Sacha Stawski /
Honestly Concerned e.V.:
Stellungnahme zu der "alarmistischen Rhetorik" von Arne
Behrensen
In dem
Text
"Jenseits von
alarmistischer Rhetorik: Was tun in Deutschland gegen die iranische
Atombombe?!" von Arne Behrensen sind einige faktische Fehler enthalten,
die wir bitten zur Kenntnis zu nehmen.
Tatsächlich
nahmen
ca. 2.000 Demonstranten an der Januar-Demonstration - Juden,
Christen, Muslime und Atheisten - unter Ihnen u.a. Deutsche, Schweizer,
Österreicher, Amerikaner, Staatenlose und Iraner, teil.
Gleichwohl
hat Behrensen recht, nicht den katastrophalen Regensturm von diesem
Januar-Tag für die, in Relation zu der vom derzeitigen Iranischen Regime
ausgehenden Gefahr, geringe Teilnahme, verantwortlich zu machen. Anstatt
jedoch die Arbeit der Organisatoren unsachlich abzutun, hätte Behrensen
besser daran getan sich in seinem Kommentar darauf zu konzentrieren, warum
er, als erfahrener "Mitbegründer des Berliner Bündnis gegen den
internationalen Al Quds-Tag", trotz frühzeitiger Kontaktaufnahme der
Organisatoren, sich nicht als produktiver Ratgeber zu Verfügung gestellt
hatte.
Genauso ist
es mehr als unsachlich von "vorwiegend christlich-fundamentalistischen und
antideutsch-linksradikalen Bündnispartnern" zu sprechen, wenn die
Demonstration von über
100 namhaften Organisationen
und vielen bekannten Persönlichkeiten, inkl. Repräsentanten der Wichtigsten
Iranischen Exilorganisationen unterstützt wurde. Ähnlich unwahr sind die
Anspielungen auf die
Hintergründe der Veranstalter, von denen keiner den von Behrensen
genannten Spektren entstammt oder sich nahe fühlt. Genauso ist es mehr als
unwahrscheinlich, daß sich andere Bündnispartner, wie z.B. die 31 Autoren
des von Sacha Stawski mitherausgegebenen Buches "Neu-alter
Judenhass: Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische
Politik" den genannten Spektren zuordnen lassen, etc.
Für das
Zustandekommen eines breiten Bündnis' sind sicherlich viele Faktoren wichtig
und es ist unumstritten, daß je breiter ein Bündnis wird, der gemeinsame
Nenner immer schwerer zu erkennen ist, doch sollte man als engagierter
"Bündnisgründer" und "Israelfreund" NIEMALS in eine Situation kommen, in der
die Anerkennung Israels in Frage gestellt wird, die Einhaltung der
bisherigen Israelisch-Palästinensischen Abkommen und ein Ende des Terrors
als Grundprinzipien fallen gelassen werden. Es ist mehr als bedauernswert,
daß gerade Behrensen aber zu Letzteren zählt....
Fazit: Es
wäre mehr als wünschenswert, daß es die wenigen wahren Freunde Israels in
Deutschland tatsächlich schaffen sich auf Ihre Gemeinsamkeiten zu besinnen -
nicht um die "Massen" zu mobilisieren, aber zumindest um nach Außen hin
immer noch als "Gegenstimme" wahrgenommen zu werden. Wir können unseren
"Freunden" keinen größeren Gefallen tun, als uns gegenseitig öffentlich
anzugreifen oder zu diffamieren...
http://www.honestlyconcerned.info/
Erwiderung zu der
"alarmistischen Rhetorik" von Arne Behrensen von Thomas Schreiber, Leser von
Honestly Concerned e.V.
Am 9. des
Monats Av gedenken die Juden drei Katastrophen. Die Zerstörung ihres ersten
und des zweiten Tempels sowie die Vertreibung aus Spanien 1492.
Was sich im
Jahr 70 abspielte, als die Römer Jerusalem mitsamt dem Herodianischen Tempel
dem Erdboden gleichmachten und die Juden in alle Welt verstreuten, wird
traditionell nicht etwa einer "Gottesstrafe" oder einer Vorhersehung jenes
Jesus von Nazareth zugeschrieben, auf den sich fundamentalistische Christen
so gerne berufen, wenn sie aus dem Kontext gerissenen Bibelversen eine
welthistorische Dimension beimessen. Bei den Juden wird ein ganz anderer
Grund für die dramatische und folgenreiche Niederlage gegen die Römer
angegeben: innerer Zwist.
Die
schwarzen Propheten in Israel heute sind so sehr mit sich selber und ihrer
Innenpolitik beschäftigt, dass sie die von Arafat verkündete demographische
Bombe der "palästinensischen Gebärmutter", den Schlagabtausch mit den
ungeliebten palästinensischen Nachbarn oder sogar die Gefahr einer
iranischen Atombombe für weniger gefährlich halten als den Zustand der
eigenen Führungsspitze. Nicht die Auswanderung, die "Der Spiegel" jährlich
im Sommerloch zum Anlass nimmt, bald über den letzten Israeli zu berichten,
der bitteschön das Licht ausschalten möge, besorgt die Israelis. Es sind
vielmehr die Korruptionsaffairen und polizeilichen Untersuchungen gegen:
Katzav, Olmert, Olmerts Bürochefin, den Finanzminister, diesen und jenen
Abgeordneten, besoffene Minister, Schmiergeld zahlende Abgeordnet(Inn)en,
Direktoren der Steuerbehörde, des Beauftragten für Korruption und und und.
Von Außen
gesehen stimmt die Polemik von Arne Behrensen eigentlich nur traurig. In
Israel verliert man leicht den Überblick, wer gerade vor irgendwelchen
Polizeikommissionen, Untersuchungskommissionen und sonstigen Kommissionen
zum Verhör vorgeladen wird. Da tut man sich auch schwer, die Intitiativen
für und gegen, die Bündnisse, Verbände und sonstigen Gruppen vs dies oder
das in Deutschland zu verfolgen.
Klar ist nur, dass weder Honestly Concerned noch Hagalil oder das "Berliner
Bündnis gegen den internationalen Al-Quds-Tag" die Fähigkeit haben, mit
ihren jeweils "paar hundert Demonstranten" bis ins Herz der deutschen
Gesellschaft vorzudringen. Die großen Parteien nehmen sie kaum wahr und an
den Stammtischen dürfte über sie hergezogen werden, weil sie für die Juden
sind, für Israel, gegen die Palästinenser, gegen Arbeitsplätze und für hohe
Ölpreise (Sanktionen gegen Iran).
Wir wollen mal ganz, ganz vorsichtig vermuten, dass sich die meisten
Deutschen weder für Israel noch für die Palästinenser interessieren. Der in
Deutschland grassierende Pazifismus erzeugt jegliche Abscheu gegen Gewalt
(außer gegen die eigene Frau und Kinder, gegen die türkischen Nachbarn oder
gegen "Neger"). Die Medien präsentieren internationale Gewalt so, dass
Israel und Amerika an Allem schuld sind, während man die Gewalt der
Palästinenser "versteht" und die Gewalt in Darfur, im Kosovo, oder in Bagdad
entweder nicht wahrnimmt, oder nicht versteht oder Menschen zuschreibt, die
halt nicht zu unserem kultivierten hohen Stand gewaltfreier Zivilisation
zugeschrieben werden und deshalb von keiner gehobenen Bedeutung sind.
Behrensen stellt zurecht den Populismus des rechtsgerichteten israelischen
Oppositionschefs in Frage (der sich freilich innerisraelisch profilieren
will) indem er einen linken Oppositionär zitiert, der sich übrigens genauso
profilieren will. Behrensen kennt offensichtlich Israel nicht, wenn er auf
populistische Sprüche eines Netanjahu oder Wilan zurückgreift, anstatt erst
einmal zu prüfen, was eigentlich der israelische Mainstream oder die
amtierende Regierung sagt: Zu dem Thema Iran und Atombombe nämlich aus guten
Gründen gar nichts. Das offizielle Israel schweigt, weil längst die
Amerikaner und Europäer und die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats und die
sunnitisch-arabischen Staaten kapiert haben, dass ihnen genauso ultimative
Gefahr droht wie Israel. Wieso sollte das offizielle Israel das Maul
aufreißen und die Bemühungen der Anderen stören. Dass unverantwortliche
linke wie rechte Lokalpolitiker das nicht kapieren und glauben, mit dummen
Sprüchen ein paar Wählerstimmen angeln zu können, ist schlimm genug und
keines ernsthaften Kommentars a la Behrensen wert.
Die von Behrensen attackierten Gruppierungen, der Zentralrat, Honestly, Ili
und andere scheinen von außen betrachtet eigentlich alle das gleiche Ziel zu
befolgen. Alle haben zurecht (oder auch nicht) Angst vor einer iranischen
Atombombe und alle machen sich zurecht (oder auch nicht) Sorgen um die
physische Existenz des jüdischen Staates. Von Außen betrachtet reiben sich
diese winzigen und (leider) nicht sehr einflussreichen Gruppierungen
gegenseitig auf, weil sich ihre Geister an dem richtigen Weg scheiden, wie
am wirkungsvollsten gegen Irans atomare Bestrebungen vorgegangen werden
sollte.
Für Behrensen, der sich wohl eher für die anständigen und gemäßigten
Menschen im Iran einsetzt, ist es kontraproduktiv, wenn Honestly und Ili die
Gefahr für Israel in den Vordergrund stellen. Der Zentralrat scheint eine
weitere "Entwertung" des Holocaust zu befürchten, wenn jemand Ahmadinidschad
mit Hitler gleichsetzt, zumal Iran doch im Augenblick seine 23.000 Seelen
zählende jüdische Gemeinde hegt und pflegt und die Atombombe noch in drei
bis zehn Jahren Entfernung liege. Offenbar, und vielleicht zurecht, glaubt
jedes Grüppchen, den richtigen Weg zum Erfolg gepachtet zu haben: Honestly,
Ili, der Zentralrat und das Berliner Bündnis.
Es ist doch klar, dass es bei so vielen "exzentrischen" Aktivisten
unterschiedliche Temperamente und Vorgehensweisen gibt. Wenn Behrensen zum
Beispiel überzeugt ist, dass der Ahmadinidschad plötzlich dem Mord an 6
Millionen Juden während des Holocaust glauben schenken wird, sowie
Palästinenser und Israelis sich über eine Grenzziehung bei Tulkarem und
Kalkilja geeinigt haben und ein paar Israels von Tekoa oder Schiloh nach
Maaleh Michmasch oder Beth Schemesch umgezogen sind, möge er damit glücklich
werden. Falls Behrensen diese Namen noch nie gehört hat, kann man davon
ausgehen, dass auch Herr Ahmadinidschad sie nicht kennt und deshalb auch so
schnell nicht seine Weltanschauung auf den Kopf stellen dürfte. Selbst
intelligente Europäer mit Universitätsbildung, etwa ein David Irving oder
der Anwalt Horst Mahler lassen ihre Ansichten durch keine Fakten stören.
Im Nahen Osten weiß man sehr wohl, dass es sich hier nicht allein um einen
Konflikt zwischen "Zionisten vs unterdrückte Moslems" handelt. Behrensen
redet von einer "Propagandafalle", wenn sich Juden oder Israelis für den
Bestand ihres jüdischen Staates (sprich "Zionismus") einsetzen, weil das
doch nur ein paar iranische Monarchisten und "wenige Einzelpersonen"
akzeptieren könnten.
Böswillig kann man in Behrensens Polemik hineinlesen, dass doch bitteschön
die Juden/Israelis/Zionisten nicht auf ihrem Exitenzrecht bestehen mögen,
weil das kontraproduktiv sei. Wie wäre der Vorschlag, Israel und die Juden
(mitsamt den Zionisten) abzuschaffen? Dann wäre nämlich Iran der Grund für
sein Atomprogramm genommen, die Palästinenser wären auch glücklich und die
Welt wäre befreit von jenem Staat, der laut Umfragen "die größte Gefahr für
den Weltfrieden" bedeutet.
Uns ist klar, dass Behrensen (ohne böswillig zu sein), Honestly, Ili und der
Zentralrat letztlich das gleiche Ziel anstreben. Wäre es vielleicht möglich,
die gehässigen Polemiken, wenn überhaupt, privat per Email auszutauschen und
nicht an die große öffentliche Glocke zu hängen? Jene, die auf Zwist unter
den lächerlich kleinen aber sehr intensiven Gruppen gegen ein atomares Iran
nur warten und sich schon die Hände reiben, wenn die "Juden" mal wieder
zerstritten sind (Streit unter Nichtjuden ist für die Medien längst nicht so
"sexy" wie Streit innerhalb der jüdischen Gemeinden. Niemand berichtet über
die Machtkämpfe unter den Popen in Hintertupfingen, aber jeder Streit
zwischen Galinsky, Bubis, Spiegel, Nehama, Brenner, Kramer, Friedmann,
Broder oder Knobloch wird sofort deutschlandweit von allen Agenturen und
Zeitungen breitgetreten, als wären die Juden in Deutschland eine
beachtenswerte Supermacht, gewiss mächtiger als die Bundeskanzlerin Merkel
oder die Supermacht Amerika unter George W. Bush). Dabei spielt es gar keine
Rolle, ob die Betreiber der genannten Bürgerinitiativen selber Juden sind,
Exzentriker, fromme Christen oder gewandelte 68ziger.
Mein kleiner bescheidener Ratschlag aus dem zerstrittenen Israel, dem
katastrophalen Nahen Osten und dem kriegerischen Orient: Streitet Euch nicht
und vereinigt Euch doch bitte bei dem gemeinsamen Ziel, auch wenn jeder
einen etwas anderen Weg zur Seligkeit einschlägt. Die entsprechenden Verse
dazu möge jeder entsprechend seiner Weltanschauung dem alten oder neuen
Testament entnehmen, dem kommunistischen Manifest des jüdischen Karl Marx
oder der pazifistischen Sprüche des Papstes Ratzinger, der katholischen oder
protestantischen Bischöfe.
[Zur
Diskussion im Forum]
Jenseits von alarmistischer Rhetorik:
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