antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Jüdische Jugend- und Studentenorganisation in Vilnius:
Aktionen gegen die Stille

Von Jan Zappner
Erschienen in: Jüdische Allgemeine 03/05

Vilnius (n-ost). Simon Gurevicus steht ständig unter Strom. Seit er vor zehn Jahren als 13-jähriger das erste Mal Verantwortung als Gruppenleiter in der Jugendvereinigung übernahm, hat ihn dieses Kribbeln nicht mehr losgelassen. Inzwischen ist der 23 Jahre alte Student der Wirtschaftswissenschaften seit mehreren Jahren Präsident der jüdischen Jugend- und Studentenvereinigung in Litauen.

In dem kleinen Computerraum der Organisation huschen seine Augen mit nervöser Konzentration zwischen dem Bildschirm, dem Mobiltelefon und den hereinkommenden Mitgliedern hin- und her. Man merkt, dass er geübt im Umgang mit Sprache ist und gern über seine Arbeit redet. Wahlweise in Deutsch, Englisch, Russisch oder Litauisch.

"Unsere Vereinigung möchte den Kindern und Jugendlichen einen Einstieg in die jüdische Kultur ermöglichen. Und damit nicht alles trockene Theorie bleibt, werden die erlernten Bräuche gleich umgesetzt. So treffen wir uns mit 3 – 15 jährigen Kindern jeden Samstag und feiern Havdalah, das Ende des Schabat, gemeinsam. Das ist für die meisten Beteiligten dann einfach ein schönes Fest, zu dem sie gerne kommen."


Zur Vergrößerung bitte anklicken!

Für eine Gemeinde mit ca. 4500 Mitgliedern, die in ganz Litauen verstreut sind, ist es nicht gerade einfach, das historische Erbe der Litvaks, der litauischen Juden, zu übernehmen. In der Vereinigung sind ungefähr 350 Kinder und 250 Jugendlich bis 30 Jahre eingetragen. Davon sind jedoch viele aus assimilierten Familien, die entweder die jüdischen Traditionen nicht leben, oder einen nichtjüdischen Elternteil aus Litauen haben. Das ist Simon Gurevicus jedoch nicht wichtig. Für ihn zählt nur das Interesse am Judentum. "Wir sind mit der jüdischen Schule die einzige Anlaufstelle in Vilnius, um sich zu informieren. Viele der assimilierten Familien haben sich unter den Kommunisten einfach nicht getraut, ihre jüdischen Wurzeln zu leben. Jetzt wissen sie nicht mehr, wie man eigentlich jüdisch lebt und kommen gern zu uns."


Fotos: © Jan Zappner

Deshalb wird auch im Unterricht von ganz vorn begonnen. Welche Feiertage gibt es und warum? Was macht man am Schabat und was ist "Gmilut Chasadim?" Simon Gurevicus, der auch eine 6. Klasse an der jüdischen Schule in Tradition unterrichtet, erklärt: "Dabei sollen Kinder eine gute Tat vollbringen. Sie gehen zum Beispiel zu alten, alleingelassenen Menschen, um mit ihnen Schabat zu feiern. Wenn es gut läuft, dann entstehen daraus auch richtige Freundschaften." Organisiert werden diese Besuche von älteren Studenten, die schon viel Erfahrung haben. Dieser Austausch zwischen jung und alt ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsweise in der Organisation. Die Studenten übernehmen dabei eine Mentorenfunktion. Das hat den Vorteil, dass beide Seiten den Zugang zur jüdischen Tradition nicht verlieren können und die Arbeitsweise immer an den Wünschen der Basis ausgerichtet ist.

"Wir sind aber keine religiöse Vereinigung", stellt Simon Gervicus klar, "sondern sehen unsere Aufgabe in der Vermittlung eines liberalen jüdischen Lebens. Das ist vom religiösen Leben klar zu trennen. So lassen sich bestimmte Normen wie koscheres Essen in Vilnius einfach nicht einhalten, da keine entsprechenden Einkaufsmöglichkeiten existieren. Für einen religiösen Juden ein Ding der Unmöglichkeit."

Auch der soziale Bereich spielt in den Überlegungen eine Rolle. Für Kinder aus armen Familien werden Altkleider und Schulsachen eingekauft. Sie bekommen auch freien Eintritt zu Veranstaltungen, um am kulturellen Leben teilnehmen können. "Wenn unsere Mentoren bemerken, dass die Kinder Interesse an unseren Angeboten haben, aber bei kostenpflichtigen Veranstaltungen fehlen, dann suchen wir das Gespräch mit den Eltern. Den Eltern versuchen wir ebenfalls in manchen Fällen durch Jobvermittlungen weiterzuhelfen. Wir möchten nicht, dass aus Geldmangel die Teilnahme unmöglich wird."

Das Angebot der Jugend- und Studentenvereinigung findet jedes Jahr seinen Höhepunkt in den Sommer- und Wintercamps, die im Sommer wie auch im Winter abgehalten werden. Dabei bietet sich für die Beteiligten nicht nur die Möglichkeit an den vielen Freizeit- und Kulturangeboten teilzunehmen, sondern auch andere Juden aus vielen verschiedenen Regionen Europas kennen zu lernen. Finanziert wird die Arbeit der Jugend- und Studentenvereinigung Litauen vom Jewish Joint Commitee (JDC) aus den USA. Die jüdische Gemeinde in Litauen wäre nicht in der Lage, die Ausgaben von ca. 55.000 Dollar im Jahr aufzubringen.

Es gibt aber auch Momente, in denen Simon Gurevicus still ist, wie er erzählt. Bei einem Besuch einer Familie am Schabat saß die Großmutter zu Tränen gerührt am Tisch. Sie hatte Schabat das letzte Mal vor dem Krieg gefeiert und konnte es nicht fassen, das noch erleben zu dürfen. Ihr Urenkel hatte die Zeremonie gerade erst im Sommerzeltlager gelernt.

"Obwohl viele meiner Freunde in den letzten Jahren in den Westen gezogen sind, haben wir mit unserem Angebot für einige Menschen einen neuen Halt geschaffen. Das ist eine gute Ausgangsposition für die Zukunft der jüdischen Gemeinde in Litauen. Und darauf bin ich sehr stolz."

Jan Zappner ist freier Journalist aus Berlin mit Arbeitsschwerpunkt Osteuropa, Mitglied im Korrespondentennetzwerk n-ost und bei "Cafe Babel". Veröffentlichungen in der Jüdischen Allgemeinen, Märkische Oderzeitung, Leipziger Zeitung, Sächsische Zeitung, Ostsee Zeitung. http://www.janzappner.de/

Die jüdische Schule in Vilnius:
Ein Toleranzzentrum im Herzen Litauens

Es sind vielfältige Gründe, auf die einzige jüdische Schule in Litauen zu gehen. Mal werden Kinder auf den staatlichen Schulen aufgrund ihrer Herkunft von Mitschülern unterdrückt, ein anderes Mal ist die Neugier auf seine eigene Geschichte und Tradition ausschlaggebend...

Pauschalreise zu Gott:
Moderne Pilgerfahrten zu den chassidischen Wurzeln

Es ist der 21. Adar des jüdischen Kalenders und "Jahrzeit"- der Todestag des heiligen Zaddiks Elemenech Weissblum: Pilgertag für die ultraorthodoxen Chassiden nach Ostpolen...

hagalil.com 26-06-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved