
Landser (I):
Ein folgerichtiges Urteil
Das Urteil des Bundesgerichtshofes
richtet sich vor allem gegen die organisierte Verbreitung von
Volksverhetzung.
Von Klaus Parker
Jungle World
11 v. 16.03.2005
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofes gegen die Band
Landser ist nur folgerichtig. Die gesetzliche Vorschrift über die Bildung
krimineller Vereinigungen ist auf Parteien, die vom Bundesverfassungsgericht
noch nicht verboten worden sind, wie etwa die NPD, unanwendbar (Paragraf 129
Abs. 1 Ziffer 1 StGB). Die Einbindung von organisierten und militanten
Rechtsextremisten in die Programmatik der NPD unter dem Stichwort "Kampf um
die Straße" schließt gerade die organisatorische, zumindest jedoch die offen
sichtbare Integration in Parteistrukturen aus. Mit anderen Worten existieren
diese Gruppen und Vereinigungen zwar mit, aber eben neben der NPD und sind
somit geeignet, unter dem Gesichtspunkt einer kriminellen bzw.
terroristischen Vereinigung betrachtet zu werden.
Es ist eben kein Zufall, sondern der Strategie der Rechtsextremisten selbst
geschuldet, dass die ersten Strafurteile in dieser Richtung zu einem
Zeitpunkt ergingen, zu dem sich die oben geschilderte "Arbeitsteilung"
zwischen der NPD und sonstigen rechtsextremistischen Gruppierungen etabliert
hat.
Eine derartige Vereinigung ist charakterisiert durch einige Dauer und eine
organisationsinterne Willensbildung. Letztgenannte braucht nicht
demokratisch zu sein, sondern kann durchaus auf dem so genannten
Führerprinzip beruhen. Dies dürfte bei einer Vielzahl rechtsextremer Gruppen
auch tatsächlich der Fall sein. Die Anforderung an den Organisationsgrad
liegt unter der für Vereinigungen, die unter das Vereinsgesetz fallen und
entweder vom Bundesinnenministerium oder von den Innenministern der Länder
verboten werden können.
Dies bedeutet nicht, dass sich kriminelle Vereinigungen und Vereine
gegenseitig ausschlössen. Bei kriminellen bzw. terroristischen Vereinigungen
besteht jedoch die Besonderheit, dass diese auch mangels Organisationsgrad
nach dem Vereinsgesetz "nicht zu greifen" sind. Der Bundesgerichtshof hat
diesen Umstand in seiner Revisionsentscheidung nochmals deutlich gemacht,
indem er ausführte, dass bei der kriminellen Vereinigung solche
vereinstypischen Merkmale wie ein Vorstand und eine Satzung entbehrlich
seien.
Bei neueren Organisationsformen von Rechtsextremisten, etwa in
"Kameradschaften" oder in "Arbeitsgemeinschaften freier Nationalisten",
dürfte demnach oftmals ein Vorgehen nach dem Vereinsgesetz mangels
Organisationsgrad nicht möglich sein, die Strafvorschriften über die Bildung
einer kriminellen Vereinigung greifen in diesen Fällen jedoch trotzdem.
Im Fall der Band Landser wird oft das Argument verwandt, es habe sich um
eine reine Musikergruppe gehandelt und man könne eine solche (was auch immer
der Kunstbegriff angesichts der gewalttätigen Texte bedeuten mag) per se
nicht als kriminelle Vereinigung titulieren und behandeln. Diese Sichtweise
lässt unberücksichtigt, dass es neben den eigentlichen Stücken der Band
vorrangig um deren Vermarktung ging.
Die Scheiben waren zu pressen und zu vertreiben. Wegen der durchweg
volksverhetzenden Inhalte der Stücke geschah dies über konspirative
Strukturen. Diese mussten gut und arbeitsteilig ausgebildet sein, um den
Transport, die Werbung, die Verteilung und das Inkasso durchzuführen.
Die jeweils "neueste Landser" war insofern so etwas ähnliches wie eine
LKW-Ladung unverzollter und unversteuerter Zigaretten, die unter Wahrung der
Konspiration an den Käufer zu bringen war. Sie war eben auch eine Ware, die
den Gesetzmäßigkeiten jedes legalen oder illegalen Warenverkehrs unterliegt.
Auch diesem Umstand trägt die nunmehr höchstrichterliche Rechtsprechung
Rechnung.
Weder das Kunstprivileg noch das Parteienprivileg der NPD stehen einer
Behandlung von Neonazi-Bands als krimineller Vereinigungen entgegen. Diese
Rechtsprechung ist zum einen die Reaktion auf den Versuch der parteilich
organisierten Rechtsextremisten, gewalttätige Gruppen inhaltlich, aber nicht
organisatorisch an sich zu binden, und zum anderen darauf, dass
rechtsextremistische und volksverhetzende Botschaften "unters Volk" gebracht
werden sollen und insofern Waren wie alle anderen sind.
Der Autor ist Mitarbeiter von
hagalil.com.
Landser (II):
Ein zwiespältiges Urteil
Das Gerichtsurteil gegen die Band Landser könnte
schnell auf linke Musiker angewendet werden...
hagalil.com 16-03-2005 |