Thema:
[Hohmann legt nach] [FORUM]
Komplexes am Tag der Deutschen Einheit:
Hohmanns Weltbild aus antisemitischen Stereotypen, Geschichtsrelativismus,
Homophobie und Frauenfeindlichkeit
Rede der Gruppe
sinistra! am Tag der deutschen Einheit 2004 bei der
Kundgebung 03-10-2004
Wir protestieren heute
nicht nur aufgrund der antisemitischen Rede von Martin Hohmann im letzten
Jahr, sondern auch um uns gegen den antisemitischen Konsens in der
Gesellschaft zu stellen, der es Martin Hohmann so einfach gemacht hat, mit
seiner Rede Einvernehmen und Schulterklopfen zu erreichen.
Nicht zuletzt gehen wir davon aus, dass Hohmann mit seiner diesjährigen
Ansprache zum Thema „Patriotismus“ erneut deutschnationales Gedankengut
verbreiten wird. Diese Kundgebung soll dazu beitragen, dass dies nicht
ungestört geschehen wird. Nicht erst in der Rede zum
Tag der deutschen Einheit 2003
ist Martin Hohmann mit Äußerungen aufgefallen, die von vielen
Journalistinnen und Politikerinnen als rechtsradikal eingestuft wurden.
Hier seien einige Beispiele angeführt:
1. Gegen den Antrag der PDS, den 8. Mai als Feiertag einzuführen,
argumentierte er, der 8. Mai 1945 sei nicht als Freudentag zu assoziieren.
Er sieht in dem Tag keinen Grund zur Freude, der die Befreiung der
Konzentrationslager, das Ende des von Deutschland begonnenen Weltkrieges und
des Nationalsozialismus symbolisiert. Er verbindet andere Ereignisse mit dem
Datum: die Enteignung und Umsiedlung, sowie die angebliche Zwangsarbeit von
Deutschen.
2. Die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter ist Hohmann ein wichtiges
Anliegen. Mit einer unglaublichen Unverfrorenheit verdreht er Tatsachen, in
dem er behauptet, die Zwangsarbeiterinnen im Nationalsozialismus hätten
nun genug Geld bekommen und fordert die Bundesregierung auf, sich ab
sofort für die Entschädigung der deutschen einzusetzen.
Jüdische und andere Zwangsarbeiterinnen, die im Nationalsozialismus von
deutschen Firmen versklavt wurden, warten bis heute auf eine angemessene
Entschädigung, ja im überwiegenden Falle wurden ihnen noch nicht einmal ihre
Löhne ausgezahlt. Wie sich NS-Profiteure und deutsche Firmen um ihre Pflicht
der Entschädigung drücken, sieht man beispielweise an Flick oder den IG
Farben, die fast 60 Jahre ihre sogenannte Auflösung betreiben konnte, ohne
jemals nennenswerte Summen an die Opfer zu überweisen.
Bereits im Sommer 2001 beschwerte sich im Zusammenhang mit der
Entschädigungsdebatte Karl Brozik von der Jewish Claims Conference beim
damaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Friedrich Merz: "Herr Hohmann
benutzt Formulierungen und Stereotypen, die bereits in der Weimarer Republik
von Rechtsradikalen benutzt worden sind". Merz ignorierte den Inhalt des
Schreibens.
3. Martin Hohmann spricht sich für die Abschaffung der Benes-Dekrete
aus, die die Umsiedlung von deutschen Tätern aus Tschechien regelten und
verhindern, dass Deutsche ihre ehemaligen Grundstücke zurückfordern können.
4. Wie Hohmann in einem
Interview mit
der Jungen Freiheit (bzw.:
../08/hohmann.htm)
verlauten lässt, ist er überzeugt, dass der Zentralrat der Juden in
Deutschland eine einzigartige, ja vordemokratische Rolle einnimmt. Der
Arbeitskreis Konservativer Christen, mit dem Hohmann engen Kontakt pflegt,
sieht in dem Bau des Holocaust-Denkmals die "Zementierung der Rache und
Demütigung des Deutschen Volkes für immer."
5. Auf einer rechtskonservativen Linie ist Hohmann auch in Fragen der
Sexualität. Er will das Sexualstrafrecht verschärfen und Frauen dazu
zwingen, ungewollte Schwangerschaften zu Ende zu bringen und ihnen das Recht
auf Abtreibung absprechen. Das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare führe
zu einer "Denaturierung des Leitbildes der Familie". Indem er dazu aufruft,
dem mit "aktiver Zivilcourage" entgegenzutreten, spricht er sich gegen eine
Tolerierung von Homosexualität in der Gesellschaft aus.
Bereits lange bevor es also zur skandalträchtigen letztjährigen Rede
Hohmanns kommt, konnte ein Weltbild erkennbar sein, das sich aus
antisemitischen Stereotypen, Geschichtsrelativismus, Homophobie und
Frauenfeindlichkeit zusammensetzt.
Das meist diskutierte Thema in der öffentlichen Debatte war der
antisemitische Gehalt, der immer wieder nicht nur von Hohmann selbst,
sondern auch von zahlreichen Parteifreunden verneint wurde. Hohmann zog in
seiner Rede, nachdem er sich seitenlang in Phantasien über die angebliche
Beteiligung von Juden an historischen Verbrechen erging, den Schluss, wenn
die Deutschen als Tätervolk bezeichnet würden – was de facto niemand tut –
dann träfe dieser Begriff mindestens genauso auf Juden zu.
Hervorgehoben werden muss, dass Hohmann kontinuierlich das Judentum nicht
als Religion, sondern als Volk ansieht, womit er nebenbei ausschließt, dass
es deutsche Juden geben kann. Man kann sich an dieser Stelle fragen,
inwieweit er darin dem nationalsozialistischen Rassenantisemitismus nahe
steht, der ebenfalls eine blutsmäßige Definition des Judentums propagierte.
Auch die von Hohmann unter Bezug auf Klassiker der antisemitischen Literatur
peinlich genau aufgelistete, angebliche jüdische Beteiligung an der
Oktoberrevolution wurde bereits in der nationalsozialistischen Propaganda
herausgestellt. Die Massenvernichtung der Juden wurde von den Deutschen u.a.
durch deren „bolschewistische Umtriebe“ legitimiert. So phantasierte
beispielsweise Goebbels 1941 von den Juden, die den Marxismus erfanden und
damit die Welt revolutionieren wollten.
Sozialhilfeempfänger,
Arbeitslose, Flüchtlinge... alles Schmarotzer!
Wie in einem Artikel zur
Rede Hohmanns hervorgehoben wird, propagiert er ebenfalls die
Volksgemeinschaft und stellt die Prinzipien des Rechtsstaates in Frage, wenn
er von Sozialhilfeempfängern, Arbeitslosen, Flüchtlingen und anderen
Leistungsempfänger als „Schmarotzern“ spricht. Hohmann beruft sich auf
volksgemeinschaftliches Denken, in dem nicht jede und jeder ein Recht auf
Leistungen seitens des Staates besitzt.
Bezug nehmend auf die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ scheint hier gemeint
zu sein, dass diejenigen, welche nicht für die Gemeinschaft nützlich sind –
also im kapitalistischen Sinne produktiv wirken - auch nichts von der
Gemeinschaft bekommen sollen. Hohmann kann hier an einen breiten
gesellschaftlichen Konsens anknüpfen, der durch die Auseinandersetzungen um
Hartz 4 noch stärkere Zustimmung zu bekommen droht: Geld soll es nur für
Arbeit und Arbeit nur für Deutsche geben.
Mit dem Thema Antisemitismus konnte Hohmann jedoch auch in der
Öffentlichkeit erstaunlich gut anknüpfen. Wie gut, das hat sich in einigen
Berichten und Fernsehreportagen über den Ort Neuhof und seine Umgebung im
letzten Jahr gezeigt. Bürger und Bürgerinnen sprechen offen auf der Strasse
von einer jüdischen Weltverschwörung, von der unheimlichen Macht der Juden
und deren Inszenierung einer medialen Hetzkampagne gegen die „verfolgte
Unschuld“ Hohmann. Sie sehen sich einem Redeverbot ausgesetzt, das allzu gut
mit Hohmanns Reden kompatibel ist, wonach die Deutschen im „eigenen Land“
gegenüber Migrantinnen benachteiligt würden und stets die „Erschlagung“ mit
der „Antisemitismuskeule“ befürchten müssten.
Angesichts der Furcht vor allerlei Tabus artikulieren sie sich allerdings
recht lauthals, die Antisemiten in der Region. In Leserbriefen in lokalen
Medien scheuen sie noch nicht mal ihren Namen unter einschlägige Hasstiraden
zu setzen. Jetzt traut man sich wieder, kein Wunder wo man sich doch des
Rückhalts der überwiegenden Mehrheit sicher weiß. So stimmten bei einer
Umfrage der Fuldaer Zeitung 88% gegen einen Ausschluss Hohmanns aus der
CDU-Fraktion.
Lokale Politiker wie bspw.
Landrat Fritz Kramer äußern sich denn auch eher besorgt um den Ruf der
Region, als über die Inhalte der Hohmannschen Reden. Sie stellen vor allem
ihr eigenes, durch das Medienspektakel ausgelöste Leiden in den Mittelpunkt
und heben hervor, die Einwohnerinnen der Gemeinde seien sicher nicht als
rechtsextrem einzustufen. Dem steht die Aussage eines örtlichen
SPD-Politikers entgegen, der meinte, dass Kritik gegenüber Martin Hohmann in
der Region äußerst ungern gesehen wurde. "Aber man steht da nicht einfach
auf, mitten im Saal, und beschwert sich. Da bist du gebrandmarkt im Dorf. Da
sagen die Leute doch nur: 'Der hat s nötig, so gegen unseren Martin zu
reden'."
Nicht nur in der Region ist sich Hohmann der Zustimmung sicher, auch in der
CDU vermutet er nach eigenen Aussagen, dass sich seine Position inhaltlich
bei der Parteimehrheit wiederfindet. Sich selbst sieht er als Opfer von
political correctness, der sich einige Mitglieder der CDU unterwerfen
(müssten). Das schwerfällig in die Gänge gekommene Ausschlussverfahren gegen
seine Person könnte ihm in der Frage nach heimlichen Sympathien durchaus
recht geben.
Was wird Hohmann wohl heute im Schützhaus über Patriotismus zu sagen haben?
Hat man die letztjährige Rede gelesen, scheint es ziemlich klar. Zentrales
Anliegen ist ihm die Entlastung der Deutschen, die er um jeden Preis von
einer besonderen historischen Schuld reinwaschen will. Momentan
diagnostiziert er allerdings eine „nationale Ich-Schwäche“, die durch die
immer wieder vorgebrachten Schuldzuweisungen und das „Übermaß an Wahrheit“
über die Verbrechen des Nationalsozialismus entstanden sein soll.
Er wird gegen die herbeihalluzinierte Benachteiligung der Deutschen reden
und die Leute dazu aufrufen, Pflichtbewusstsein gegenüber und Stolz auf ihr
Vaterland zu zeigen, ein Aufruf der offenbar untrennbar mit antisemitischen
Implikationen verbunden ist.
Deshalb stehen wir hier, auf der anderen Seite. Es geht uns damit
keinesfalls darum, das gute Deutschland zu repräsentieren und damit die
breite Zustimmung von Hohmanns Rede zu verschleiern. Und dennoch: Es darf
nicht sein, dass einer wie Martin Hohmann hier ungestört eine Rede halten
kann.
Es darf nicht sein, dass eine sympathisierende Hörerschaft hier ungestört
lauschen und Beifall klatschen kann, toleriert und unterstützt von einem
ganzen Dorf.
sinistra! [http://www.copyriot.com/sinistra]
Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main
gegenantisemitismus@gmx.net
Der Stahlhelm-Flügel der
von Alfred Dregger geprägten hessischen CDU:
Guter Tradition standhaft treu
Der Herr Hohmann mimt die
verfolgte Unschuld – wie so viele Antisemiten vor ihm...
Grußadresse von Peter
Gingold:
Es
beginnt mit Worten
Bei der Kundgebung gegen die Rede des MdB Martin Hohmann
Proteste gegen Hohmann:
Kundgebung in Neuhof
Wie angekündigt, führte das Bündnis gegen Antisemitismus
Rhein-Main am Sonntag, 03.10.04, eine Kundgebung gegen die Rede des MdB
Martin Hohmann durch...
Guter Tradition standhaft treu:
Hohmann legt nach
Der ehemalige CDU-Politiker Martin Hohmann will am kommenden
Tag der deutschen Einheit, erneut in Neuhof eine Rede halten...
hagalil.com
04-10-2004 |