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Gezielte Provokationen:
Bundesrat Gudenus und das Verbotsgesetz

Von Alexandra Bader
Erschienen bei: CeiberWeiber, Das Frauen-Onlinemagazin

Dass die Staatsanwaltschaft im Zweifel nichts gegen Zweifel an Gaskammern hat, sollte bei unserem Stand an Vergangenheitsbewältigung nicht allzu sehr überraschen. Ich bin allerdings gespannt, wann in ähnlicher Großzügigkeit mit Blasphemie umgegangen wird (wo nicht Tatsachen negiert werden, sondern der Glaube an nicht Beweisbares verletzt wird) oder ob Diebe mit Zweifeln an entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches auch durchkommen.

Aber nun will Bunderat Gudenus und Co-Herausgeber von "Zur Zeit" ja gar nicht an Gaskammern gezweifelt haben, sondern nur deren Existenz im Dritten Reich. Dort gab es nämlich keine, was in jedem Schulbuch stehe. Während manche schon Schulbücher sammeln, um sie Gudenus zu schenken, frage ich mich, ob in der Familie Gudenus Schulbücher aus dem Dritten Reich verwendet wurden. Dies kann jedoch auch wieder nicht der Fall sein, da in diesen die Grenzen des Dritten Reiches wohl einigermaßen korrekt wiedergegeben gewesen wären (vielleicht etwas übertrieben hinsichtlich des Frontverlaufes in Russland).

An eine Entschuldigung denkt Gudenus keineswegs, denn: "Warum soll ich mich für etwas entschuldigen, das ich nicht gesagt habe? Ich soll mich der ÖVP gegenüber entschuldigen, die selbst einen der größten Antisemiten noch immer als einen ihrer Säulenheiligen im Parlament hat, den Leopold Kunschak? Für was soll ich mich entschuldigen? Mir wurde ja jetzt von der Staatsanwaltschaft zugestanden, dass man Zweifel haben kann. Ich zweifle an der EU, ich zweifle an der Regierung und ich zweifle auch an diesen Punkten. Meine Sätze zu den Gaskammern müssen erlaubt sein. Das Parlament ist ja keine moralische Anstalt."

Gaskammern sind vielleicht eine Frage des Anstandes, sicher aber keine der Moral, des Zweifels oder des Glaubens. Gaskammern gab es innerhalb der Grenzen des Dritten Reiches beispielsweise im brutal eroberten Polen oder im mit Begeisterung zumindest sehr vieler angeschlossenen Österreich. Sollten sich für Herrn Gudenus Mauthausen oder Schloss Hartheim nicht zeitweise auf dem Boden des Deutschen Reiches befunden haben, dann müsste er ja umso mehr Mitschuld und Mitverantwortung Österreichs empfinden. Denn dann war es ja noch mehr unsere Schuld und Verantwortung, dass so viele Menschen auf österreichischem Boden ermordet wurden. (Und überhaupt: Neuengamme, Sachsenhausen, Natzweiler, Stutthof und Ravensbrück klingen nicht nur deutsch, sie waren auch in Deutschland.)

Gudenus spielt offenbar ganz kleinkindhaft Fangen mit dem Verbotsgesetz und müsste allein wegen der dadurch gezeigten Unreife eher in den Kindergarten zur Resozialisierung als in den Bundesrat zu Sitzungen geschickt werden. In Gremien, die "keine moralische Anstalt" sind, agieren Personen, die auf dem Boden der Verfassung und der Gesetze stehen und für die Demokratie eintreten müssen, was bedeutet, auch auf dem Boden historischer Tatsachen zu handeln.

Völlig gleichgültig sind ihm jedoch neben entsetzlichen geschichtlichen Fakten heute und hier lebende Menschen. Natürlich nicht die von Seinesgleichen so gerne beweinten armen traumatisierten Nazikinder und auch nicht jene Nazikinder, die offen, ehrlich, betroffen und nie beschönigend mit dem Faktum der Verstrickung ihrer Eltern umgehen. Von denen hält man sich in den ewiggestrigen Kreisen lieber fern, meidet sie auch physisch, wenn denn Zusammentreffen bei Veranstaltungen etwa in Kärnten unvermeidbar ist.

Wenn schon Menschen gemieden werden, wo zumindest der Background ähnlich ist, dann fragen wir wohl besser nicht, welch physische Aversion manche dieser Herrschaften den einstigen Verfolgten entgegenbringen. Um sie sollte es aber gehen, statt dass Kampl, Gudenus und Co. für Stellvertreteraktivitäten im Gedenkjahr herhalten. Denn die bislang häufigsten und daher auch auffallendsten Taten waren Distanzierungen hier, Distanzierungen dort und ausgefeilte Strategien gegen. Und was bringt das irgendeinem Opfer, das doch wenigstens nach 60 Jahren gewürdigt werden müsste?

Nichts, denn jene, die doch der Opfer gerecht werden wollen, sind zu sehr mit Kampls und Gudenussen befasst, die wie Pilze im voranschreitenden Gedenkjahr mit immer neuen Aussagen emporsprießen. Das wirklich Schlimme an Gudenus ist nicht, ob er vielleicht - wie seinen Aussagen zu entnehmen ist - die ÖVP beleidigt hat, sondern die fortgesetzte Verhöhnung der Opfer. Die gibt es nämlich auch, hier und unter uns, die Menschen, die bei der "Selektion" in Auschwitz nicht in die Gaskammer geschickt wurden. Die Menschen, die Hunger, Kälte, Appelle, Folter, Schläge, Schwerstarbeit irgendwie physisch überlebten. Jene Menschen, die mit ansehen mussten, wie ihre Familien und Freunde in die Gaskammern gingen oder an Erschöpfung starben, Mütter, die von ihren Kindern getrennt wurden, Väter, die Frau und Kinder ins Gas gehen sahen, Geschwister, von denen die einen überlebten, die anderen umkamen.

Menschen, die Leichen vergraben mussten, die Leichen entkleideten, die noch Lebenden mit entsetzlichen Schmerzen Schuhe von den durch Erfrierungen vereiterten Füssen schnitten. Menschen, die Epidemien überstanden, Menschen, die für "Nahrung" und Exkremente dieselbe Schüssel verwendeten, Menschen, die dann noch auf Todesmärsche getrieben wurden, bei denen Tausende umkamen. Frauen, deren Babys sterben mussten, wenn sie in Auschwitz geboren wurden, Frauen, die zu all dem noch sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren. Menschen, die, als alles vorbei war und sie sich physisch erholten, feststellen mussten, dass so wenige von ihren Familien überlebten. Menschen, die dennoch weiterzuleben versuchten, die weiterleben mussten.

Menschen, die selten herzlich willkommen geheißen wurden in ihrem einstigen Wohnort, die um Rückgabe ihres Besitzes kämpfen mussten, die Gutachtern gegenübersaßen, die ungehindert weiter tätig waren und natürlich den Zustand der Opfer ihrer einstigen Herren bagatellisierten. Menschen, die (neue) Familien gründeten und Kinder bekamen, an die sie die erlittenen Traumata ungewollt weitergaben. Menschen, die in einer Umgebung lebten und leben, wo ihr Leid beinahe etwas Unanständiges, Obszönes, jedenfalls ein Tabu ist. Menschen, deren Kinder und Enkelkinder wissen, noch bevor es ihnen bewusst ist, dass es einen gravierenden Unterschied zu den meisten anderen Menschen im Land gibt. Menschen, denen gegen Ende ihres Lebens noch einmal all das Erlittenen besonders deutlich gewahr ist, die immer mehr auch unter den körperlichen Folgen leiden und die nicht, wie die allermeisten anderen, in ein Pflegeheim gehen können, da dort eben die allermeisten sind, darunter alte Nazis und Nazissen.

Ihre Nachkommen, die erste und die zweite Generation, vielfach auch schon die dritte Generation, werden keineswegs willkommen geheißen, so wie sie es einst vermissten. Im öffentlichen Bewusstsein ist es zwar ganz und gar nicht fein, dass ein Herr Gudenus oder ein Herr Kampl denken, was sie denken, aber ein 'Fein, dass Ihr da seid und mit uns lebt' in Richtung der Nachkommen der Überlebenden ist seltenst. Obwohl wir ja dankbar sein sollten, dass sie dies wagen angesichts der Freundlichkeit und Akzeptanz, die - Gudenus und Kampl begegnet. Wir erinnern uns, dass Herr G. vor zehn Jahren Ähnliches meinte, es zu keiner Ächtung in seinem politischen Umfeld führte, er heute Mandatar ist und Mitherausgeber eines freiheitlichen Blattes. Herr K. ist, so eine aufschlussreiche TV-Reportage, in seiner Heimatgemeinde kein Outcast, sondern allseits geachteter Bürgermeister. Warum gibt es keine Sanktionen, kein soziales Embargo seitens der Menschen in Österreich, die derlei ja extrem beschämen müsste? Oder ist es insgeheim die Ansicht vieler?

Gudenus, Freunschlag und Kampl:
Wohlfühlen im braunen Sumpf
So wie Herr Gudenus sich auf die Justiz verlassen kann, kann der freiheitliche Präsident des Kärntner Landtages, Jörg Freunschlag, auf die Abgestumpftheit der Medien und die Großherzigkeit der politischen Konkurrenz zählen...

hagalil.com 15-06-2005

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