antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Der Zeitpunkt für Blairs Rede ist günstig:
Eine Vision für Europa


Rede des britischen Premierministers Tony Blair vor dem Europäischen Parlament, 23. Juni 2005
[O-Ton: English]

Es ist eine Ehre, heute im Parlament sein zu dürfen. Mit Ihrer Erlaubnis werde ich nach jeder Tagung des Europäischen Rates während der britischen Präsidentschaft hierher zurückkommen, um Ihnen Bericht zu erstatten. Darüber hinaus bin ich gern bereit, das Parlament vor jeder Ratstagung anzuhören, damit ich von den Auffassungen des Europäischen Parlaments profitieren kann, bevor die Beratungen im Rat stattfinden.

Der Zeitpunkt für diese Rede ist günstig. Was auch immer in Europa umstritten ist, über eines sind wir uns zumindest klar: Europa befindet sich mitten in einer tief greifenden Debatte über seine Zukunft. Ich möchte heute offen über diese Debatte sprechen, über die Gründe dafür und welche Lösungen es gibt. In jeder Krise steckt auch eine Chance. Jetzt gibt es eine Chance für Europa, wenn wir den Mut dazu haben.

Die Debatte über Europa sollte nicht geführt werden, indem wir uns gegenseitig beleidigen oder persönlich werden. Sie sollte ein offener und freier Gedankenaustausch sein. Und gleich zu Anfang möchte ich einmal präzisieren, wie ich die Debatte und die Differenzen, die ihr zugrunde liegen, sehe.

Es ist nämlich kein Streit zwischen einem Europa des "freien Marktes" und einem sozialen Europa, zwischen denen, die wieder zurück zu einem gemeinsamen Markt wollen und denen, die an Europa als politisches Projekt glauben.

Diese Darstellung ist nicht nur falsch. Sie soll diejenigen einschüchtern, die Veränderungen in Europa wollen, indem sie ihren Wunsch nach Veränderungen als Verrat an der europäischen Idee darstellt; sie soll eine ernsthafte Debatte über die Zukunft Europas abwenden, indem sie so tut, als sei schon das Bestehen auf einer Debatte der Inbegriff antieuropäischen Denkens.

Gegen diese Mentalität habe ich mein ganzes politisches Leben lang gekämpft. Ideale überleben den Wandel. Sie sterben durch Untätigkeit im Angesicht der Herausforderung.

Ich bin leidenschaftlicher Europäer. Das bin ich immer gewesen. Meine erste Abstimmung war 1975 beim britischen Referendum über die EU-Mitgliedschaft, und da habe ich mit Ja gestimmt. 1983, als ich kurz vor den damaligen Wahlen als letzter Kandidat aufgestellt wurde und als meine Partei eine Politik des Rückzugs aus Europa verfolgte, erklärte ich vor dem Auswahlkomitee, dass ich mit dieser Politik nicht übereinstimmte. Manche dachten damals, ich würde bei der Kandidatenauswahl durchfallen. Manche wünschen sich vielleicht, ich wäre es. In den 80er Jahren habe ich dann unsere Politik mit verändert, und darauf bin ich stolz.

Seit ich Premierminister bin, habe ich das Sozialprotokoll unterzeichnet, zusammen mit Frankreich zur Schaffung der modernen Europäischen Verteidigungspolitik beigetragen und meinen Beitrag zu den Verträgen von Amsterdam, Nizza und Rom geleistet.

Dies ist eine Union der Werte, der Solidarität zwischen Nationen und Bürgern, nicht nur ein gemeinsamer Markt, auf dem wir Handel treiben, sondern ein gemeinsamer politischer Raum, in dem wir als Bürger leben.

Das wird die Union immer sein.

Ich glaube an Europa als politisches Projekt. Ich glaube an ein Europa mit einer starken, fürsorglichen sozialen Dimension. Nie könnte ich ein Europa akzeptieren, das nur ein Wirtschaftsmarkt wäre.

Wer sagt, darum gehe der Streit, drückt sich vor der eigentlichen Debatte und kehrt zu dem lieb gewordenen Muster zurück, einander in schwierigen Zeiten immer dieselben Dinge vorzuhalten.

Es gibt keine Trennlinie zwischen dem Europa, das für den wirtschaftlichen Erfolg notwendig ist, und dem sozialen Europa. Das politische Europa und das wirtschaftliche Europa leben nicht in getrennten Räumen.

Die Aufgabe des sozialen Europas und des wirtschaftlichen Europas sollte es sein, einander Rückhalt zu geben.

Die Aufgabe des politischen Europas sollte es sein, demokratische und effektive Institutionen zu fördern, die dann die Politik in diesen beiden Bereichen und auch überall dort gestalten, wo wir im Interesse von uns allen zusammenarbeiten wollen und müssen.

Aber die Aufgabe der politischen Führung besteht darin, eine richtige Politik für unsere heutige Welt zu machen.

Das tun die Politiker Europas seit 50 Jahren. Wir reden von Krise. Reden wir erst einmal von Errungenschaften. Als der Krieg zu Ende ging, lag Europa in Trümmern. Heute steht die EU wie ein Denkmal für politische Errungenschaften da. Fast 50 Jahre Frieden, 50 Jahre Wohlstand, 50 Jahre Fortschritt. Denken Sie daran, und seien Sie dankbar.

Der Lauf der Geschichte spricht für die EU. In aller Welt schließen sich Länder zusammen, weil sie die Stärke jedes einzelnen durch kollektive Zusammenarbeit verbessern können. Bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten europäische Nationen jahrhundertelang einzeln die Welt beherrscht, große Teile kolonisiert, Kriege um die Vorherrschaft in der Welt geführt.

Nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs hatten die politischen Führer die Vision zu begreifen, dass diese Zeiten vorüber waren. Unsere heutige Welt schmälert diese Vision nicht. Sie demonstriert ihren Weitblick. Die USA sind die einzige Supermacht. Aber in wenigen Jahrzehnten werden China und Indien die größten Volkswirtschaften der Welt sein, jede mit einer Bevölkerung, die dreimal so groß ist wie die Gesamtbevölkerung der EU. Ein Europa, das geschlossen auftritt und zusammenarbeitet, ist wichtig, damit unsere Völker stark genug bleiben, um sich in der Welt zu behaupten.

Jetzt, fast 50 Jahre später, müssen wir uns erneuern. Dafür brauchen wir uns nicht zu schämen. Alle Institutionen müssen das tun. Und wir können es. Aber nur, wenn wir die europäischen Ideale, an die wir glauben, wieder mit der modernen Welt, in der wir leben, vereinen.

Wenn Europa in den Euroskeptizismus zurückfällt, oder wenn die europäischen Staaten im Angesicht dieser immensen Herausforderung beschließen, sich aneinander zu kuscheln in der Hoffnung, der Globalisierung entgehen zu können, wenn sie vor den Änderungen um uns herum zurückschrecken, sich in die jetzige Politik Europas flüchten - als könnten wir sie durch immerwährende Wiederholung relevanter machen - dann laufen wir Gefahr zu scheitern. Es wäre ein Scheitern an breiter, strategischer Front. Es ist jetzt nicht die Zeit, denjenigen Verrat vorzuwerfen, die Europa verändern wollen. Es ist die Zeit zu erkennen, dass Europa seine Stärke, seine Relevanz, seinen Idealismus und damit auch seinen Rückhalt in der Bevölkerung nur wiedergewinnt, wenn es sich verändert.

Und wie immer sind die Bürger den Politikern voraus. Wir, die politische Klasse, denken immer, die Menschen, die nicht täglich mit der Politik zu tun haben, verstehen sie vielleicht nicht, verstehen vielleicht nicht ihre Feinheiten und Komplexitäten. Aber in Wirklichkeit sehen die Menschen die Politik klarer. Gerade weil sie nicht täglich damit zu tun haben.

Es geht nicht um die Idee der Europäischen Union. Es geht um Modernisierung. Es geht um Politik. Es geht nicht darum, Europa aufzugeben, sondern zu erreichen, dass es das tut, wofür es gegründet wurde: um das Leben der Menschen zu verbessern. Und sie sind gerade jetzt nicht überzeugt. Bedenken Sie das.

Vier Jahre lang diskutierte Europa über unsere neue Verfassung, zwei Jahre davon im Konvent. Sie war eine detaillierte und sorgfältig formulierte Arbeit, die die neuen Regeln für ein Europa von 25 und später 27, 28 oder mehr Mitgliedstaaten festlegte. Sie wurde von allen Regierungen unterstützt. Sie wurde von allen Regierungschefs unterstützt. Sie wurde dann in Referenden in zwei Gründungsstaaten vernichtend abgelehnt, im Falle der Niederlande mit über 60 Prozent. Die Realität ist, dass es in den meisten Mitgliedstaaten heute schwer wäre, in einer Volksabstimmung ein Ja dafür zu bekommen.

Es gibt zwei mögliche Erklärungen dafür. Eine ist, dass die Menschen die Verfassung studiert haben und mit den Artikeln im Einzelnen nicht einverstanden waren. Ich bezweifle allerdings, dass das die Grundlage des mehrheitlichen "Nein" war. Dies war keine Frage eines schlechten Entwurfs oder konkreter inhaltlicher Differenzen.

Die andere Erklärung ist, dass die Verfassung lediglich das Vehikel war, mit dem die Bürger ihre breitere und grundsätzlichere Unzufriedenheit mit den Verhältnissen in Europa bekundeten. Ich glaube, dass diese Auslegung zutrifft.

Wenn ja, ist das keine Krise der politischen Institutionen, es ist eine Krise der politischen Führung. Die Bürger in Europa stellen uns schwierige Fragen. Sie machen sich Sorgen über die Globalisierung, die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze, die Renten und den Lebensstandard. Sie sehen, wie sich nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaft um sie herum verändert. Traditionelle Gemeinschaften zerbrechen, ethnische Strukturen verändern sich, das Familienleben gerät unter Druck, wenn Arbeit und Familie unter einen Hut gebracht werden sollen.

Wir leben in einer Zeit grundlegender Veränderungen und Umwälzungen. Schauen Sie sich Ihre Kinder an und die Technologie, mit der sie umgehen, und den Arbeitsmarkt, der sie erwartet. Die Welt ist gegenüber der, die wir vor 20, 30 Jahren als Studenten erlebten, nicht wiederzuerkennen. In solchen Umbruchzeiten müssen Menschen mit moderaten Einstellungen die Führung übernehmen. Wenn sie es nicht tun, bekommen die Extreme Einfluss auf den politischen Prozess. Das ist auf der Ebene der Staaten so. Und jetzt auch in Europa.

Überlegen Sie einmal. Die Erklärung von Laeken, mit der die Verfassung auf den Weg gebracht wurde, sollte Europa bürgernäher machen. Hat sie das? Die Lissabon-Agenda wurde 2000 mit dem Ziel vereinbart, Europa bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die Hälfte der Zeit ist abgelaufen. Hat sie ihr Ziel erreicht?

Ich habe eine Ratssitzung nach der anderen erlebt, in der in den Schlussfolgerungen gefordert wurde, Europa wieder bürgernäher zu machen. Gelingt uns das?

Es ist Zeit, dass wir uns einem Reality-Check unterziehen. Dass wir auf den Weckruf hören. Die Menschen posaunen es von den Stadtmauern herunter. Hören wir zu? Haben wir den politischen Willen, hinauszugehen und mit ihnen zu reden, damit sie unsere Führung als Teil der Lösung und nicht als das Problem selbst betrachten?

Das ist der Zusammenhang, in den die Haushaltsdebatte gestellt werden sollte. Manche sagen: wir brauchen den Haushalt, um Europas Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Das stimmt natürlich. Aber es muss der richtige Haushalt sein. Er sollte nicht von der Debatte über die Krise Europas abgetrennt werden. Er sollte Teil der Antwort sein.

Ein Wort zum Gipfel letzten Freitag. Es ist behauptet worden, ich sei nicht bereit gewesen, Kompromisse beim britischen Rabatt zu schließen; ich hätte das Thema Agrarreform erst in letzter Minute vorgebracht; ich hätte erwartet, dass wir am Freitag Nacht neu über die Agrarpolitik verhandeln sollten. In Wirklichkeit bin ich der einzige britische Politiker, der sich jemals bereit erklärt hat, den Rabatt auf den Verhandlungstisch zu legen. Ich habe nie gesagt, wir sollten die GAP jetzt beenden oder über Nacht neu aushandeln. So etwas wäre absurd. Jede Veränderung muss die legitimen Bedürfnisse der bäuerlichen Gemeinschaften berücksichtigen und allmählich durchgeführt werden. Ich habe nur zwei Dinge gesagt: dass wir einer Finanziellen Vorausschau nicht zustimmen können, die nicht mindestens einen Prozess vorzeichnet, der zu einem rationaleren Haushalt führt; und dass es möglich sein muss, dass ein solcher Haushalt in der zweiten Hälfte der Finanzperiode bis 2013 zum Tragen kommt. Sonst wird das Jahr 2014 kommen, bevor eine grundlegende Wende vereinbart oder gar umgesetzt wurde. Bis dahin wird Großbritannien natürlich seinen fairen Anteil an der Erweiterung zahlen. Ich möchte noch betonen, dass wir in jedem Fall der zweitgrößte Nettozahler in der EU bleiben werden, nachdem wir im Zeitraum der aktuellen Finanziellen Vorausschau Milliarden mehr als andere Länder vergleichbarer Größe gezahlt haben.

Das ist also der Kontext. Wie sähe eine andere politische Agenda für Europa aus?

Erstens würde sie unser Sozialmodell modernisieren. Auch hier haben einige behauptet, ich wolle Europas Sozialmodell aufgeben. Aber sagen Sie mir: Was für ein Sozialmodell ist das, wenn 20 Millionen Menschen arbeitslos sind, die Produktivität hinter der der USA zurückfällt, wenn Indien in den Naturwissenschaften mehr Hochschulabsolventen hervorbringt als ganz Europa, und wenn alle Indikatoren für eine moderne Volkswirtschaft - Ausbildung, Forschung und Entwicklung, Patente, IT - nach unten tendieren. Indien wird seinen Biotechnologiesektor in den nächsten fünf Jahren verfünffachen. China hat seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den letzten fünf Jahren verdreifacht.

Von den 20 Spitzenuniversitäten der heutigen Welt sind nur zwei in Europa.

Unser Sozialmodell sollte darauf angelegt sein, unsere Konkurrenzfähigkeit zu verbessern, unseren Bürgern zu helfen, mit der Globalisierung fertig zu werden, die Chancen zu ergreifen und die Gefahren zu meiden. Natürlich brauchen wir ein soziales Europa. Aber es muss ein soziales Europa sein, das funktioniert.

Und es wurde uns gezeigt, wie wir das erreichen können. Der Kok-Bericht von 2004 weist uns den Weg. Investitionen in Wissen, in Ausbildung, in eine aktive Arbeitsmarktpolitik, in Wissenschaftsparks und Innovation, in die Universitäten, in die Erneuerung der Städte, in die Unterstützung kleiner Unternehmen. Darin sollte eine moderne Sozialpolitik bestehen, nicht in Regulierung und einem Kündigungsschutz, der vielleicht einige Arbeitsplätze für kurze Zeit schützt - auf Kosten vieler Arbeitsplätze auf längere Sicht.

Und da wir schon dabei sind, Klischees zu zertrümmern, hier das zweite: die Idee, Großbritannien sei von einer extremen angelsächsischen Marktphilosophie besessen, die auf den Armen und Benachteiligten herumtrampelt. Die jetzige britische Regierung hat den New Deal für Arbeitslose eingeführt, das größte Arbeitsbeschaffungsprogramm in Europa, und die Langzeitarbeitslosigkeit bei Jugendlichen praktisch beseitigt. Sie hat die Investitionen in die staatlichen Dienstleistungen in den letzten fünf Jahren mehr als jedes andere europäische Land gesteigert. Das war zugegebenermaßen nötig, aber wir haben es durchgezogen. Wir haben in Großbritannien erstmals einen Mindestlohn eingeführt. Wir haben unsere Städte saniert. Wir haben fast eine Million Kinder aus der Armut herausgeholt und zwei Millionen Rentner aus akuter Not; und jetzt haben wir das radikalste Programm zur Verbesserung der Kinderbetreuung und der Mutterschutz- bzw. Elternzeiten in der Geschichte unseres Landes in Angriff genommen. Wir haben das aufgrund unserer starken Wirtschaft getan, und es hat ihr auch nicht geschadet.

Zweitens sollte der Haushalt diese Realitäten widerspiegeln. Hier zeigt uns der Sapir-Bericht den Weg. 2003 von der Europäischen Kommission veröffentlicht, beschreibt er im Detail, wie ein moderner europäischer Haushalt aussehen sollte. Setzen Sie ihn um. Aber ein moderner Haushalt für Europa ist nicht einer, der in zehn Jahren noch immer 40 Prozent für die Gemeinsame Agrarpolitik ausgibt.

Drittens: die Lissabon-Agenda umsetzen. In Sachen Arbeitsplätze, Beschäftigungsquote, Schulabschlüsse, lebenslanges Lernen machen wir Fortschritte, die weit entfernt sind von den konkreten Ziele, die wir uns in Lissabon vornahmen. Die Agenda sagt uns, was zu tun ist. Tun wir es.

Viertens, und hier bin ich vorsichtig, sollten wir einen makroökonomischen Rahmen für Europa vorgeben, der diszipliniert, aber auch flexibel ist. Es steht mir nicht zu, mich über die Eurozone zu äußern. Ich sage nur dies: Wenn wir uns auf echte Fortschritte bei der Wirtschaftsreform einigten, wenn wir unsere Ernsthaftigkeit in punkto Strukturwandel unter Beweis stellten, dann würden die Bürger eine Reform der makroökonomischen Politik für sinnvoll und begründet halten - sie würden sie nicht als Ergebnis finanzpolitischen Laisser-faires, sondern als vernünftig betrachten. Und diese Reform brauchen wir dringend, wenn die Wirtschaft Europas wachsen soll.

Nach den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen sollten wir uns dann auch mit einer weiteren Gruppe von verwandten Themen befassen: Kriminalität, Sicherheit und Zuwanderung.

Die Kriminalität überscheitet die Grenzen jetzt leichter als je zuvor. Die organisierte Kriminalität kostet Großbritannien mindestens GBP 20 Mrd. (€30 Mrd.) jährlich.

Die Zuwanderung hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Ein Großteil davon ist nützlich und zu begrüßen. Die Zuwanderung muss jedoch gesteuert werden. Die illegale Zuwanderung ist ein Problem für alle unsere Staaten und endet für viele Tausend Menschen in einer Tragödie. Schätzungen zufolge werden 70 Prozent der illegalen Einwanderer von organisierten Schleuserbanden unterstützt. Dann gibt es das abstoßende Geschäft des Menschenhandels, wo organisierte Banden Menschen von einer Region in eine andere schaffen, um sie nach der Ankunft auszubeuten. Jedes Jahr werden weltweit zwischen 600.000 und 800.000 Menschen gehandelt. Jedes Jahr werden über 100.000 Frauen Opfer des Menschenhandels in der Europäischen Union.

Eine relevante justiz- und innenpolitische Agenda hätte folgende Schwerpunkte: Umsetzung des EU-Aktionsplans für die Terrorismusbekämpfung, der enorme Möglichkeiten vorsieht, die Strafverfolgung zu verbessern und die Radikalisierung und Rekrutierung von Terroristen zu verhüten; grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und der Polizei bei der organisierten Kriminalität; Erarbeitung von Vorschlägen, um den Menschen- und Drogenhändlern das Handwerk zu legen, und zwar durch Offenlegung ihrer Bankkonten, Störung ihrer Aktivitäten, Festnahme und Anklage ihrer führenden Mitglieder; Vereinbarung von Rückübernahmeabkommen für abgelehnte Asylbewerber und illegale Migranten mit Nachbar- und anderen Staaten; Entwicklung der Biometrie zur Sicherung der Grenzen Europas.

Dann gibt es noch den gesamten Bereich der GASP. Wir sollten uns auf praktische Maßnahmen zum Ausbau der europäischen Verteidigungsfähigkeit verständigen, bereit sein, mehr Einsätze zur Friedenserhaltung und Friedensdurchsetzung zu übernehmen, die Fähigkeit aufbauen, zur Bewältigung von Konflikten schnell und effektiv einzugreifen - mit der NATO oder, wo diese sich nicht beteiligen will, ohne sie. Schauen Sie sich die Mannschaftsstärken in den europäischen Armeen an und unsere Ausgaben. Werden sie wirklich den strategischen Anforderungen von heute gerecht?

Eine solche Verteidigungspolitik ist notwendiger Bestandteil einer effektiven Außenpolitik. Aber auch ohne sie sollten wir überlegen, wie wir Europas Einfluss zu Geltung bringen können. Als die Europäische Union vor kurzem eine Verdoppelung der Hilfe für Afrika vereinbarte, war das ein Impuls nicht nur für diesen von Unruhen gezeichneten Kontinent, sondern auch für die europäische Zusammenarbeit. In der Entwicklungshilfe sind wir Weltführer und stolz darauf. Wir spielen eine Führungsrolle in der Debatte über den Klimawandel und entwickeln paneuropäische Instrumente, ihn zu bekämpfen. Dank Javier Solana hat Europa angefangen, im Nahost-Friedensprozess Präsenz zu zeigen. Meine Logik ist einfach. Ein starkes Europa wäre ein aktiver außenpolitischer Akteur, ein guter Partner natürlich für die USA, aber auch in der Lage, seine eigene Fähigkeit, die Welt zu gestalten und weiterzubringen, unter Beweis zu stellen.

So ein Europa - ein Europa, dessen Wirtschaft modernisiert würde, dessen Sicherheit durch konkrete Maßnahmen innerhalb und außerhalb der Grenzen gestärkt würde - wäre ein selbstbewusstes Europa. Es wäre selbstbewusst genug, um die Erweiterung nicht als Bedrohung zu empfinden - als ob sie ein Nullsummenspiel wäre, bei dem die alten Mitglieder so viel verlieren, wie die neuen gewinnen - sondern als außergewöhnliche Chance, eine größere und stärkere Union zu schaffen. Machen wir uns nichts vor: Wenn wir die Erweiterung stoppen oder uns gegen ihre natürlichen Konsequenzen wehren, wird das letzten Endes nicht einen einzigen Arbeitsplatz retten, nicht eine Existenz am Leben erhalten, nicht eine Firmenabwanderung verhindern. Eine Zeitlang vielleicht, aber nicht auf Dauer. Und in der Zwischenzeit würde Europa enger werden, in sich gekehrter, während diejenigen Zulauf finden würden, die nicht in der Tradition des europäischen Idealismus stehen, sondern in der des veralteten Nationalismus und der Fremdenfeindlichkeit. Ich möchte Ihnen aber in aller Offenheit sagen: es ist ein Widerspruch, für die Liberalisierung der Mitgliedschaft in Europa zu sein, aber gegen eine Öffnung der Wirtschaft.

Wenn wir diesen Kurs ansteuern, wenn wir das zusammen mit der Kommission tun - die jetzige unter Führung von José Manuel Barroso ist dazu durchaus in der Lage, sie ist bereit, einiges an überflüssigen Vorschriften abzuschaffen, Bürokratie abzubauen und sich zum Fürsprecher eines globalen, weltoffenen, wettbewerbsfähigen Europas zu machen -, dann wird es nicht schwer sein, die Vorstellungskraft und die Unterstützung der Bürger Europas zu gewinnen.

In unserer Präsidentschaft werden wir versuchen, die Verhandlungen über den Haushalt weiterzubringen; einige der komplizierten Fragen wie z.B. die Dienstleistungs- und die Arbeitszeitrichtlinie zu lösen; die Verpflichtungen der Union gegenüber Staaten wie der Türkei und Kroatien zu erfüllen, die sich Hoffnungen machen, einmal zu Europa zu gehören; und diese Debatte über die Zukunft Europas offen und mit allen zu führen, wobei wir unsere eigenen Ansichten mit Überzeugung vertreten, aber die Meinung anderer voll und ganz respektieren werden.

Ich bitte nur um eines: geben wir uns nicht der Ilusion hin, diese Debatte sei überflüssig, glauben wir nicht, wenn wir nur zum 'business as usual' zurückkehren würden, würden sich die Menschen früher oder später erweichen lassen und sich mit dem Europa, wie es ist, an Stelle des Europas, wie sie es haben wollen, zufrieden geben. In meiner Zeit als Premierminister habe ich erkannt, dass die eigentliche Schwierigkeit nicht darin besteht, Entscheidungen zu treffen, sondern zu wissen, wann sie getroffen werden müssen. Man muss unterscheiden können zwischen den Herausforderungen, mit denen man umgehen kann, und denen, die man konfrontieren und überwinden muss. Dies ist so ein Augenblick, in dem Europa entscheiden muss.

Die Bürger Europas reden mit uns. Sie stellen die Fragen. Sie wollen Führung von uns. Es ist höchste Zeit, sie ihnen zu geben.

Co potrebuje Evropa ze všeho nejvíc
Pohled na proces ratifikace z jejího nového stredu
Ptáme se všichni, co se s Evropou deje...

2005 wird zum Schicksalsjahr für Afrika:
Europa steht in der Pflicht
Wir müssen die Armut in der Welt insgesamt ins Visier nehmen. Insbesondere die Bedürfnisse und berechtigten Ansprüche des ärmsten Kontinents unserer Erde - Afrika - dürfen wir nicht vergessen...

Europa braucht die Briten:
Motor für Europa
Großbritannien bringt seine wirtschaftliche Dynamik in die Gemeinschaft ein und ist Vorreiter bei der Verteidigungspolitik. Vor allem aber haben die Briten eine Vision, die funktioniert...

Europa:
Die Stunde der Wahrheit

Wir können nicht auf dem europäischen Weg weitergehen, als wäre nichts gewesen. Wir müssen vielmehr auf die Botschaft hören, die uns die Franzosen übermittelt haben, und die Gründe für diese Abstimmung verstehen...

[FORUM]

Britische Botschaft

hagalil.com 23-06-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved