Von Ralf Fischer
Im eisigen Wind versammeln sich die ersten Demonstranten vor dem
S-Bahnhof Spandau. Sie fallen kaum auf im normalen Einkaufsverkehr. Normales
Geschäftstreiben an einem Samstag Nachmittag am anderen Ende der Großstadt.
Die meisten Demonstranten tragen schwarz, sind sehr jung, aber haben schon
viel Zeit damit verbracht auf Deutschlands Straßen zu demonstrieren. Einige
ältere Passanten beobachten das Treiben verständnislos. Demonstrationen in
Spandau sind etwas ungewohntes, linke anscheint erst recht.
Für die jungen Demonstranten ist es nicht die erste Manifestation per
pedes. Wie ihr gegenüber, die Polizei, sind sie schon fast beinahe
professionell in ihrem Protest.
Die Polizei ist rund um den S-Bahnhof massiv präsent. Mehrere
Mannschaftswagen und der BGS stehen am Bahnhof zum Schutz der Demonstration
versammelt. Doch sie werden nicht gebraucht. Bis zum Ende der Demonstration
blieb es friedlich.
Insgesamt 150 Menschen folgten am Samstag dem Aufruf eines Bündnisses von
antifaschistischer Gruppen aus Berlin und Brandenburg und demonstrierten in
Spandau gegen den anwachsenden Antisemitismus in Deutschland. Vor einem
Monat, in der Nacht vom 06. zum 07. Dezember, schmierten bisher unbekannte
Täter die Straßenschilder der Jüdenstraße in der Spandauer Altstadt mit
roter Farbe voll und pinselten ferner die Parole "Die Juden sind unser
Unglück" an die Geschäftsstelle der PDS in Spandau. Mit ähnlichen Parolen
störten schon am 01. November 2002 mehrere Anwohner die Umbenennung der
ehemaligen Kinkelstraße in Jüdenstraße auf der auch der damalige Vorsitzende
der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Alexander Brenner, sprach.
Die antisemitischen Farbschmierereien in Spandau waren der Anlaß für die
Initiative gegen Antisemitismus Berlin-Brandenburg (IgA-BB) die
Demonstration zu organisieren, doch nicht der einzige Grund. Torsten Lange,
Sprecher der Initiative, verweist "auf die ständigen antisemitischen
Schmierereien und Übergriffe in Berlin, sowie die ständige Diffamierung des
Staates Israel in den Medien" als Motiv für die Demonstration. Auch die
Transparente die auf der Demonstration mitgeführt wurden, sprachen Tacheles.
'Antisemiten angreifen', 'Solidarität mit Israel' oder 'Gegen
jeden Antisemitismus' stand auf ihnen geschrieben.
Antisemitische Denkmuster und Ressentiments:
Die Diskussion über die
"Jüdenstraße"
Vor gut zwei Jahren war es endlich soweit, 57
Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führte man in Spandau den Namen
"Jüdenstraße" wieder ein, den die Nationalsozialisten - auf der Grundlage
ihres antisemitischen Weltbildes - getilgt hatten...