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Wie Ungarn sich erinnert:
Das Holocaust-Museum von Budapest

Von Richard Chaim Schneider
Die Zeit, 03.06.2004

Das am 15. April feierlich eröffnete Holocaust-Museum in Budapest ist das fünfte seiner Art weltweit und das erste in Osteuropa. Doch die Eröffnung geriet aus ganz anderen Gründen in die internationalen Schlagzeilen: Die ungarische Polizei hatte rechtzeitig einen Anschlagsplan aufgedeckt. Zuerst hieß es, es sei ein Attentat auf den Ehrengast, Israels Präsidenten Mosche Katzav, geplant gewesen.

Später korrigierte die Polizeiführung, der geplante Anschlag habe nicht Katzav, sondern dem Holocaust-Museum selbst gegolten. Ungarn verweist gerne und stolz auf sein neues Holocaust-Museum und meint, damit habe es den Beweis erbracht, seine Vergangenheit ganz im Sinne des westlichen Verständnisses von Political Correctness aufzuarbeiten. Doch der Schein trügt. Die Entstehungsgeschichte des Museums ist ebenso bizarr wie seine Konzeption und zeigt, wie schwer sich Ungarn nach wie vor damit tut, seiner Verantwortung am Holocaust gerecht zu werden.

Als vor etwa zwei Jahren das so genannte Haus des Terrors mit großem Pomp in einem Gebäude in der Andrássy út, der weltberühmten Prachtstraße Budapests, eröffnet wurde, hagelte es bereits massive Kritik aus dem In- und Ausland. Das Haus hatte einst der ungarischen Gestapo und später der ungarischen Stasi als Hauptquartier gedient. Maria Schmidt, die Direktorin des Museums, hatte im Auftrag der damaligen rechtskonservativen Fidesz-Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán ein Konzept erarbeitet, das sofort abgesegnet wurde. Während draußen, auf dem Dach des Hauses, ein Pfeilkreuz in gleicher Größe und also gleichwertig neben dem roten Stern prangt, widmet das Terror-Haus-Museum gerade mal einen seiner 25 Räume der Geschichte des Regimes von Miklós Horthy, der mit dem "Dritten Reich" kollaborierte, und der den Nationalsozialisten nahe stehenden, seit 1944 regierenden Bewegung der "Pfeilkreuzler".

Zentraler Bestandteil der Ausstellung im Terror-Haus, die sich mit vielen multimedialen Elementen in vollendetem Design präsentiert, ist ein alter sowjetischer Panzer vom Typ T 63. Dahinter sind, auf einer vom Parterre bis zum dritten Stock hinaufreichenden Wand, Bilder Hunderter von Menschen zu sehen, die Opfer des kommunistischen Terrors wurden. Aus Sicht der Konservativen, so die eindeutige Botschaft, ist ganz Ungarn Opfer des Sowjetkommunismus gewesen.

Der anhaltende Protest gegen diese einseitige Lesart ungarischer Geschichte verschreckte die Regierung Orbán derart, dass sie den Weg für das Holocaust-Museum frei machte. Es besteht aus drei Teilen: aus den neu gebauten, unterirdischen Ausstellungsräumen, der wunderbar renovierten Synagoge in der Pava utca aus dem 19. Jahrhundert sowie einer schwarzen Gedenkwand im Hof, auf der bislang nur die Namen einiger der rund 600000 ungarischen Holocaust-Opfer eingraviert sind. Die gesamte Architektur mit ihren schrägen und "einstürzenden" Wänden erinnert stark an das Holocaust-Museum in Berlin; der hellbeige Sandstein weckt gewollte Assoziationen mit Jerusalem und der Gedenkstätte Jad Vaschem.

Wie damals am Haus des Terrors entzündete sich jetzt auch am Holocaust-Museum scharfe Kritik. Die Pava utca, wo sich das Gebäude befindet, ist eine enge Seitenstraße außerhalb des Stadtzentrums. Es gibt keine Parkmöglichkeiten für Besucher, und man muss von der Existenz des Museums schon wissen, sonst würde es niemanden in diese trostlose Ecke der Stadt verschlagen. Mit der Platzierung, so die Kritik, werde der Holocaust nicht in die Mitte der ungarischen Gesellschaft geholt, sondern an den Rand gedrängt. Imre Kertesz, Literaturnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebender, hatte seine Teilnahme an der Eröffnung aus diesem Grunde abgesagt. Dass der Holocaust mit einer Synagoge, also mit dem jüdischen Glauben, verbunden werde, findet Kertesz, wie viele andere Juden in Ungarn und im Ausland, skandalös. Der Holocaust sei eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit und keine Frage des Judentums, schon gar nicht der jüdischen Religion.

Für viel Unmut sorgt, dass im Holocaust-Museum derzeit nichts über den Antisemitismus im Ungarn der zwanziger und dreißiger Jahre zu erfahren ist, nichts über die Ära Horthy und die Zeit der Pfeilkreuzler. Das alles, heißt es, soll noch kommen. Es war der neuen sozialistischen Regierung aus Prestigegründen wichtiger, das Museum im April pünktlich zum 60. Jahrestag des Beginns der Deportation ungarischer Juden aus Budapest einzuweihen, als abzuwarten, bis eine seriöse ständige Ausstellung eingerichtet würde.

Dennoch erklärte Bundespräsident Johannes Rau, der eine Woche nach der Eröffnung zu Gast war, er hoffe, die Budapester Gedenkstätte würde als Institution eine gewisse „Ausstrahlung“ auf die anderen osteuropäischen Länder entwickeln. Er wünsche sich, dass die Auseinandersetzung mit der Judenvernichtung im Osten in der erweiterten Europäischen Union neue Impulse erhalte.

© DIE ZEIT 03.06.2004 Nr.24

Ungarn:
Die versteckten Juden

hagalil.com 14-06-2004

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