OSZE-Konferenz in Paris:
Fremdenhass und Antisemitismus im Internet
Am kommenden Mittwoch und Donnerstag findet in Paris eine
OSZE-Konferenz statt, die die Zusammenhänge zwischen rassistischer,
fremdenfeindlicher und antisemitischer Propaganda im Internet und
Hassdelikten zum Thema hat. Die Veranstaltung gehört zu einer Serie von drei
OSZE-Konferenzen zu Toleranz und Antidiskriminierung in diesem Jahr.
Anders als die vorausgegangene Konferenz zu Antisemitismus
Ende April in Berlin findet die Pariser Veranstaltung bisher wenig Gehör in
den Medien, obwohl sie ein dringliches Thema behandelt. In vier Sitzungen
wird die Pariser Konferenz über rechtliche Möglichkeiten, Art und Ausmaß von
Zusammenhang zwischen Internetpropaganda und Hassdelikten, Formen der
Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Initiativen und über
bewährte Praktiken zur Nutzung des Internets zur Erziehung zu Toleranz und
Verständnis beraten.
haGalil onLine wird ebenfalls auf der Konferenz vertreten
sein und sein Konzept vorstellen. Wir sind der Überzeugung, dass wir das
Internet nicht in erster Linie als Bedrohung, sondern viel mehr als eine
Chance für Dialog und Verständigung in einer vielfältigen und globalen
Gesellschaft begreifen müssen. Natürlich ist es
wahr, dass der Antisemitismus im Internet eine immer dominantere und
aggressivere Stellung einnimmt und dass das World Wide Web zum effektivsten
Werkzeug zur Artikulation und Verbreitung von Ressentiment, Vorurteil und
Hass gegen Juden geworden ist. Es erreicht nämlich nicht nur jene, die
Hetzartikel und Propagandamaterialien suchen, sondern auch jene, die an
themenbezogen neutraler Information interessiert sind. Die Tatsache, dass
die meisten Menschen, zumindest in Deutschland, sowenig über jüdisches Leben
und Judentum wissen, macht es den Antisemiten so einfach, ihre Botschaft des
Hasses zu verbreiten.
Antisemitismus ist das kennzeichnende Merkmal
fundamentalistisch-nationalistischer Ideologie und als solches
gemeinsamer Nenner so unterschiedlicher Bewegungen wie Pamjat in
Russland und dem Ku-Klux-Klan in Amerika, Christlich-Arischer
Allianzen und Islamistischer Fundamentalisten.
Es hat ungefähr zehn Jahre gedauert, bis diese
Tatsachen zu einer breiteren Öffentlichkeit durchgedrungen sind, und
wir sind sehr froh darüber, dass sich konsequenterweise die
OSZE-Konferenz in Paris speziell mit dem Thema "Antisemitismus im
Internet" auseinandersetzen möchte.
Es ist nun sehr
zu hoffen, dass diese Erkenntnisse auch zu den Entscheidungsträgern
durchdringen werden, und es nicht noch einmal zehn Jahre dauern
wird, bis geeignete Gegenstrategien nicht nur erkannt, sondern auch
endlich unterstützt werden.
Es ist verständlich, dass Forderungen nach einem
weltweit verbindlichen Wertekonsens immer wieder erhoben werden.
Vielleicht sind solche Forderungen sogar lobenswert, realistisch
sind sie auf keinen Fall. Sie gehen davon aus, dass festgelegt
werden könnte, was über Juden und den Staat Israel verbreitungswert
sei, und dies nicht nur am Bodensee, sondern auch in Malaysia, in
Durban, in Riad oder Teheran. Im Hinblick auf ein internationales,
dynamisches, dezentralisiertes und offenes Medium sind Strategien,
die sich in erster Linie oder gar ausschließlich auf
obrigkeitsstaatliche Kontrollmechanismen stützen nicht nur
illusorisch, sondern geradezu fahrlässig und gefährlich.
Die Diskussion sollte endlich einmal darüber
hinauskommen, was wünschenswert wäre und sich stattdessen darauf
konzentrieren, was getan werden kann, bzw. schon längst getan wird
und mit entsprechender Unterstützung noch viel besser getan werden
könnte.
Seit 1995 haben wir ein recht einfaches Modell
immer weiter entwickelt, so dass es heute vielfältig und in
unterschiedlichen Ländern einsetzbar ist.
Vielleicht ist es gerade deshalb so erfolgreich,
weil wir es nicht gegen, sondern für etwas aufgebaut
haben. Wir haben sozusagen weniger gegen die Lüge, als
vielmehr für die Wahrheit gearbeitet.
Unsere Hauptstrategie ist die Schaffung eines
massiven Gegengewichts durch eine Vielfalt aufklärender Information.
Die ständige Aktualisierung und Verbesserung unseres Angebots unter
einer Adresse führt zu immer besseren Positionierung in den
Suchmaschinen. Wenn es uns gelingt 100 unserer Seiten beispielsweise
zum jüdischen Feiertag "Purim" zu veröffentlichen, so stehen die
Chancen, dass ein Schüler auf der Suche nach Informationen zu diesem
Thema bei uns landet, hundert mal größer als dass er beim NPD-Anwalt
Horst Mahler landet, der diesem Thema aus ganz anderen Gründen
ebenfalls einen Artikel widmet.
Unser zweiter Ansatz nutzt die kommunikativen
Möglichkeiten eines aktiven und lebendigen Onlinedienstes, denn die
beste Vorraussetzung für Verständigung sind Begegnung und
authentische Information. Wir wissen längst, dass Antisemitismus
gerade dort am meisten verbreitet ist, wo die wenigsten Juden leben.
Für Jugendliche in Brandenburg ist haGalil onLine oft die erste und
einzige Möglichkeit, mit Juden Kontakt aufzunehmen.
Aus einer Menge von monatlich 220.000 Besuchern,
erhalten wir täglich Dutzende von Anrufen und e-Mails mit Anfragen
von Journalisten, Schülern und Lehrern. Unsere Foren und Chats
bieten weitere Möglichkeiten zur Kommunikation. So überraschte es
uns nicht, dass eine Nazi-Aussteigerin die Vorsitzende einer
jüdischen Gemeinde in Bayern kennenlernte und die beiden eine
gemeinsame Reihe von Vorträgen an Schulen und Jugendzentren ins
Leben riefen. Von vielen werden wir als Anlaufstelle für den Kampf
gegen Rechts wahrgenommen und unsere Ausdauer ist für viele ein
ermutigendes Zeichen in dieser Auseinandersetzung.
Wenn wir auch nicht in erster Linie auf
legislative Maßnahmen bauen, nutzt unser dritter Ansatz dennoch
juristische Mittel als ein weiteres effektives Werkzeug im Kampf
gegen den Hass. Nach massiven Angriffen auf unsere offenen Foren
stellten wir das weltweit erste Formular zur elektronischen Meldung
antisemitischer Hetze. Im Jahr werden ca. 1000 Vorfälle gemeldet und
ein großer Teil der deshalb geahndeten Straftaten kam über dieses
Formular zur Verhandlung. Zur Vervollständigung entsprechender
Erkenntnisse werden einschlägige Angebote konstant beobachtet.
OSCE Meeting on Racist, Xenophobic and Anti-Semitic Propaganda
on the Internet
OPENING SPEECH
haGalil onLine:
Tension between freedom of speech and control of incitement
I think it became clear, that
we cannot perceive the internet primarily as a threat, but much more should use
the chance it offers to promote understanding and dialogue in a pluralistic and
global society...
(Soundfile
from Paris RA)
Public and Private Partnership:
The Fight Against Racism, Xenophobia and anti-Semitism on the
Internet
An Introduction by Miklós Haraszti,
OSCE-Representative on Freedom of the Media...
Some arguments by Ms. Karin Spaink:
Why
discriminatory speech on the internet cannot – and should not – be banned
OSCE / FOM Objections pertaining to constitutional
rights and the law...
Technical and political considerations:
Is
prohibiting hate-speech feasible - or desirable?
At the OSCE Paris conference a number of countries /
NGOs appealed to regulate the internet in order to stop hate speech. However,
and contrary to popular belief, there is no such thing as 'the internet'...
Security and Transparency:
Online
Propaganda and the Commission of Hate Crimes
by Michael Whine, Chairman of the Community Security
Trust, which provides defence and security services for the Jewish community in
the UK...
Free Speech:
..."Let the
bright light of truth expose their bigotry, so their lies can be unmasked"...
by Stephan M. Minikes, Ambassador, U.S. Mission...
Christian Antijudaism:
Cyberspace
is a reflection of the world-at-large
If we put enough effort in education that promotes respect for
differences, peaceful co-existence and tolerance, the Internet will also become
hate-free...
One of the most acute dilemmas facing us at the
outset of the Twenty-First Century:
The
proliferation of hate material on the internet
Mass communication is not anymore on its infancy.
With the Internet, we are dealing with a phenomenon unparalleled in all of
History. Instant communication is possible, to all points on the globe, at
minimum cost...
CONCLUSIONS BY THE
CHAIR OF THE OSCE MEETING
hagalil.com
14-06-2004 |