Wim Wenders übt scharfe Kritik am Hitler-Film:
"Warum zeigt man nicht, dass das Schwein endlich tot ist?"
Der Regisseur Wim Wenders hat scharfe Kritik am
Erfolgsfilm "Der Untergang" über die letzten Tage Adolf Hitlers geübt.
Wenders wirft den Verantwortlichen um Produzent Bernd Eichinger in der ZEIT
"Verharmlosung" bei der Darstellung von Hitlers Tod vor. "Warum, verflucht
noch mal!? Warum nicht zeigen, dass das Schwein endlich tot ist? Warum dem
Mann diese Ehre erweisen, die der Film sonst keinem von denen erweist, die
da reihenweise sterben müssen?", schreibt Wenders in der ZEIT.
Der Regisseur, der bereits vor 27 Jahren in der ZEIT eine
scharfe Kritik gegen den Hitler-Dokumentarfilm von Joachim Fest geschrieben
hatte, kritisiert die Meinungslosigkeit des neuen Films: "Der Film hat von
allem keine Meinung, vor allem nicht vom Faschismus oder von Hitler. Er
überlässt den Zuschauern die Haltung, die er selbst nicht hat oder höchstens
vortäuscht." Dieser "Mangel an Erzählhaltung führt die Zuschauer in ein
schwarzes Loch, in dem sie auf (beinahe) unmerkliche Weise dazu gebracht
werden, diese Zeit doch irgendwie aus der Sicht der Täter zu sehen,
zumindest mit einem wohlwollenden Verständnis für sie."
Der Versuch Bernd Eichingers, in dem Film "Der Untergang"
auch die menschliche Seite der deutschen Alptraumgestalt zu zeigen, füllt
die Kinosäle und löste ein großes Medienecho aus.
Am Sonntag, 24.Oktober 2004, 23.30 Uhr im ZDF, will nun auch "Das
Philosophische Quartett" über "Adolf Hitler - eine Medienkarriere"
diskutieren. Zu Gast bei den Moderatoren Peter Sloterdijk und Rüdiger
Safranski sind der Schriftsteller und Büchner-Preisträger Durs Grünbein und
der Historiker und Bestsellerautor Jörg Friedrich ("Der Brand").
Das Medienecho auf das Film-Drama über Hitlers letzte
zwölf Tage im Führerbunker war auch im Ausland enorm. Vor allem die
englische und französische Presse sah eine "noch nie da gewesene
Medienkampagne", die dabei sei, dem Film mit einem "Hitler-Hype" zum Erfolg
zu verhelfen. Der neue Rummel um den "Führer" nehme "absurde Dimensionen"
an, schrieb die Londoner "Times". Die Pariser "Libération" befürchtet eine
neue deutsche "Hitlermania" und bezeichnet es als "fatalen Fehler", einen
fiktiven Film über den "Führer" zu drehen. Der konservative "Figaro" spricht
den Deutschen gar die Reife ab, den Menschen Hitler darstellen zu können.
"Wen interessiert es, ob Hitler seinen Hund liebte",
fragte die australische "Canberra Times" und warnt vor einem biographischen
Revisionismus. Ganz anders sieht es die "New York Times": "Dass Hitler Stoff
für ein Stück Massenunterhaltung geworden ist, zeigt, wie weit es den
Deutschen gelungen ist, ihre Geister zu bannen."
Ist solche Gelassenheit angebracht? Dieser Frage geht das
"Philosophische Quartett" nach. Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski
stellen dabei folgende These zur NS-Vergangenheit zur Diskussion: In dem
Maße, in dem sich die Moralvorstellungen und der Grad der Betroffenheit
verändern, steigt der Unterhaltungswert. Gehört es also zum Lauf der Dinge
und dem langsamen Erlöschen der natürlichen Gedächtnisse, wenn der
Hitler-Stoff zu einem Unterhaltungs-Stoff wird, den man sich - von Reflexen
unberührt - einfach ansieht?
"Der Untergang":
Mitleiden mit Hitler?
“Der Untergang“, so nennt Bernd Eichinger seinen Film
über die letzten Tage Hitlers im Bunker der Reichskanzlei. Ein Bestseller
von Joachim Fest sowie die Erinnerungen der Hitler Sekretärin Traudl Junge
liefern den Stoff für den 150 Minuten Film...
"Der Untergang" im Kino:
Vergesst Hitler!
Es herrscht eine merkwürdige Stimmung: eine Mischung aus
Aufgeregtheit und Ermüdung: "Der Untergang" kommt ins Kino - und alles tut
so, als hätten wir es mit einem bedeutsamen Ereignis zu tun...
hagalil.com
21-10-2004 |