2005 wird zum Schicksalsjahr für Afrika:
Europa steht in der Pflicht
Sir Peter Torry
Das Jahr 2005 wird zum Schicksalsjahr für Afrika
werden, in dem sich der Westen mehr als bisher dem Kontinent zuwenden muss.
Die Katastrophe in Südostasien hat gezeigt, zu welcher Hilfeleistung die
reichen Länder der Welt - und insbesondere Deutschland - in der Lage sind.
An diese Bereitschaft zu helfen müssen wir anknüpfen und die Armut in der
Welt insgesamt ins Visier nehmen. Insbesondere die Bedürfnisse und
berechtigten Ansprüche des ärmsten Kontinents unserer Erde - Afrika - dürfen
wir nicht vergessen.
Bundespräsident Köhler hat gesagt, Europa habe eine "besondere
Verpflichtung" gegenüber Afrika. Mit dieser Auffassung steht er nicht allein
da. Die britische Regierung hat Afrika - zusammen mit dem Klimaschutz - zu
einer ihrer beiden Prioritäten für ihre diesjährige G8-Präsidentschaft
erhoben. Afrika zu helfen ist nicht nur eine Gewissensfrage. Es liegt auch
in unserem eigenen Interesse.
Aber etwas für Afrika zu tun bedeutet vor allem, dass wir mit einigen
unserer vorgefassten Ideen und Vorurteile aufräumen müssen. Wenn es um
Afrika geht, denken viele Menschen nur an Hungersnöte, Korruption oder
Bürgerkriege. Aber das ist falsch. Zugegeben, 18 der 20 ärmsten Länder der
Welt liegen in Afrika. Aber den Kontinent als hoffnungslosen Fall abzutun
würde bedeuten, die Tatkraft und die Fähigkeiten der Menschen dort zu
ignorieren. Heute gibt es in Afrika weniger Konflikte als noch vor 20
Jahren. Trotz furchtbarer Probleme wie Aids haben die Volkswirtschaften der
Staaten südlich der Sahara im Durchschnitt ein Wachstum von vier bis fünf
Prozent jährlich aufzuweisen. In 25 afrikanischen Ländern steigt der
Lebensstandard an.
Die afrikanischen Politiker haben ihrerseits ebenfalls verstanden, dass sie
etwas tun müssen. Ihnen ist klar, dass Afrika bei der Lösung seiner
Konflikte, bei der Förderung guter Regierungsführung und bei der Schaffung
eines günstigen Wirtschaftsklimas selbst die Führung übernehmen muss. Durch
den neuen Zusammenschluss in der Afrikanischen Union haben die Staaten
Afrikas eine eigene Institution zur Friedenserhaltung geschaffen, mit dem
die afrikanischen Staaten untereinander die Einhaltung der Standards guter
Regierungsführung überwachen können.
Aber auch für Europa gibt es einiges zu tun: Erstens müssen wir Afrika einen
fairen Anteil am Welthandel einräumen. Es kann nicht angehen, dass Europa
und andere reiche Länder ihre Landwirtschaft subventionieren und damit
Produkte aus ärmeren Ländern von ihren Märkten fern halten. Wie ist es zu
rechtfertigen, dass wir in der EU jede Kuh mit umgerechnet zwei US-Dollar
pro Tag subventionieren, während mehr als eine Milliarde Menschen mit
weniger als einem US-Dollar pro Tag ihren Lebensunterhalt fristen müssen?
Der beste Weg, den armen Ländern der Welt unsere Märkte zu öffnen, ist ein
erfolgreicher Abschluss der Doha-Welthandelsrunde. Europa muss hier die
Führung übernehmen. Die Hilfsorganisation Oxfam schätzt, dass eine Zunahme
von Afrikas Anteil an den weltweiten Exporten um ein Prozent den fünffachen
Wert seines Anteils an der Entwicklungshilfe und am Schuldenerlass haben
würde.
Zweitens müssen wir Afrika von der unerträglichen Schuldenlast befreien. Die
Finanzminister der G7 haben sich bereit erklärt, die Schuldenrückzahlung der
vom Tsunami betroffenen Länder auszusetzen, bis die Kosten des Wiederaufbaus
klarer sind. Aber wir sollten die Antwort nicht vergessen, die
Nobelpreisträgerin Wangari Maathai auf die Frage gab, was Afrika vom Westen
am dringendsten brauche - nämlich den Erlass der Schulden.
Aber wir müssen noch weiter gehen. Wir brauchen einen hundertprozentigen
Schuldenerlass für die ärmsten Länder. Die reichen Länder sollten parallel
zum bilateralen Schuldenerlass auch einen gleich hohen Erlass der Schulden
bei multilateralen Institutionen wie der Weltbank gewähren.
Drittens müssen wir den Umfang der Entwicklungshilfe und ihre tatsächliche
Leistung verbessern. Es ist an der Zeit, dass wir das Ziel der Uno, 0,7
Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu
stellen, nicht nur gutheißen, sondern auch erfüllen. Und wir müssen Wege
finden, die Auszahlung der Entwicklungsgelder so zu maximieren, dass
Probleme effektiv angegangen werden können, bevor sie zur Katastrophe
werden.
Frankreich, Italien und Großbritannien haben die internationale
Finanzierungsfazilität bereits unterzeichnet, die dafür sorgen soll, dass
zugesagte Entwicklungsgelder frühzeitiger zur Verfügung stehen, um so ihre
Wirkung zu verstärken.
Viertens muss Europa Afrika dabei helfen, selbst für die Verbesserung seiner
Sicherheit zu sorgen. Unsere oberste Priorität sollte es sein, die
Afrikanische Union zu unterstützen, so wie Deutschland und Großbritannien
das ja in Darfur bereits tun. Aber es wird möglicherweise auch Konflikte
geben, die Afrika nicht aus eigener Kraft stoppen kann. Dann sollte Europa
bereitstehen und eingreifen, so wie es im Kongo und in Sierra Leone
geschehen ist. Die künftigen "EU-Battlegroups" sollten in der Lage sein, auf
eine Krise in Afrika innerhalb von zehn Tagen zu reagieren.
2005 wird ein entscheidendes Jahr für Afrika. Im Juli bietet der G8-Gipfel
die Chance, beim Schuldenerlass und gezielterer Entwicklungshilfe ein großes
Stück voranzukommen. Im September soll ein Uno-Sondergipfel die bisher
erreichten Fortschritte bei den Millenniums-Entwicklungszielen beurteilen,
zu denen auch die Halbierung der Weltarmut bis 2015 gehört.
Der Hongkonger Gipfel der Doha-Welthandelsrunde im Dezember sollte dazu
beitragen, die Märkte für die ärmsten Länder der Erde zu öffnen. Europa
widmet Afrika bereits mehr Aufmerksamkeit. Unsere Aufgabe ist es nun, diese
Aufmerksamkeit auch in effektives Handeln umzusetzen.
Artikel des britischen Botschafters Sir Peter Torry,
erschienen zuerst im Handelsblatt, 18. Januar 2005
Co potrebuje Evropa ze všeho nejvíc
Pohled na proces ratifikace z jejího nového stredu
Ptáme se všichni, co se s Evropou deje...
Europa braucht die Briten:
Motor für Europa
Großbritannien bringt seine wirtschaftliche Dynamik in die
Gemeinschaft ein und ist Vorreiter bei der Verteidigungspolitik. Vor allem
aber haben die Briten eine Vision, die funktioniert...
Der Zeitpunkt für Blairs Rede ist günstig:
Eine Vision für Europa
Rede des britischen Premierministers Tony Blair vor dem Europäischen
Parlament...
Europa:
Die Stunde der Wahrheit
Wir können nicht auf dem europäischen Weg weitergehen, als
wäre nichts gewesen. Wir müssen vielmehr auf die Botschaft hören, die uns
die Franzosen übermittelt haben, und die Gründe für diese Abstimmung
verstehen...
[FORUM]
Britische
Botschaft
hagalil.com 23-06-2005 |