Ein immenser Verlust:
Zum Tod von Ursula Randt Von
Wilfried Weinke, Hamburg Als die
Jüdische Gemeinde in Hamburg im März 2005 das 200jährige Bestehen der Talmud
Tora Realschule feierte, erhielt Ursula Randt von Professor Loewenberg, dem
Vorsitzenden des Vereins ehemaliger Hamburger in Israel als Geschenk die
Broschüre "Jakob Loewenberg. Eine Auswahl aus seinen Schriften".
Diese Schrift, 1937 von seinem Sohn, dem Lehrer Ernst
Loewenberg herausgegeben, galt einem lange Jahre in Hamburg tätigen
Pädagogen. Und eine Pädagogin war auch Ursula Randt. Viel umfassender als es
die Berufsbezeichnung ausdrückt.
Ursula Randt (Photo: Dieter Guderian, Achim,
aufgenommen am 2. März 2006)
Ursula Randt, geb. 1929, arbeitete als
Sonderschullehrerin für Hör- und Sprachbehinderte an der Sprachheilschule in
der Karolinenstraße 35, der ehemaligen Mädchenschule der
Deutsch-Israelitischen Gemeinde. Während eines Schulfestes 1977 begegnete
ihr eine ehemalige Schülerin der Mädchenschule und wies sie auf die
Geschichte des Gebäudes hin. Seitdem -
seit 30 Jahren – widmete sich Ursula Randt der Erforschung und Beschreibung
des jüdischen Schulwesens in Hamburg. Eine ehrenamtlich, freifinanzierte
Arbeit, die sie mit großer Akribie und Ausdauer bewältigte. Dabei nie
vergessend, worauf manche akademische Kollegen meinen verzichten zu können:
Empathie, Teilhabe, Verständnis. Vielleicht war ihr diese mühevolle,
detektivische Arbeit auch deshalb möglich, weil sie das Schicksal von
Verfolgten unmittelbar nachempfinden konnte. Ihrem Vater, dem Dermatologen
Dr. Egon Klebe, wurde wegen seiner jüdischen Herkunft die Approbation
entzogen; er floh 1939 in die USA. Ursula
Randts Forschungen zeitigten unzählige Resultate, allen voran ihre beiden
Bücher "Carolinenstrasse 35" und "Die Talmud Tora Schule in Hamburg".
Uneigennützig arbeitete sie an diversen Ausstellungen zum jüdischen
Schulwesen in Hamburg mit. Daß in der einstigen jüdischen Mädchenschule
heute eine Gedenk- und Bildungsstätte eingerichtet wurde, ist ganz
wesentlich ein Verdienst von Ursula Randt. Jeder, der mit ihr an Buch oder
Ausstellung zusammengearbeitet hat, wird von ihrer charmanten Hartnäckigkeit
berichten können, mit der sie die Erinnerung an ehemalige jüdische Schüler
und Schülerinnen, Lehrerinnen und Lehrer wachgehalten hat.
Im April 1989 wurde Ursula Randt vom Fachbereich
Erziehungswissenschaften der Universität Hamburg die Ehrendoktorwürde
verliehen. Der "Verein für Hamburgische Geschichte" ehrte sie für ihre
außerordentlichen Verdienste um die Erforschung der jüdischen
Schulgeschichte Hamburgs noch kurz vor ihrem Tode mit der Verleihung der
Lappenberg-Medaille. Ursula Randt starb am
20.5.2007. Ein immenser Verlust auch für all diejenigen, die sich der
jüdischen Geschichte Hamburgs verpflichtet fühlen.
Jüdische Schulen am Grindel:
Die
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