"being you without self-confidence is person without peace":
Ein Bericht über peacecamp 2007: imagine peace
Reibers/Waldviertel, Juli 2007
[ENGLISH]
Vor und nach peacecamp 2007, welches vom 2. bis 12. Juli
2007 in Reibers im Waldviertel stattfand, waren die TeilnehmerInnen
aufgefordert, vier Fragen zum Thema "imagine peace" zu beantworten. Waren
die Antworten vor dem peacecamp vage und unpersönlich ("Ein Hindernis für
den Frieden sind die Politiker.", "Um Frieden zu realisieren sollte man die
Politiker austauschen."), spiegeln die nach dem peacecamp abgegebenen
Statements ein Gefühl der Eigenverantwortung und die Möglichkeit
persönlicher Einflussnahme wider: "Allein kann man nicht viel verändern,
aber eine Gruppe kann sich für Frieden einsetzen." Oder: "Ich werde den
Menschen, die ich treffe, sagen, dass Vorurteile falsch sind und dass es
nicht unmöglich ist, in Frieden zusammenzuleben."

Das 10-tägige peacecamp bot den Jugendlichen Gelegenheit, im Rahmen
gemeinsamer sportlicher, kreativer und kultureller Aktivitäten Wege der
Kooperation und Möglichkeiten des Dialogs zu finden. Psychoanalytische
Gruppengespräche machten es möglich, Konflikt-Themen zu diskutieren, um
herauszufinden, was sich in der Realität der am peacecamp so konstruktiv
gelebten Diversität entgegenstellt. "Wir sollten uns hier den Frieden
vorstellen, aber wir haben ihn uns nicht vorgestellt, wir haben ihn gelebt."
war der Konsens, zu dem TeilnehmerInnen am Ende ihrer Zusammenkunft kamen:
"We all lived in peace for whole 10 days, so why can't we all live together
in peace?"
Schon die erste Diskussion war schonungslos und heftig: "Wenn ich das Wort
'Palästinenser' höre, denke ich sofort an zerfetzte Autobusse, an
Selbstmordattentate." eröffnete eine jüdisch-israelische Teilnehmerin die
erste Diskussionsrunde. Betroffenheit, Schweigen, Hilflosigkeit und Wut
waren Teil fast aller Gruppendiskussionen. Und dennoch flossen beim Abschied
Tränen, waren doch in den wenigen Tagen zwischen den Jugendlichen aller vier
Gruppen tiefe, prägende Freundschaften entstanden: "Wenn in Israel jemand zu
mir sagt, dass alle Palästinenser Terroristen sind, so werde ich antworten,
dass das nicht stimmt; ich werde erzählen, dass ich mit acht wunderbaren
Palästinensern im einem gemeinsamen Schlafsaal geschlafen und mich mit ihnen
sehr gut verstanden habe."
Eindrucksvoll waren die Übergänge von den konfrontativen Debatten, die viele
der analytischen Gruppengespräche kennzeichneten, zu dem von Freundschaft
und tiefer Verbundenheit geprägten Miteinander während der Kulturabende und
in den Workshops. Ohne diese wären die berührenden Aufführungen an den
beiden letzten Tagen - dem Tag der Offenen Tür in Reibers und dem
festival4peace im Wiener Augarten - nicht zustande gekommen: "We fought in
the discussions but were friends in the bedrooms." L. möchte sich nicht
dafür schuldig fühlen, einen eigenen Staat zu haben, Sh. fühlt sich in ihrer
Existenz bedroht, wenn N. ein von der palästinensischen Flagge umhülltes
Israel als Halsketterl trägt, N. aber kann sich mit dem Magen David auf
israelischen Flagge und der Hatikwa nicht identifizieren und versteht gar
nicht, warum Sh. ihr Halsketterl als Bedrohung empfindet. Das Besondere für
die arabische Gruppe sei die am peacecamp gelebte Gleichheit: "Wir schlafen
im selben Schlafsaal, wir essen das selbe Essen, wir singen die selben
Songs, wir machen die gleichen Aktivitäten." Dass sich die arabischen
TeilnehmerInnen immer wieder für diese Gleichbehandlung bedankten, macht
betroffen und nachdenklich: Man schließt daraus, dass dies für sie nichts
Alltägliches ist.
Was hatte es möglich gemacht, den in den Gruppendebatten begonnenen Streit
nicht in die Schlafsäle mitzunehmen, und in den Workshops so konstruktiv
zusammen zu arbeiten? "We have decided", war die beinahe lakonische Antwort:
"We have decided to discuss things in the safety of the group reunions, and
to stop the fight when we went out of the reunion room." Ob es möglich ist,
einen ungelösten Konflikt einfach so stehen zu lassen, zu beschließen, ab
jetzt zu kooperieren anstatt weiter zu streiten? "Yes, this is what we have
decided. We wanted to imagine peace."
Ein Jugendlicher hob hervor, dass peacecamp eine neue, sichere Realität
darstellte, in der man sich trauen konnte, schwierige Themen zu erörtern,
weil man sich gleich gut behandelt und gleich gut umsorgt fühlte. Ein
Anderer hob die durch die Regeln der Gruppendiskussionen entstandene
Atmosphäre gegenseitigen Respekts hervor, die es möglich machte,
komplizierte und konfliktuelle Dinge anzusprechen, weil man davon ausgehen
konnte, dass der Streit in der Gruppe bleiben und diese nicht zerstören
würde.
Und so konnte B., der eigentlich immer ganz gern provozierte und ernsthaften
Themen mit Späßen und Scherzen die Spitze zu nehmen versuchte, auf die Frage
nach den Hindernissen zum Frieden eine geradezu weise Antwort geben: "The
most obstacle ist the trust. Being you without self-confidence is person
without peace".
Evelyn Böhmer-Laufer
14. Juli 2007
http://peacecamp2007.blogger.de
This was Peacecamp 2007 for me
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