Interessante Connections:
Reise nach Beirut
Ein schwarzer
Antisemit, ein ex-linker Verschwörungstheoretiker und ein neofaschistischer
Journalist auf gemeinsamer Erlebnistour
Von Bernard Schmid, Paris
Man nehme: Erstens, einen selbsternannten
"Schwarzenführer", der unter den Schwarzen seines Landes höchst umstritten,
vor allem aber als unstreitiger Antisemit hervorgetreten ist. Zweitens,
einen Verschwörungstheoretiker, den man (und der sich selbst) lange Jahre
hindurch für einen Linken hielt, aber nach dem 11. September 2001 in ein äuberst
seltsames Fahrwasser geraten sah. Und der seither unverkennbare Anleihen bei
rechtsextremen Verschwörungsideologen getätigt hat. Drittens, einen
selbsternannten "Kulturkritiker" und Provokateur, der bereits durch rabiate
antisemitische Ausfälle auf sich aufmerksam gemacht hat. Viertens, einen
Journalisten einer mittelgroben
rechtsextremen Wochenzeitung, dessen Status den anderen Mitreisenden – allem
Anschein nach – wohl bekannt ist.
Man füge noch zwei oder drei weitere
Personen hinzu. Nun schüttele man ideologisch einmal gut durch, rühre ein
bisschen im entstehenden trüben Brei um, und schicke die ganze erquicklicke
Truppe auf Reisen. Zum Beispiel nach Beirut, unmittelbar nach dem jüngsten
Krieg dort, wo die drei Prominenten der Truppe mit diversen
Gesprächspartnern zusammentreffen können. Man kann sich denken, dass das
eine brisante Mischung ergibt... Ähnliches ist aber jüngst real passiert,
wie der rechtsextremen französischen Wochenzeitung 'Minute' zu
entnehmen ist.
Allgemeiner Vorspann
In Kriegszeiten und während zugespitzter
militärisch-politischer Konflikte kommt es mitunter zu Annäherungen über
bisherige politischen Grenzen hinweg. Dieses Phänomen lässt sich ganz
allgemein beobachten. Da man sich in einer neuen binären Opposition für den
Freund, gegen den (jeweiligen) Feind positionieren muss und dieser Zwang,
dieser Druck auf unterschiedlichsten politischen Lagern lastet, sortiert
sich die politische Landschaft oftmals neu. In angegriffenen Ländern etwa
ist dies normal, wenn (ein Teil der) Linke(e) und Rechte(n) jeweils ihr Land
gegen den Aggressor verteidigen wollen. Quer zu den bisherigen politischen
Fronten entsteht dort eine neue Konfliktlinie, nämlich die gegenüber den
"Kollaborateuren", die mit dem Aggressor zusammen arbeiten möchten. Aber
auch in angreifenden Staaten gibt es oft neuartige Bündnisse, im Namen der
"Burgfriedenspolitik" (wie man das in Deutschland 1914 nannte) gegen die
jeweiligen "Feinde der Nation". Soweit ein vielleicht nicht gut zu heibendes,
aber "normales" politisches Phänomen in Zeiten zugespitzer
Freund-Feind-Polarisierung.
Aber nicht nur in den unmittelbar am Krieg
beteiligten oder von ihm betroffenen Ländern bringen militärische Konflikte
solche Verschiebungen mit sich. Politisch-ideologische Kräfte anderswo, die
von auberhalb
des Kriegsschauplatzes diesen Konflikt wahrnehmen und ihn in ihr
Bezugssystem einbauen (indem sie sich z. Bsp. zugunsten der einen oder
anderen Seite positionieren), geraten in Kriegszeiten oft in Bewegung. Um
nur ein Bespiel zu nehmen: Die Debatte während des Vietnamkriegs der USA
(1964 bis 1975) um die Kriegsführung und die dortigen Massakern löste auch
in Ländern, die nicht unmittelbar am Krieg teilnahmen, politische
Mobilisierungen und Umgruppierungen von politischen Lagern aus.
Und dann gibt es noch die Funktion von
Kriegen als weltanschauliche Projektionsflächen, auf denen politisch Irre
ihren (psychologischen, ideologischen....) Bedürfnissen freien Raum geben.
Teilweise, wenn auch nie vollständig, losgelöst von der Realität des
Konfliktgeschehens projizieren solche Leute eifrig das an die Wand, was sie
"in dem Krieg" oder hinter ihm gerne sehen möchten: Die Guten und die Bösen
nach eigener Vorstellung klar verteilt ; den aktuellen Konflikt als
originalgetreues Remake dieser oder jener historischen Kriegskonstellation ;
diese oder jene internationale Verschwörung als "Erklärung" des Konflikts.
Und mitunter finden in solchen Momenten auch politisch Verrückte zueinander,
die sich bis dahin eher fern standen und unterschiedlichen Lagern
anzugehören schienen. Gemeinsame "mentale Dispositionen", wenn man es so
ausdrücken darf, machen es möglich.
Der
besondere Fall
Mit einem solchen Fall haben wir es hier zu
tun. Kriege, an denen der Staat Israel beteiligt ist, ziehen solcherlei
Figuren offenkundig an wie das Licht die Motten. Allem Anschein nach eignen
diese Konflikte sich ganz besonders gut, um vor dem Hintergrund der
jeweiligen eigenen Geschichte (oder Nationalgeschichte) muntere Projektionen
vorzunehmen. Letzteres gilt übrigens für Antisemiten wie Philosemiten in
ähnlichen Ausmaben:
Die Einen wollen sich darin bestätigt fühlen, dass die Juden als solche (wie
immer) die Bösen seien, und die Anderen wollen endlich mal hören, dass sie
jetzt auch welthistorisch zu den Guten gehören, weil sie auf der Seite der
Juden als solchen stehen.
Besonders brisant wird es dann, wenn sich
das spezielle Wahrnehmungsmuster der Antisemiten noch mit
verschwörungstheoretisch grundierten Interpretationsrastern zur
internationalen Ordnung (und zur Rolle der USA darin) mischt. Dann ist in
manchen Köpfen der Rückschluss bzw. Kurzschluss zur guten alten "jüdischen
Weltverschwörung" nicht mehr sehr weit. Um kein Missverständnis aufkommen zu
lassen: Wer die israelische Regierung oder Kriegsführung kritisiert (auch
der Autor dieser Zeilen tat es im Juli und August dieses Jahres, und lehnte
das militärische Vorgehen im Libanon ab), wird dadurch noch kein Antisemit.
Aber wer bereits vorher Antisemit war oder antisemitischen Mustern folgend
dachte, kann deshalb die israelische Politik ablehnen bzw.
argumentativ als Vorwand für die Verbreitung seines ideologischen Gifts
benutzen.
Die Besonderheit des Falles liegt hier
darin, dass mehrere der Beteiligten früher einmal einen langjährigen Ruf als
Linke, Antirassisten, Antifaschisten, Universalisten genossen. Dieser Ruf
ist zwar bereits rettungslos ruiniert, was die beiden prominentesten
Teilnehmer der Reisetruppe betrifft, die uns hier interessiert. Aber der
Werdegang und das aktuelle Treiben der Protagonisten dürfte – vor diesem
Hintergrund – dennoch in gröberen
Teilen der (französischen und internationalen) Öffentlichkeit nach wie vor
für Verwirrung sorgen.
Nun aber sollten wir den Schleier über den
Protagonisten endlich lüften.
"Unsere" Reisetruppe
Die rechtsextreme Wochenzeitung 'Minute'
enthüllt in ihrer Ausgabe vom 13. September, auf drei vollen Zeitungsseiten,
dass eine (bis dahin) einigermaben
erstaunlich erscheinende Gurkentruppe am 27. August dieses Jahres von
Paris-Orly auf aus Reisen ging.
Daran waren beteiligt:
-
(A :)
Dieudonné M'bala M'bala,
der frühere Antirassist und jetzige unzweideutige Antisemit, den man in
diesem Medium fast nicht mehr vorstellen muss. (Vgl. insbesondere
http://www.hagalil.com/archiv/2006/05/frankreich-5.htm,
vor allem die untere Seitenhälfte, Anmerkung 1). Dieudonné, der allgemein
unter seinem Vor- und Künstlernamen bekannt ist, wirkt als (nicht immer
komischer) Komiker, ist Eigentümer eines eigenen Theaters im 11. Pariser
Bezirk und schwingt sich gern zum angeblichen Sprecher der französischen
Schwarzen auf, was bei vielen von ihnen aber absolut nicht akzeptiert wird.
Er ist Sohn eines aus Kamerun stammenden Vaters und einer bretonischen
Mutter. Der selbsternannte "Präsidentschaftskandidat 2007" der Armen,
Unterdrückten und Diskriminierten – soweit seine Selbstsicht – brachte auch
seinen "Wahlkampfleiter" Marc Robert im Gepäck mit. Sehr wahrscheinlich
dürfte Dieudonné die 500 Unterstützungsunterschriften von Mandatsträgern der
Republik (von Bürgermeistern bis Abgeordneten) nicht erhalten, die
erforderlich sind, um zur Präsidentschaftswahl im April kommenden Jahres
kandidieren zu können. Bis dahin, d.h. bis zum Abgabeschluss für die
Unterschriften 5 Wochen vor der Wahl, dürfte der Mann aber noch gehörig
Staub aufzuwirbeln versuchen. Nachteil für ihn: Die französischen Medien
scheinen inzwischen die Nichtwahrnehmung gegenüber der Aufmerksamkeit für
seine Umtriebe vorzuziehen.
-
(B :)
Thierry Meyssan, der
frühere Linke und (Möchtegern-) federführende Antifajournalist. Noch bis im
Jahr 2000 spielte Meyssan tatsächlich eine nicht unwesentliche Rolle als
Publizist und Autor, der Informationen über die extreme Rechte
veröffentlichte. Material von Meyssan ging etwa in die Unterlagen des
parlamentarischen Untersuchungsberichts über den damaligen paramilitärischen
Ordnerdienst des französischen Front National (den DPS) von 1999 mit ein.
Auch der Autor dieser Zeilen sab
mit Meyssan im Jahr 2000 bei einer Veranstaltung im Raum Paris, auf der es
um die Bekämpfung der extremen Rechten (nach dem Einzug der österreichischen
FPÖ in die dortige Regierung) ging, zufällig auf einem Podium. Meyssan
definierte sich damals noch klar als Antifaschist, zeichnete aber sich
insofern durch ein seltsames Herangehen aus, als er seit längerem eine
Vorliebe für konservative Hinterzimmer-Connections und Komplotte (nach dem
Muster des teilweise von Rechtsextremen durchsetzten Para-Nachrichtendiensts
"Gladio") hatte. Insofern kann man sagen, dass eine
verschwörungstheoretische Sichtweise, die nicht auf gesamtgesellschaftliche
Kräfteverschiebungen und wirkungsmächtige Ideologien, sondern vor allem
anderen auf im Geheimen wirkende Zirkel abstellte, schon damals bei ihm
angelegt war.
Meyssan animiert (noch immer) einen
Publikationsdienst namens "Résau Voltaire" - Netzwerk Voltaire, benannt nach
dem französischen Aufklärungsphilosophen –, und kam vor Jahren in
Führungspositionen beim "Parti Radical de Gauche". Dass er dort als eine Art
Parteisekretär amtierte, hat freilich nur geringe Bedeutung, denn diese
"Radikale Partei der Linken" (eine linksliberale Partei, die aus dem linken
Flügel der "Radikalen" des späten 19. Jahrhunderts hervorging – das waren
damals die antiklerikalen Liberalen) ist heute nur noch ein kümmerlicher
Rest ihrer selbst. Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts handelte
es sich um eine Zwanzig-Prozent-Partei, die an fast allen Regierungen
beteiligt war, heute blieb davon noch eine Zwei-Prozent-Partei übrig.
Deshalb konnten und können dort alle möglichen Karrieristen unterkommen,
oder aber politische Persönlichkeiten, die anderswo nur geringe Chancen auf
Gehör hätten. Die "Radikale Partei der Linken" stellte etwa 2002 die erste
schwarze Frau als französische Präsidentschaftskandidatin auf (Christiane
Taubira), eine ziemlich patente Frau, die allen Respekt verdient, aber
ansonsten anderswo kaum politische Chancen auf eine Kandidatur gehabt hätte.
Und auch schräge Figuren wie Meyssan konnten dort eben in Ämter kommen,
womit sie in gewisser Weise die Konkursmasse der einstmals
bedeutungsvollen Partei billig übernahmen.
Seit dem 11. September 2001 ist Thierry Meyssan in ein höchst fragwürdiges
Fahrwasser hinein geschwommen. In zwei Büchern versuchte er nachzuweisen,
dass es nie ein Attentat (von Al-Qaïda) auf die beiden Türme in New York und
auf das Pentagon gegeben habe, sondern dass alles durch die
US-amerikanischen Dienste fingiert worden sei. In das Pentagon sei eine
Rakete aus der Nähe abgefeuert worden (statt eine Boeing hineingesteuert
worden), und das World Trade Center sei durch die Explosion einer im Inneren
angebrachten Bombe zum Einsturz gebracht worden. Wo die mehreren hundert
Passagiere der am frühen Vormittag des 11. September entführten
Linienflugzeuge geblieben sind, ob sie etwa auf einer unterirdischen Basis
festgehalten werden oder aber auf einer geheimen Mission auf dem Planeten
Mars unterwegs sind, vermochte Thierry Meyssan aber bisher noch nicht
herauszufinden. Dieser Unfug ist umso unglaublicher, als der Buchautor
Meyssan einerseits die CIA für raffiniert genug hält, ein solches
gigantisches Komplott einzufädeln – aber andererseits für dumm genug, sich
von einem Autor ohne jeglichen Investitionsaufwand aus der Ferne ertappen zu
lassen. Denn Thierry Meyssan ist nie zu Untersuchungen vor Ort in die USA
gereist: Er behauptet, allein durch Untersuchungsarbeit an den durch
US-Behörden selbst veröffentlichten Bildern am Bildschirm zu Hause fündig
geworden zu sein bzw. das Komplott durchschaut zu haben. Zwar spielten und
spielen Meyssans verrückte "Enthüllungen" etwa in der Antikriegsbewegung in
Frankreich, anlässlich der Feldzüge in Afghanistan 2001 und im Iraq 2003,
keinerlei Rolle. Meyssans Spinnereien können auch nicht zu politischer
Aufklärung (im Sinne des Anregens zu selbständigem Denken) und politischer
Aktivität beitragen. Sondern sie rufen eine Mischung aus Ohnmachtsgefühl
("Die da oben legen uns doch herein, wie immer sie wollen, da sieht man's
mal wieder anhand dieses gigantischen Komplotts"), Ressentiment und einem
wohligen Schauer, der dem Betrachter über den Rücken läuft, hervor.
In der französischen Linken war Meyssan mit seinen beiden irren Büchern
("L'effroyable imposture", Der furchtbare Schwindel, und "Le Pentagate",
beide 2002 in Frankreich erschienen) abgemeldet. Aber in arabischen Ländern
beispielsweise, wo Komplotttheorien sich in relativ breiten Kreisen hoher
Beliebtheit erfreuen, kam Meyssan gut an: Schon im April 2002, kurz nach
Erscheinen von "L'effroyable imposture", wurde er zu einer Konferenz in die
Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen. Und die französische Auflage
seines Buches, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, erreichte alsbald
100.000 Exemplare. (Vgl. dazu die Besprechungen der beiden Bücher vom Autor
dieser Zeilen :
http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2002/16/26a.htm
und
http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2002/38/23b.htm)
Am brisantesten
aber sind die Anleihen, die Thierry Meyssan beim Abfassen seiner beiden
Bücher offenkundig bei anderen Autoren getätigt hatte. In einem Gegenbuch,
das ebenfalls im Jahr 2002 von zwei französischen Journalisten mit
Spezialisierung auf Nachrichtendienste ("L'effroyable mensonge", Die
schreckliche Lüge, von Guillaume Dasquié und Jean Guisnel) veröffentlicht
wurde, wird Meyssan etwa nachgewiesen, dass er in der Phase unmittelbar nach
dem 11. September bei einem rechtsradikalen Ideologen abgeschrieben hatte.
Es handelt sich um Emmanuel Ratier, der
regelmäßig in Organen des rechtsextremen Front National publiziert. Emmanuel
Ratier ist nach eigener Einschätzung der geistige Erbe des im Jahr 2001 in
hohem Alter (über 90) verstorbenen Verschwörungsideologen Henry Coston,
dessen Archive er übernommen hat. Coston war bereits in den dreißiger
Jahren einer der führenden antisemitischen Ideologen in Frankreich,
Korrespondent von Medien in NS-Deutschland und leitete später unter dem
Vichy-Regime ein "Dokumentationszentrum über freimaurerische Umtriebe". Ein
weiterer Zuträger von Meyssan war demnach Stéphane Jah, ein ehemaliger
Militär und passionierter "Experte" für Geheimdienste (und
Geheimdienstverschwörungen aller Art) ; er unterhält eine Webpage mit
zahlreichen Informationen über nachrichtendienstliche Aktivitäten. Jah
bestätigte den Autoren Dasquié und Guisnel, im Frühherbst des Jahres 2001
sowohl mit Ratier als auch mit Meyssan zusammengearbeitet zu haben. Und
tatsächlich findet sich in Meyssans zweitem Buch zum Thema eine Liste mit
Danksagungen an Personen, denen er Informationen oder Interpretationen
verdanke und die er in den meisten Fällen nur mit ihren Initialien
kennzeichnet. Unter ihnen befindet sich auch eine Person namens "E.R.". Bei
ihr handelt es sich, wiederum Dasquié und Guisnel zufolge, um den
neofaschistischen Verschwörungsfanatiker Emmanuel Ratier. Der ehemalige
Antifa-Publizist Thierry Meyssan hat diese Information nie dementiert.
-
(C :) Alain Soral,
ein Schriftsteller mit Vorlieben für Pornographie, der sich selbst für einen
ausgewiesenen Querdenker, Kulturkritiker und eine Art heilsamen Provokateur
hält. Soral tätigt(e in der Vergangenheit) mal Anleihen bei linker oder
kommunistischer Sozialkritik, dann wieder im eindeutig rechtsextremen
Bereich. In jüngerer Zeit sieht er zunehmend Le Pen in einem milden Lichte,
und dieser ihn umgekehrt auch. In den letzten Jahren fiel er, neben derben
sexistischen Sprüchen, vor allem durch die Verteidigung der antijüdischen
Tiraden Dieudonnés und durch eigene antisemitische Ausfälle auf. Im
Zusammenhang mit dem Streit um Dieudonnés erste Auslassungen hatte Soral
behauptet, wenn "die Juden seit 2.500 Jahren nirgendwo gelitten werden, wo
immer sie hinkommen", dann solle man sich doch mal Fragen stellen und es
seien "nicht immer die Anderen schuld" , sprich : dann trügen sie wohl
selbst Schuld daran.
(Vgl.
http://www.comlive.net/sujet-114428.html)
-
(D :)
Der
Vorsitzender einer Initiativereinigung von Vorstadtjugendlichen "La Banlieue
s'exprime" (ungefähr : Die Trabantenstädte ergreifen das Wort/kommen zu
Wort), Ahmed Moualek. Über ihn gibt es nach bisherigem Kenntnisstand (des
Verfassers dieser Zeilen) ansonsten nichts zu sagen. Es ist zumindest z. Zt.
auch nicht klar, ob der Mann sich darüber bewusst war, dass er mit
eindeutigen Faschisten (vgl. unter E.) zusammen unterwegs war.
Möglicherweise hat ihn tatsächlich nur die Situation der Menschen im Libanon
empört. Unter normalen Umständen sollte man nicht damit rechnen, dass ein
junger Erwachsener mit Migrationshintergrund und Herkunft aus einer
gheottisierten Trabantenstadt mit Le Pen-Anhängern gemeinsame Sache macht.
Der Einfluss einer Figur wie Dieudonné bewirkt offenkundig, dass die
Verwirrung so weit reicht, dass solche Trennlinien überschritten werden
konnten.
-
(E :) Lionel Humbert,
ein Journalist der rechtsextremen Wochenzeitung 'Minute'.
In ihrer Ausgabe vom
13. September 2006 berichtet Humbert über drei Zeitungsseiten hinweg (Seite
6, 7 und 8) über die gemeinsame Reise dieser irren Gurkentruppe, die im
Libanon unterschiedliche politische Kräfte getroffen hat, vor allem die
Anhänger des christlichen Generals Michel Aoun (der von 1991 bis 2005 im
französischen Exil lebte) und die Hizbollah sowie deren Fernsehsender
Al-Manar TV. Darüber schreibt wiederum die Wochenzeitung 'Minute' in
ihrem redaktionellen Vorspann: "Wir haben ihn (Anm.: Dieudonné) gefragt, ob
wir ihn begleiten dürfen. Um zu sehen. Und ohne jede Garantie über das, was
wir schreiben würden. Er weib
es: Unsere Präferenz gilt anderen (Anm.: Präsidentschafts-)Kandidaten.
Die ein bisschen weiter rechts stehen als er... (Anm.: 'Minute' unterstützt
Jean-Marie Le Pen.) Er hat akzeptiert. Unser Sonderberichterstatter ist ihm
also während seiner Reise (...) gefolgt."
Historisch war
zumindest ein Teil der französischen extremen Rechten, vor dem Hintergrund
der Konstellation während der Kolonialkriege (etwa des Algerienkriegs
1954/62), in aubenpolitischer
Hinsicht eher bzw. eindeutig pro-israelisch. Auch im libanesischen
Bürgerkrieg der Jahre 1975 bis 1990 war dies noch der Fall ; damals kämpften
rechtsextreme französische Söldner in den Milizen der libanesischen
christlichen Rechten, die in jenen Jahren mit Israel gegen die PLO-Kräfte im
Libanon verbündet war. Aber dies hat sich seit 1989 und dem Ende des Kalten
Krieges teilweise zu wandeln begonnen. Im Kontext des jüngsten Libanonkriegs
stand der überwiegende Teil der französischen extremen Rechten auf Seiten
des Libanon, da letzteres Land nach wie vor als französische Einflusssphäre
gilt. Im totalen Gegensatz zu den 80er Jahren hat sich im übrigen ein Teil
der christlichen politischen Kräfte im Libanon jetzt eher mit der Hibzollah
verbündet, insbesondere die Anhänger des Generals Aoun.
Und natürlich durfte eine Zeitung der extremen Rechten eine solche
wunderbare Gelegenheit nicht verstreichen lassen, um an bisher als eher
"unverdächtig" (d.h. der rechtsextremen Ideologie fern stehende) oder gar
als antirassistisch/antifaschistisch geltende Figuren anzudocken und sie als
Kronzeugen in eigener Sache zu präsentieren.
'Minute',
die seit dem französischen Algerienkrieg existiert, hat eine Auflage von ein
paar Zehntausend Exemplaren wöchentlich. Ihre Auflage sank 1990/91 um ein
Drittel (von damals rund 50.000 auf gut 30.000), als die bis dahin
vorwiegend pro-koloniale und pro-westliche Zeitung die Position Jean-Marie
Le Pens in der Golfkrise (pro-Saddam Hussein) verfocht. Ende der 1990er
Jahre machte die Zeitung vorübergehend Pleite, bevor sie zu Anfang dieses
Jahres wieder neu erscheinen konnte.
Resonanzen
Die Reise des irren
Gespanns war, neben der eigenen Homepage Dieudonnés als
"Präsidentschaftskandidat" (vgl.
http://dieudo.net/2007/breve.php3?id_breve=124),
gleichzeitig auch auf einer nationalrevolutionären französischen Webpage
vorab angekündigt worden (vgl.
http://www.voxnr.com/cc/dep_international/EEVyVkyVVkLVcLefkY.shtml
).
In Beirut war die
verrückte Truppe allerdings nicht die einzige Delegation, die dort unterwegs
war. Bereits wesentlich früher waren auch "wirkliche" Beobachter- und
Solidaritätsdelegationen losgeflogen, deren echtes Anliegen darin bestand,
über die Situation der Menschen im Libanon Zeugnisse zu sammeln und darüber
zu berichten. Diese anderen Delegationen teilten also mitnichten die
ideologischen Herzensanliegen der Reisegruppe um Dieudonné und Thierry
Meyssan, denen es vorrangig um eine Bestätigung ihrer antisemitischen
respektive verschwörungstheoretisch geprägten Weltbilder ging. Schon Ende
Juli dieses Jahres flog etwa eine circa 60köpfige Solidaritäts- und
Beobachterdelegation aus Paris in den Libanon, die vor allem durch die
französische KP, durch Grüne und andere Linke gebildet worden war. Ihr ging
es keinesfalls um Antisemitismus, sondern um eine Wahrnehmung der
Kriegsschäden und um die Menschen im Libanon.
Eine solche
Delegation, die in diesem Falle aus den USA kam, lief Dieudonné, Meyssan und
Co. auch in Beirut über den Weg: Ihr prominentestes Mitglied war der
US-amerikanische Schwarze Jesse Jackson, ein linksliberaler Anwärter auf die
Präsidentschaftskandidatur der Demokratische Partei. Ihn führten die
Opposition zur offiziellen US-Aubenpolitik,
und damit gegen die Unterstützung der Armeeführung Israels durch die
Bush-Administration im jüngsten Konflikt, in den Libanon. In den Augen Jesse
Jacksons erschien Dieudonné (als "schwarzer Präsidentschaftskandidat aus
Frankreich") zweifellos als ein, irgendwie linker, Vertreter für die
Minderheitenrechte in seinem Land. Deshalb lieb
Jesse Jackson sich sogar mit Dieudonné und Thierry Meyssan auf einem
gemeinsamen Foto ablichten, das auch in 'Minute' dokumentiert ist.
Sicherlich dürfte der US-Politiker nicht gewusst haben und ihm auch
nachträglich nicht bewusst geworden sein, mit wem er es dabei in
Wirklichkeit zu tun hatte. Aber Dieudonné und der Verschwörungsideologe
Meyssan können dieses fotographisch festgehaltene Zusammentreffen nun
natürlich im Nachhinein benutzen, um sich in ein "respektierlicheres" Licht
zu setzen. Ihr Problem dabei ist nur, dass sie dabei durch alle renommierten
Medien bislang boykottiert werden.
Nach ihrer Rückkehr
(am 31. August landete die Gurkentruppe wieder in Paris-Orly) blieb es in
Frankreich vorwiegend still um die Reisetruppe. An einer Pressekonferenz,
die am 01. September rund um Dieudonné abgehalten wurde und in seinem
eigenen Theater stattfand, nahm sage und schreibe ein einziger Journalist
teil. Und der gehört zu einer pro-israelischen Webpage. Alle gröberen
französischen Medien scheinen es im Moment mit der Linie zu halten:
Möglichst wenig von Dieudonné und seinen Provokationen reden – umso weniger
Aufmerksamkeit und Publikum er findet, umso besser ist es. Allein die Leser
der rechtsextremen Presse und insbesondere von 'Minute' wurden über
die Reisegruppe und ihre Zusammensetzung informiert.
Auf einem der
französischen Indymedia-Ableger (Indymedia existiert in Frankreich nur auf
regionaler Ebene, nachdem die nationale Indymedia-Struktur im Jahr 2002 u.a.
aufgrund eines Antisemitismus-Streits zerplatzte), wurde dagegen ausführlich
berichtet und Dieudonné radikal kritisiert. Es handelt sich um den
Indymedia-Sender im westfranzösischen Nantes, einer alten
Anarchistenhochburg, wo Indymedia ziemlich stark vertreten und wahrgenommen
sein dürfte. Unter der unzweideutigen Überschrift "Die faschistischen
Freundschaften von Dieudonné" erfuhr man dort auch, dass der Organisator der
gesamten Reise ein gewisser Frédéric Chatillon ist. Chatillon nahm demnach
auch selbst an der Reise teil und ist auf einem Foto der Truppe aus Beirut
zu erblicken. Er taucht aber in den "offiziellen" Berichten, namentlich dem
in 'Minute', nicht auf. Es dürfte mit seinen Funktionen
zusammenhängen, dass Chatillon im Unterschied zu den anderen Beteiligten das
Licht der Öffentlichkeit scheut: Frédéric Chatillon, ehemals ein Kader der
gewalttätigen rechtsextremen Studentenvereinigung GUD (Groupe Union
Défense, inzwischen unter ihrem alten Namen verboten) betreibt
heute eine "Sicherheitsfirma", mit welcher er Söldner anwirbt und
vermittelt. (Vgl. dazu und zum Vorausgehenden :
http://nantes.indymedia.org/article.php3?id_article=9877)
In der Nacht vom
13. zum 14. September versuchten Unbekannte, Alain Soral auf der Strabe
(pardon, liebe Leser) die Fresse zu polieren. Mutmablich
nicht aufgrund der jüngsten Reise, die in breiten Kreisen nicht bekannt ist,
sondern wohl eher aufgrund all seiner früheren Ergüsse und insbesondere
seiner antisemitischen Provokationen. Das Angestrebte gelang wohl nur
teilweise, da Soral dem Vernehmen nach den Boxsport praktiziert.
Daraufhin erschien
ein Beitrag in der elektronischen Mitgliederzeitschrift des rechtsextremen
Front National, "Français d'abord" (FdA, "Die Franzosen zuerst!"), vom 16.
September 2006. Darin ist zu lesen: "... Ein nahöstlicher Konflikt, der
diese Woche mit der Aggression gegen den talentreichen und sehr
antikonformistischen Schriftsteller Alain Soral in den Straben
von Paris, in der Nacht zum Donnerstag, weiterging. Sicherlich begangen
durch dieselbe Art von Schlägern, die bereits im vorigen Jahr eine
Buchhandlung beschädigten, wo er seine Bücher signierte. Eine Aggression,
die (...) durch die Medien sorgsam verschwiegen worden ist. Man kann
legitimer Weise davon ausgehen, dass diese Attacke nicht ohne Zusammenhang
zum jüngsten Abstecher Sorals in den Libanon ist, (wohin er sich) in
Begleitung vor allem von Dieudonné M'bala M'bala und von Thierry Meyssan
(begab). Alain Soral (...) steht dem Komiker Dieudonné, derzeit
Präsidentschaftskandidat, nahe. Das hindert uns Nationale nicht daran, uns
über die Aggression gegen ihn zu empören. Die nationale Rechte kämpft seit
jeher für die Meinungsfreiheit, (blabla rhabarber...).
..."
Interessante
Connections tun sich da auf...
Die faschistische
Connection von Dieudonné:
Querverbindungen zum Front National
Organisator der Reise war ein gewisser
Frédéric Chatillon. Zu letzterer Figur gilt es noch ein paar Ergänzungen
nachzutragen, aus denen die Querverbindungen auch zum Front National – der
großen rechtsextremen Wahlpartei in Frankreich – deutlich werden... |