Der Konflikt in Darfur:
Ausplünderung, Vertreibung, Völkermord
"Dürfen wir genauso
ignorant gegenüber Genoziden an anderen Völkern sein, wie eben damals die
anderen, als es uns bzw. unseren Eltern, Groß- und Urgroßeltern an den
Kragen ging?" lautete eine Frage zum diesjährigen Jom Kipur. Worum geht
es?
Der aktuelle Konflikt in Darfur bezeichnet die seit 2003
andauernde bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den in Darfur im
West-Sudan (siehe Karte) ansässigen
afrikanischen Stämmen und der Zentralregierung in Khartum.
Das unabhängige Sultanat Darfur wurde 1916 in den Sudan
eingebunden. Aufgrund der knappen Ressourcen gab es zwischen den sesshaften
schwarzafrikanischen Völkern (Fur, Masalit, Zaghawa) und den arabischen
Nomaden immer Konfliktpotential.
Durch zunehmende Ausbreitung der Wüste und lange
Trockenperioden wurden sowohl Weideland als auch Wasser knapp, wodurch sich
der Konflikt verschärfte. In den 1980ern wurden von der sudanesischen
Regierung arabischstämmige Milizen mit Waffen versorgt, um Aufständische im
Südsudan zu bekämpfen. Auch waren damals bereits Bestrebungen für eine
Zwangsarabisierung Darfurs erkennbar.
Die Interessen der Region wurden im gesamtsudanesischen Friedensprozess
nicht berücksichtigt. Dies verstärkte bei vielen Fur, Masalit und Zaghawa
den Eindruck, dass die Region politisch wie wirtschaftlich an den Rand
gedrängt werde.
Um ein Ende der Bevormundung durchzusetzen, bildeten sich im Februar 2003
die zwei Rebellenorganisationen Sudan Liberation Army (SLA, Sudanesische
Befreiungsarmee) und Justice and Equality Movement (JEM, Bewegung für
Gerechtigkeit und Gleichheit) und begannen den Kampf gegen die Regierung in
Khartum und deren Vernachlässigung der Region. Die Fur fordern Teilhabe an
der politischen Macht und Mitbestimmung bei der Mittelverteilung.
Die Zentralregierung brachte erneut massive militärische Macht, insbesondere
arabische Reiter-Milizen, die Janjawid, zum Einsatz.
Die Sudanesische Befreiungsarmee wird von Eritrea sowie den
USA unterstützt. Sie wird jedoch seit 2005 durch innere Streitigkeiten zwischen
einzelnen Fraktionen geschwächt, die sogar mit militärischen Mitteln ausgetragen
werden.
Die regierungsnahen Janjawid (Dschandschawid) errangen bald
die Oberhand in der Region. Bald wurde über Menschenrechtsverletzungen an der
afrikanischen Zivilbevölkerung: Massenexekutionen, Vergewaltigungen,
Vertreibungen, Zerstörung von Dörfern und Brunnen, berichtet. Die Reiter-Milizen
gingen mit einer Konsequenz vor, die den Vorwurf der ethnischen Säuberung bis
hin zum Völkermord laut werden ließ.
Bis zum Sommer 2004 waren schätzungsweise 30.000 bis 50.000 Menschen getötet
worden, und mehr als eine Million, hauptsächlich Nicht-Araber, waren auf der
Flucht, teilweise auch in den benachbarten Tschad. Am 8. April 2004 wurde
zwischen der Regierung und den Rebellen ein Waffenstillstand geschlossen, und
die Kämpfe weitgehend eingestellt. Die Attacken der Dschandschawid gegen die
Zivilbevölkerung gehen jedoch unvermindert weiter. Dabei dringen sie inzwischen
auch in das Gebiet des Tschad vor und töten auch tschadische Zivilisten.
Die UNO zeigte sich im August 2006 besorgt über die ernste Lage in der Region.
Insbesondere drohe die Gefahr, dass die Krise
im Schatten des Libanonkrieges aus dem
Blick der Welt gerate. Im Oktober 2006 gibt die Sudan Tribune die Zahl von
200.000 Toten – durch Gewalt und Hunger – und 2 Mio. Vertriebenen an.
Karte:

Darfur (eigentlich Dar Fur, von arabisch: دار فور, "Land der Fur") ist eine
Region im Westen des Sudan und umfasst die Bundesstaaten Gharb Darfur
(West-Darfur), Schamal Darfur (Nord-Darfur) und Dschanub Darfur (Süd-Darfur).
Das Gebiet hat eine Fläche von 510.000 km² (d.h. ca. das Anderthalbfache der
Größe Deutschlands) und eine Bevölkerung von etwa 5 Millionen Menschen. Darfur
ist v.a. eine trockene Hochebene mit dem Marra-Gebirge, einer Bergkette
vulkanischen Ursprungs mit bis 3088 m Höhe.
Ein Weckruf von Josef Reich:
Werdet
human!
Schaut in den Spiegel und seid gewiss, dass uns Gott den
Arsch versohlen wird, wenn wir die Menschen in Darfur nicht schützen, sondern
weiter wegschauen...
Die falschen Verbrecher:
Arabische Reaktionen auf den Konflikt in Darfur
Die Idee von Amnesty International klang bestechend: Kurze Zeit
nachdem die Organisation die USA und den "War on Terror" als Hauptursache der
desolaten weltweiten Menschenrechtslage identifiziert hatte, sollte in Beirut,
sozusagen im Herzen Arabiens, die Studie "Vergewaltigung als Waffe" über Darfur
im Sudan vorgestellt werden...
Darfur:
Blinde
Solidarität
Die Reaktion der Arabische Liga auf die Massenmorde sudanesischer
Milizen in Darfur ist von ideologischer Starrheit geprägt. Nur vereinzelt regt
sich Widerstand gegen die vorherrschende Suche nach den Ursachen...
Rabbiner Yuval Shalo:
"Wieder schweigt die Welt – und wir auch"
Mit unserem Schweigen gegenüber dem Massaker in Darfur verlieren wir das
moralische Recht, im Namen des Holocaust gegen die Gleichgültigkeit der
Menschheit zu protestieren...
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04.06 NZZ Online: Kein Ende der Gesetzlosigkeit in Darfur
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04.06 Sudan Tribune: UN urges SLA to halt attacks on aid
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