"... dass Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist":
Christlich-fundamentalistische Israelsolidarität
Von chaze
Das
Christentum teilt sich bekanntlich auf in verschiedene Kirchen. Neben den
evangelischen, der katholischen und den orthodoxen existieren eine Reihe
weiterer, zumeist relativ kleiner Gemeinschaften, die als Freikirchen
bekannt sind. In Deutschland sind diese, anders als in Afrika, Nord- und
Südamerika marginal. Allerdings sind Freikirchen in einem besonderen Maße
aktiv.
Es gibt - grob gesagt - bei ihnen keine passive Mitgliedschaft, wie in den
großen Kirchen. Die Mitgliedschaft zur Gemeinschaft impliziert eine aktive
Glaubenspraxis. Wer sich nicht mehr in den Gemeinden engagiert, gilt einfach
als nicht mehr zugehörig.
Zudem gibt es eine systematische Theologie in den Freikirchen nur in
Ansätzen. Es geht einzig und allein um die textgetreue Auslegung der Bibel,
die in der vorliegenden Form - meist in der Lutherübersetzung - als
gottgegeben verstanden wird. Das hat mehrere Effekte, zum Beispiel den, dass
alle irgendwie mit dem Bibeltext zu stützende Denkweisen und Handlungen -
auch wenn sie ansonsten gegeneinander stehen - akzeptiert werden.
Diese Charakteristika bedingen, dass die freikirchlichen Gemeinschaften
äußerst agil und radikal auftreten. Sie sind von dem, was sie tun zumeist
vollkommen überzeugt. So auch die im folgenden behandelten Gruppen, welche
sich selber als Israelsolidarisch verstehen. Es soll gezeigt werden, dass
diese, im Gegensatz zu ihrem Auftreten und ihrem eigenem Verständnis,
antijüdisch, wenn nicht gar antisemitisch agieren. Das ist vor allem
bedeutend, da sie zu einer der lebhaftesten Strömungen innerhalb der
Freikirchen geworden sind.
Biblische Grundlagen
Ein Grundzug des
christlich-fundamentalistischen Denkens ist die Überzeugung, dass die
Wiederkehr Gottes kurz bevorstehen würde. Diese Zeit, so die Vorstellung,
sei die des letzten Kampfes zwischen Gott und Satan. Es böte sich somit
gerade die letzte Chance, die Menschheit zu erretten, sich selber auf die
Seite Gottes zu stellen und Satan zu bekämpfen, denn nach diesem Kampf - den
Gott der Vorhersage gemäß gewinnt - wird das Jüngste Gericht abgehalten.
Vorlage dieser Vorstellung ist die "Offenbarung", das letzte Buch der
christlichen Bibel.
Menschen, die sich mit einer solchen Vorstellung tragen, besonders wenn sie
dabei von gleichdenkenden Gruppen unterstützt werden, können ungeahnt
gefährlich werden, denn da es letztlich um die Rettung der eigenen Seele und
der gesamten Menschheit geht, lässt sich jede Handlung rechtfertigen.
Für die
Israelsolidarität aus diesen Reihen wichtig ist zudem der Römerbrief im
zweiten Teil der christlichen Bibel, dem so genannten "Neuen Testament", vor
allem die Kapitel 9 bis 11. In diesem Text, der angeblich vom Apostel Paulus
an die frühchristliche Gemeinde in Rom gerichtet wurde, werden unter
Rückgriff auf Aussagen des ersten Teils der christlichen Bibel, dem so
genannten "Alten Testaments" theologische Überlegungen angestellt.
Die genannten drei Kapitel behandeln einen Streit zwischen "Heidenchristen"
und "Judenchristen". Dazu muss man wissen, dass das Christentum anfänglich
eine Sekte innerhalb des Judentums darstellte. Die in dieser Phase Getauften
werden heute mit den Judenchristen identifiziert. Die Heidenchristen sind
demnach die nach der Ausbreitung des Christentums über das Judentum hinaus
Getauften.
Es gibt zu diesem Text auch andere Auslegungen, doch diese sind für die hier
angesprochene Strömung vollkommen irrelevant. Sie werden einfach
ausgeblendet.
Die Frage, die Paulus stellt ist die, warum es noch Juden und Jüdinnen gibt,
welche sich nicht zum christlichen Glauben bekehrten und vor allem, wie
Christinnen und Christen mit diesen umgehen sollen. Er beantwortet dies sehr
klar mit dem Hinweis, dass die Jüdinnen und Juden ein von Gott
privilegiertes Volk wären.
..."Denn ich will nicht, Brüder, dass euch diese Geheimnis unbekannt
sei, auf dass ihr nicht euch selbst klug dünket: dass Verstockung Israel
zum Teil widerfahren ist, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen sein
wird; und also wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht:
'Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeit von
Jakob abwenden; und dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre
Sünden wegnehmen werde'."
(Römer 11, 25-27 / Elberfelder 1905)
Diese, lange Zeit in
der christlichen Geschichte einfach ignorierte Stelle, wird dahingehend
interpretiert, dass einerseits die sich nicht zum Christentum bekennenden
Jüdinnen und Juden dafür nichts könnten, sondern eine Aufgabe im
Welterrettungsplan Gottes hätten. Andererseits, so die Umkehrung dieser
Aussage, wird an dem Tag, wo all diese zum Christentum konvertieren, der Tag
sein, an dem der Bund mit Gott erfüllt sein wird und er wiederkehrt.
Auslegungen
Malcolm Hedding, einer der einflussreichsten Protagonisten dieser
Strömung, führte in einem Vortrag im März 2005 in Berlin mehrfach und
eindeutig die Konsequenz diese Denkens aus. Der Konflikt zwischen Israel und
den palästinensischen Organisationen sei "kein politischer, sondern ein
biblischer. Ich wiederhole es: Dieser Konflikt ist kein politischer, sondern
ein biblischer."
Dies ist knapp gefasst auch schon die gesamte theoretische Grundlage der
christlich-fundamentalistischen Israelsolidarität. Der Kampf zwischen Satan
und Gott wird als alleiniger Grund aller Vorgänge im Nahen Osten, aber auch
jeder Form von Antijudaismus und Antisemitismus angesehen. Michael Brown,
ein weiterer Protagonist dieser Bewegung, steigert dieses Denken zu einer
Verharmlosung des antisemitischen Handels.
"Mit jeder
Faser seines verdorbenen und finsteren Wesens verachtet der Teufel die
Juden. Er hasst sie mit einem vollkommenen Hass. Sein Ziel ist ihre
totale Zerstörung. Er ist der Urheber des Geistes des Antisemitismus. Es
gibt keine andere Erklärung für die bösartige Feindschaft, die von so
vielen verschiedenen Menschen in so vielen verschiedenen Ländern durch
so viele Jahre hindurch auf die Juden geschleudert wurde".
(Michael Brown: Unsere
Hände sind mit Blut befleckt; Wittmund, 2000)
Im Klartext heißt dies, dass die Antisemitinnen und Antisemiten für ihr Tun
nicht das Geringste können und dass es auch keiner politischen oder
gesellschaftlichen Analyse gelingen kann, den Antisemitismus zu erfassen
oder gar ihn zu bekämpfen. Das kann nur Gott allein. Und einzig deshalb
existiert Israel.
Die gesamte Geschichte des Staates und der zionistischen Bewegung wird
dementiert, genauso wie die Bedeutung des Holocaust.
"Israel ist nicht als ein Zweck in sich selbst gerufen worden, es
existiert nicht um seiner selbst willen, sondern es ist nur das Mittel
zu einem Zweck. Jesus hat Israel zu sich berufen in einer ganz
einzigartigen Weise, damit sie das Werkzeug der Welterlösung sein
können. Tatsächlich hat der Teufel die Nationen dieser Welt benützt, um
das jüdische Volk zu zerstören. Denn er weiß, dass die Nation Israel,
dass sie immer der Schlüssel für die Welterlösung waren".
(Malcolm Hedding: Prinzipien der Wiederherstellung Israels; Korntal, 2004)
Die gesamte Solidarität, die von dieser Strömung durch das Zeigen von
Israelfahnen, durch Veranstaltungen und Publikationen ausgedrückt wird, ist
nur aus der Annahme heraus zu verstehen, in Israel, dessen Gründung ein Werk
des christlichen Gottes gewesen sei, diesen Gott direkt zu unterstützen.
Ziel aller Handlungen bleibt letztlich die Errichtung eines weltweiten
-christlichen - Gottesreiches.
Alija und Bekehrung
Um diese Ziel zu erreichen wird aktiv die Alija, die sogenannte Rückführung,
betrieben. Es geht darum, wieder mit biblischer Grundlage (Jesaja 43, 5-7),
alle Jüdinnen und Juden nach Israel zu bringen, was als Heimkehr verstanden
wird und sie dort zum Christentum zu bekehren.
Während Israel den Jüdinnen und Juden weltweit das Recht auf Einwanderung
einräumt, um ihnen Schutz vor Antisemitismus bieten zu können, geht es den
christlichen Fundamentalistinnen und Fundamentalisten darum, das geheiligte
Volk an diesem Ort zu versammeln und sie in langwidriger Arbeit zu bekehren.
"Wir müssen treu sein!", so Malcolm Hedding. "Gott hat sein Volk
[nach Israel] zurückgebracht und jetzt möchte er seinen Geist über sie
ausgießen. Ich sage euch, liebe Freunde, die größte Erweckung, die die Welt
jemals gesehen hat, steht bevor." [Hedding: Prinzipien] auf diese Weise
lassen sich auch die Attentate in Israel mit dem göttlichen Willen erklären,
als Zurechtweisung Gottes, welcher "nicht möchte, dass sie ein säkuläres
[oder nicht-christliches] Volk dort in Kanaan bleiben." [Ebenda]
"Und Gott
wartet auch auf das jüdische Volk, dass sie sagen: Amen. Er möchte, dass
auch sie Buße tun. Er liebt uns alle in selber Weise. Ohne
Herkunftsunterschiede. Aber das jüdische Volk: sie sind das Werkzeug
Gottes zur Erlösung der Welt. Zusammen mit ihrem Land und allen ihren
Generationen haben sie der Welt 'Erlösungsprodukte' gegeben".
(Hedding: Prinzipien)
Politische Strategien
Zur Zeit agieren diese Organisationen vor allem auf drei Ebenen. Erstens
publizieren sie Informationen aus Israel, die sie als "pro-Israel"
bezeichnen, und über ihr eigene Arbeit. Zweitens veranstalten sie zahllose
Gottesdienste und Gebetskreise. Dabei leisten sie ganz konkrete
Missionsarbeit. Und drittens unterstützen sie personell und finanziell die
Einreise von Jüdinnen und Juden nach Israel und unterhalten dort soziale
Einrichtungen, die auch dazu beitragen sollen, diese Eingereisten in Israel
zu halten.
Erfolgreich ist in Deutschland insbesondere die Missionsarbeit. Vor allem
Einwanderinnen und Einwanderer aus den GUS-Staaten sind in den letzten
Jahren vom Judentum zum radikalen Christentum übergetreten. Dabei hat sich
eine spezifische Gottesdienstform ausgeprägt, in der christliche und
jüdische Elemente nebeneinander stehen. Das Christentum wird als Erfüllung,
aber ganz explizit nicht als Überwindung des Judentums verstanden, insoweit
ist es den Israelsolidarischen Christinnen und Christen wichtig, dass aus
beiden Religionen Traditionen übernommen werden.
Die
Bekehrten heißen demnach konsequent messianische Juden und Jüdinnen. Diese,
mit der Bibel begründete Form der Glaubenspraxis wird als explizit nicht
antijüdisch verstanden. Es wird aber auch hervorgehoben, dass durch diese
der Zugang zu Jüdinnen und Juden, die dem Christentum - berechtigt - negativ
gegenüberstehen erleichtert wird.
Daneben finden
zahllose Veranstaltungen für Christinnen und Christen statt, in denen sich
diese Szene beständig neu konstituiert und mit denen versucht wird, in
anderen Gemeinden Einfluss zu gewinnen.
Gefährlich ist vor
allem die finanzielle und strukturelle Unterstützung der Alija. Deren
Auswirkungen dürfen nicht unterschätzt werden. Mehrere hundert, wenn nicht
tausende Menschen scheinen auf diesen Weg schon nach Israel eingereist zu
sein um dort, und das ist das Problem, von radikal christlichen
Organisationen betreut zu werden, deren letztes Ziel, wie erwähnt, die
Bekehrung dieser Menschen ist.
Stereotype
Es fällt auf, dass die Beschreibung der Jüdinnen und Juden durch diese
radikalen Christinnen und Christen, auch wenn sie positiv gemeint sind, von
antijüdischen Stereotypen durchsetzt ist. Das Judentum hat als Religion
keine bleibende Daseinsberechtigung, sondern nur als ein Volk, das eine ganz
bestimmte Aufgabe hat. Der Staat Israel wird mit diesem jüdischen Volk
gleichgesetzt. Das schlägt sich dann auch in den Bildern nieder, die von
Israel verbreitet werden, wenn neben Angehörigen der IDF vor allem orthodoxe
Juden und Jüdinnen präsentiert und andere Bilder zum Beispiel vom relativ
säkularen Alltagsleben unterschlagen oder als Schreckensszenario gezeigt
werden. Alle Jüdinnen und Juden, so die dahinter stehende Annahme, müssen
streng gläubig sein oder wieder werden, so wie es die Mitglieder der
Freikirchen selber sind.
"Daneben
existiert trotz allem die Vorstellung vor, dass das Judentum Schuld am
Tod Jesu ist, für den es zu büßen hätte. Ich bin überzeugt davon, dass
die weltweite Buße der Gläubigen für die Sünde der Kirche, die sie in
ihrer Vergangenheit und Gegenwart an den Juden begangen hat zu einer
weltweiten Buße der Juden für die zurückliegenden (und gegenwärtigen)
Sünden Israels an Jesus Christus führen werden".
(Michael Brown: Unsere Hände)
Das Denken dieser Christinnen und Christen hat tatsächlich nur bekannte
antijüdische Vorurteile genommen und ins Positive gewendet. Eine
Auseinandersetzung mit der Geschichte des christlichen Antijudaismus oder
eine Strategie gegen Antisemitismus ist dies mitnichten. Da die
Vorstellungen schon vorhanden sind, können sie auch ganz abrupt negativ,
statt positiv, wie heute, ausgelegt werden. Spätestens dann, wenn, um im
christlich-fundamentalistischen Denken zu bleiben, sich nicht alle Jüdinnen
und Juden, trotz der Fürbitte und Hilfe, zum Christentum bekehren werden.
Die Frage ist nur, wie genau die Protagonistinnen und Protagonisten dieser
Szene auf die Erkenntnis, dass es so passieren wird, reagieren werden.
Organisationen
Zur Zeit ist die Bewegung der christlich-fundamentalistischen
Israelfreundinnen und -freunde noch relativ überschaubar, auch wenn immer
wieder neue Initiativen auftreten.
Eine
der aktivsten Gruppen sind die
Christlichen Freunde Israels, zumeist von ihrem Vorsitzenden Harald
Eckert vertreten. Sie geben unter anderem einen Rundbrief, ein
Audio-Kassetten-Magazin und andere Medien - zum Beispiel das hier zitierte
Buch von Michael Brown - heraus. Zudem reagieren sie relativ schnell und
professionell auf aktuelle Ereignisse und versuchen verhältnismäßig
diplomatisch ihre Anliegen in christliche Gemeinden hineinzutragen.
Die International Christian Embassy in Jerusalem agiert von Israel
aus. Sie wurde zu einem Zeitpunkt gegründet, als kein Land seine Botschaft
in Jerusalem hatte. Die meisten christlich-fundamentalistischen
Veranstaltungen, Aktionen und Projekte in Israel werden von dieser
Organisation aus initiiert und oft auch getragen. Malcolm Hedding, der hier
ebenfalls schon zitiert wurde, ist der Vorsitzende dieser Initiative, Jürgen
Bühler hat diese Stellung für den deutschen Zweig inne. Die
organisationseigene Zeitschrift heißt Wort aus Jerusalem, wichtigste
Veranstaltung ist das alljährlich gefeierte christlich-fundamentalistische
Laubhüttenfest. Im letzten Jahr sollen rund 7.000 Menschen diese
Veranstaltung besucht haben, zu den Gästen zählen regelmäßig Mitglieder der
Knesset und der israelischen Regierung.
Eine weiter wichtige Person ist Ludwig Schneider, der zumindest noch vor
einigen Jahren zwischen Jerusalem und Deutschland pendelte, größere
Erfahrungscamps in der israelische Wüste veranstaltete und einer der
Vorreiter dieser Strömung in Deutschland war. Auch wenn er aus Altersgründen
selber nicht mehr allzu aktiv ist, erscheint mit den
Nachrichten aus Israel
immer noch ein von ihm begründetes Magazin.
Die Brücke Berlin-Jerusalem ist vor allem ein Netzwerk
unterschiedlich großer und aktiver Gebetskreise, die nach eigenen Angaben
rund 2.000 Mitglieder umfassen sollen. Ihre Vorsitzende, Waltraud Keil, ist
äußerst publik und auf nahezu jeder wichtigen thematisch passenden
Veranstaltung vertreten.
Das Forum für Israel wurde im letzten Jahr als Verbund dieser vier
Organisationen gegründet, hat aber seitdem wenig von sich reden gemacht,
genauso wie eine europaweite Koalition für Israel, die bei der
Europäischen Union in Brüssel Lobbyarbeit für Israel betreiben sollte.
Die kleine fundamentalistische Partei bibeltreuer Christen [PBC],
welche zur Zeit in keinem Parlament vertreten ist, propagiert vor allem in
ihren Wahlkämpfen ihre Solidarität mit Israel und ist ebenfalls der hier
besprochenen Strömung zuzurechnen. Auffällig ist, dass sich in der PBC ohne
große Probleme die Israelsolidarität mit anderen fundamentalistischen
Auffassungen verbinden lässt.
Zudem schaffen kleinere Organisationen eine immer tragfähigere Infrastruktur
von und für diese Strömung. In Berlin existiert zum Beispiel im
Nikolai-Viertel eine Jerusalem-Gemeinde mit einem für kleinere
Veranstaltungen ausreichenden Gebetsraum. Hier fand der eingangs zitierte
Vortrag von Malcolm Hedding statt. Die Gruppe Beit Shalom, die sich
hauptsächlich mit der christlichen Missionsarbeit beschäftigt, hat im April
2005 in Zehlendorf ein Haus mit Gebets-, Arbeits- und potentiellen
Schlafräumen gekauft.
Das bisher größte Zusammentreffen christlich-fundamentalistischer
Israelsolidarischer fand am 11. September 2004 im Rahmen des hauptsächlich
von Freikirchen getragenen Jesus-Tages in Berlin auf dem Alexanderplatz
statt. Nach eigenen Angaben 2.000, mindestens aber 800 Menschen fanden sich
für einige Stunden ein, um mit Israel- und Deutschlandfahnen, Reden, Gebeten
und Gesängen sich zu dieser Strömung zu bekennen. Auffällig war dort der
positive Bezug auf Deutschland. Dieses, so die Rednerinnen und Redner, hätte
eine besondere Verantwortung für Israel. Der Holocaust wurde und wird nicht
etwa als Anlass genommen, die deutsche Gesellschaft zu analysieren und zu
verändern, sondern um sich selber eine überragende Bedeutung zuzuschreiben.
"Ich glaube auch", so Rick Joyner, eine weitere für diese Strömung wichtige
Person, auf einer der zahlreichen christlich-fundamentalistischen
Konferenzen, "dass Deutschland einer der besten Freunde Israels sein wird.
Es gibt eine besondere Bestimmung, die das deutsche und das jüdische Volk
verbindet. Der Teufel hätte diese Beziehung nicht so angegriffen, wenn sie
nicht von so großer Bedeutung wäre."
Relevanz
Betont werden soll, dass es sich bei dieser Form von Israelsolidarität um
eine rein freikirchliche Strömung handelt. Die evangelischen, die
katholische und die orthodoxen Kirchen betreiben ganz explizit keine Mission
unter Jüdinnen und Juden mehr und gehen nur noch selten von der
Notwendigkeit einer Christianisierung der Welt aus. Sie stellen dieser
Strömung, zumindest offiziell, auch keine Räume zur Verfügung. Unter anderem
deshalb schaffen sich diese Gruppen eigene Strukturen.
Wie wichtig diese
werden können, ist noch unklar. Fakt ist, dass sie immer größere
Veranstaltungen durchführen können, relativ kontinuierlich Publikationen
herausgeben und auch in anderen christlichen Medien Gehör finden. Zudem
haben sie mehrere Gemeindegruppen von messianischen Jüdinnen und Juden
aufbauen können, also effektive Missionsarbeit geleistet.
Es ist vollkommen unklar, wie sie in der nächsten Zeit agieren werden. Dabei
sollte nicht vergessen werden, dass von den hier besprochenen Gruppen nicht
nur antijüdische Stereotype vertreten und vorgelebt werden, sondern dass ihr
letztes Ziel ein anti-aufklärerisch ist: eine radikal christliche Welt.
Ihre Israelsolidarität ist dabei nur ein Mittel zum Zweck.
Siehe auch:
Finstere Freunde Mit ihrer Bewegung „Marsch des Lebens“
wollen Jobst und Charlotte Bittner an die Schoah erinnern. Dafür wurden sie
jetzt in Jerusalem ausgezeichnet. Doch die Gründer dieser Initiative sind
zugleich Betreiber der evangelikal-charismatischen Freikirche TOS in
Tübingen. Und da dreht sich viel um Dämonen, Wunderheilungen und Erbschuld…
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