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Jüdische DPs in Mittel und Oberfranken

Letzte Stationen in Europa:
Camps für Holocaust Überlebende in Westmittelfranken

Kibbuz im Wildbad Burgbernheim und Windsheim als Stationen vor der Emigration

von Jim G. Tobias

Inmitten eines dichten Waldgebietes, unweit der Marktgemeinde Burgbernheim (Kreis Neustadt Aisch / Bad Windsheim) lieg das Wildbad mit seinen Heilquellen. Ein Ort der auf eine lange Geschichte zurückblickt. Bereits im 12. Jahrhundert waren die Quellen bekannt. Kaiser Karl IV. wie auch die Würzburger Bischöfe schätzten das wohltuende und gesundheitsfördernde Wasser. Im Jahre 1487 liess Markgraf Albrecht zu Brandenburg hier ein Gästehaus und eine Badestube einrichten. Über viele Jahrhunderte diente das Kurbad der Erholung und Zerstreuung. Seit 1980 befindet sich dort der "Waldgasthof Wildbad".

Dass die beiden mächtigen Fachwerkhäuser und das angrenzende Jagdschlösschen in der Nachkriegszeit von jüdischen Überlebenden des Holocaust bewohnt waren, ist gänzlich unbekannt. Unmittelbar nach Kriegsende hatte die amerikanische Militärregierung die Gebäude beschlagnahmt und im Wildbad ein Camp für jüdisches DPs, Displaced Persons (zu deutsch: verschleppte entwurzelte Menschen) eingerichtet. Für kurze Zeit verwandelte sich das Wildbad in eine landwirtschaftliche Kollektivsiedlung.



Nichts deutet heute mehr auf den ehemaligen Trainingskibbuz hin. Die Spuren sind verwischt, die Geschichte vergessen, viele Zeitzeugen sind längst tot. Doch nicht nur in Wildbad waren jüdische DPs untergebracht. Ein grosses Camp mit über 2000 Bewohnern existierte von 1946 bis 1949 in Bad Windsheim, in der ehemaligen Hermann-Göring-Siedlung. Auch in der Ansbacher Bleidornkaserne bestand ein Lager, in dem einige hundert DPs lebten. Neben den Massenlagern gab es etwa 20 Hachscharoth (hebr. Vorbereitung) genannte Kibbuzim in den Bezirken Mittel- und Oberfranken. Beispiele sind der Pleikershof bei Cadolzburg und die jüdischen Bauernschulen im Raum Prebitz (Kreis Bayreuth).

In den grossen Camps kam es zu einer Wiedergeburt des jüdischen Lebens. Es wurden Talmud-Thora Schulen gegründet, koschere Küchen eingerichtet und sogar eigene Fussballvereine ins Leben gerufen. Über all diese Aktivitäten berichtete die, vom Regionalkomitee der befreiten Juden in Bamberg verlegte, jiddisch-sprachige Zeitung "Undzer Wort".

Bislang liess sich die Existenz der fränkischen DP-Camps nur anhand von Listen des American Joint Distribution Committee (AJDC), einer amerikanisch-jüdischen Hilfsorganisation, nachweisen. Leider sind in diesen Aufzeichnungen keine konkreten Ortsangaben verzeichnet. Dank der im New Yorker YIVO -Institute for Jewish Research archivierten Wochenzeitung "Undzer Wort" können nun die jüdischen Lager und Kibbuzim lokalisiert werden. In der Ausgabe vom 23. August 1946 erscheint unter der Rubrik "Fun Rajon Lebn" folgende Notiz: "(...) Heute zählt das Lager Windsheim etwa 2.800 jüdische Bewohner. Dazu gehören 232 Juden des Kibbuz "Aguda", der sich etwa (?) Kilometer von Windsheim entfernt in der Siedlung Wildbad befindet". Vorher war über diese Einrichtung - ausser dem Vermerk "Agricultural Trainings Farm Wildbad" in einer AJDC-Tabelle - nichts bekannt. Nachforschungen bei der Gemeinde Burgbernheim, zu diesem Ort gehört das Wildbad, brachten endgültige Klarheit. Im Archiv findet sich ein schmaler Band mit Unterlagen zur Beschlagnahmung des Wildbades. Neben dem "Besetzungsbefehl" sind einige Notizen des damaligen Bürgermeisters vorhanden. Am Nachmittag des 25.6.1946 war US-Major Charlier im Burgbernheimer Rathaus erschienen und hatte die Räumung der bis dato von Deutschen bewohnten Häuser angeordnet. Den Bewohnern blieb vier Tage Zeit, die Gebäude zu verlassen. Möbel, Wäsche und sonstiges persönliche Eigentum durfte mitgenommen werden.

Etwas über ein Jahr lebten und arbeiteten bis zu 200 jüdische Überlebende des Holocaust im Wildbad. Hier hatten sie die Möglichkeiten, wieder zu Kräften zu kommen und sich auf ihr neues Leben im noch zu schaffenden eigenen Staat vorzubereiten. Hebräische Sprachkurse und landwirtschaftliche Unterweisungen bestimmten den Alltag auf der Kollektivfarm. Kaum einer - der vorwiegend aus dem Osten stammenden - Juden hatte vor der Shoa Berührung mit Ackerbau und Viehzucht. Aber in Palästina warteten unfruchtbare Landstriche darauf in Äcker umgewandelt zu werden. Die zahlreichen Kibbuzim in Franken waren dafür die idealen Trainingscamps.

Neben dem Wildbad existierte auch im Ansbacher Vorort Strüth ein jüdisches Ausbildungslager. Vom Januar 1946 bis zum April 1949 war in dem Gebäude der ehemaligen Lungenklinik ein Kindercamp untergebracht. Dort warteten mehrere hundert Kinder und Jugendliche - organisiert in zwei Kibbuzim - ungeduldig darauf, endlich den blutgetränkten deutschen Boden verlassen zu können.

Über die zahlreichen DP-Camps in Ober- und Mittelfranken, die neben ihrem konkreten Ausbildungsauftrag auch eine Wartesaalfunktion für die an Leib und Seele gequälten Menschen hatten, liegen kaum Erkenntnisse vor. Eins ist jedoch sicher: Die fränkischen Kibbuzniks gehörten zu den Wegbereitern des Staates Israel.

hagalil.com 17-03-2006

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