Im Mittelpunkt der Bedrohung:
Islamistischer Terrorismus und Extremismus
Islamistische Extremisten stellen nach den Worten von
Bundesinnenminister Otto Schily weiterhin die größte Gefahr für die innere
Sicherheit in Deutschland dar. Bei der Vorstellung des
Verfassungsschutzberichtes 2003 sagte Schily in Berlin, Deutschland sei für
islamistische Terroristen nicht nur Ruheraum, sondern auch mögliches
Anschlagsziel. Im vergangenen Jahr seien in der Bundesrepublik in insgesamt
22 islamistischen Organisationen gut 30.000 Personen aktiv gewesen.
Bundesinnenminister
Otto Schily hat in Berlin gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für
Verfassungsschutz, Heinz Fromm, den Verfassungsschutzbericht 2003
vorgestellt.
Foto: Jürgen Gebhardt
Verfassungsschutzbericht 2003
Die Innere Sicherheit Deutschlands unterlag auch 2003
einer nachhaltigen Bedrohung durch Extremismus und Terror. Im Mittelpunkt
steht dabei unverändert der islamistische Terrorismus und Extremismus.
Militante Islamisten verstehen den "Jihad" gegen die vom "wahren Glauben
Abgefallenen" sowie gegen "Ungläubige" als muslimische Pflicht. Dieser
"Jihad" diene der Verteidigung und Ausbreitung des Islam. Aus Sicht der
militanten Islamisten kann diese Auseinandersetzung erst dann ein Ende
finden, wenn der in ihrem Sinn verstandene Islam weltweit als herrschende
Religion und Staatsmacht etabliert ist.
Träger dieses "Jihad" sind die "Mujahedin" ("Heilige Krieger"), Personen mit
Kampferfahrung in Krisengebieten. Aufgrund persönlicher Kontakte in
einschlägigen nah- und mittelöstlichen Ausbildungslagern bilden sie
kontinentübergreifende, weltweit aktionsfähige Netzwerke.
Die von Usama BIN LADEN gegründete "Al-Qaida" einschließlich der mit ihr
kooperierenden Netzwerke sind die bekanntesten Strukturen. Ihr Feindbild
sind die USA und deren Verbündete als Sinnbild für "Dekadenz" und "Unmoral".
Die Sicherheitsbehörden haben 2003 - weltweit und auch in Deutschland - den
hohen Fahndungsdruck auf diese Strukturen aufrechterhalten. Eine Anzahl
ranghoher "Al-Qaida"-Führer konnte verhaftet werden.
Andererseits zeigen die Anschläge in
Riad (12. Mai und 08. November 2003)
Casablanca (16. Mai 2003)
Jakarta (5. August 2003)
Istanbul (15. und 20. November 2003) und
Madrid (11. März 2004),
dass auch künftig kaum zu schützende "weiche" Ziele im
Visier islamistischer Täter bleiben.
Die zunehmenden Aktivitäten von "Mujahedin"-Gruppen im Irak deuten darauf
hin, dass sich der Kampf gegen die US-Truppen zum Kristallisationspunkt
eines "Jihad" entwickeln könnte mit dem Ziel, nicht nur die militärische
Präsenz der USA im Irak, sondern im ganzen Nahen und Mittleren Osten zu
beenden.
Für Deutschland kann trotz hohen Fahndungsdrucks und Erfolgen der
Sicherheitsbehörden keine Entwarnung gegeben werden. Zahlreiche Festnahmen
islamistischer Gewalttäter in Westeuropa, auch in Deutschland, verdeutlichen
vielmehr den Grad der Präsenz und der Vernetzung von Strukturen "arabischer
Mujahedin". In Deutschland ist weiterhin von einem - nicht konkret zu
beziffernden - Potenzial "arabischer Mujahedin" mit internationalen
Verbindungen auszugehen. Deutschland kommt nicht nur als Vorbereitungsraum
für Anschläge andernorts in Betracht. Auch Einrichtungen in der
Bundesrepublik könnten Ziel von Anschlägen werden, da Deutschland in den
Augen von Islamisten zum Lager der so genannten Kreuzzügler, zu den Helfern
der USA und Israels, zählt und sich zudem in Afghanistan engagiert.
Neben diesen gravierenden Formen des Terrorismus dürfen jene Gefahren nicht
unterschätzt werden, die von islamistischen Organisationen ausgehen, die in
Deutschland gewaltfrei agieren.
Zum Teil zielen diese Gruppierungen auf eine gewaltsame Veränderung in ihren
Herkunftsstaaten. Hierbei gehen sie - wie "Hizb Allah" und "Hamas" gegen den
Staat Israel - auch mit terroristischen Mitteln vor.
Der pan-islamischen Bewegung "Hizb ut-Tahrir" hat der Bundesinnenminister am
15. Januar 2003 wegen ihrer antisemitischen und antiwestlichen Agitation,
die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, jede Betätigung
in Deutschland verboten.
Gegen Nachfolgeaktivitäten des 2001 verbotenen "Kalifatsstaats" sind die
Sicherheitsbehörden auch 2003 mit Entschiedenheit vorgegangen.
Die schleichende Indoktrinierung von Muslimen mit islamistischer Ideologie
kollidiert mit den Maßstäben der Verfassungsordnung. Solche Entwicklungen
vollziehen sich vielfach im Verborgenen. Sie müssen auch mit den
Instrumentarien des nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes aufgedeckt
werden.
Die bei weitem größte islamistische Organisation ist unverändert die
"Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" (IGMG). Sie betreibt eine faktisch
desintegrative Jugendarbeit. Dies und ihre nur vorgeblich auf Integration
zielende Politik fördern islamistische Milieus in unserem Land. Die
Milli-Görüs-Bewegung ist einem als "Gerechte Ordnung" propagierten
umfassenden Regelungssystem verpflichtet, das die westliche Zivilisation,
ihren Wertekanon und ihr Demokratieverständnis negiert.
In 24 islamistischen Organisationen waren 30.950 Personen
(2002: 30.600) eingebunden, von denen rd. 26.500 türkischen und rd. 3.300
arabischen Ursprungs sind.
Im Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität hat sich die
Gesamtzahl der Straftaten nahezu verdreifacht (1.473 in 2003 gegenüber 573
in 2002).
Die Gewalttaten sind auf 88 (2002: 61) angestiegen. Insbesondere hat jedoch
die Zahl der sonstigen Straftaten auf 1.385 (2002: 512) zugenommen.
Wesentlicher Grund hierfür sind Verstöße gegen das Vereinsgesetz. So wurden
im Dezember 2003 Ermittlungsverfahren gegen rd. 1.200 Bezieher einer
verbotenen "Kalifatsstaats"-Publikation eingeleitet.
Zahl der Neonazis gegenüber dem Vorjahr um rund 15 %
gestiegen:
Rechtsextremistische Bestrebungen
Antisemitismus spielt in allen Bereichen des
Rechtsextremismus eine bedeutende Rolle. Neben der offenen Agitation und
Hetze gegen Juden hat sich ein Antisemitismus der Andeutungen entwickelt. Er
spekuliert auf ein antisemitisches Einstellungspotenzial in der Bevölkerung
und versucht hier Einfluss zu gewinnen. Für Rechtsextremisten ist das
Internet das zentrale Medium geworden...
Gleichgültig? Unerfahren? Hilflos?
Antisemitismus im Internet
Über antisemitische Hetze in den mittlerweile nicht mehr ganz
so "neuen Medien" wurde im Laufe der letzten 10 Jahre viel geschrieben, viel
diskutiert, viel lamentiert. Viele Gründe wurden dafür angeführt, weshalb
man so wenig gegen diese Flut der Hetze unternehmen könne...
hagalil.com
18-05-2004 |