
Und keiner hat es
gewusst?
Als Vorsitzender des Jüdischen
Ärzteverbandes Paul Ehrlich vertrete ich
etwa 80 Kolleginnen und Kollegen in ganz
Bayern. Es sind 20 Jahre her, 50 Jahre nach
Approbationsentzug für jüdische Ärzte in
Deutschland, als wir, auf der Suche nach
unseren Wurzeln, diesen Verband zu neuem
Leben erweckten...
Approbationsentzug 1938:
Ein Grund zur Trauer
1990 erschien ein Buch Simon Wiesenthals mit dem Titel: „Jeder
Tag ein Gedenktag“. Wiesenthal hat darin Verbrechen um Verbrechen aufgelistet,
die gegen Juden im Laufe von Jahrhunderten begangen worden sind. So wird jeder
Tag des Jahres zum Gedenktag, an jedem Tag gibt es Grund zur Trauer... |