haGalil onLine - Pressemeldung 31-10-2003
Kurze Zusammenfassung bisher: Eine Reaktion auf
Hohmanns antisemitischen Hetzrede
erfolgte erst als Klaus Parker, verantwortlich für die Bearbeitung
des
haGalil Meldeformulars,
Teile der Rede in einem rechten Esoterikforum zitiert findet. Da
haGalil sich mit dem in Hohmanns Rede seitenweise zitierten Buch "Jüdischer
Bolschewismus Mythos und Realität"
bereits im September befasst hatte, war für uns das Thema nicht neu.
Neu war höchstens, dass ein Vertreter einer im Bundestag vertretenen
Volkspartei eine so ausgefeilte und ausführliche Rede in aller
Öffentlichkeit, auf einer offiziellen Veranstaltung, halten konnte.
Wir beschlossen daher auf diese Rede aufmerksam zu machen: "Der
erste Artikel zur Rede
erschien am 27.10.2003 in hagalil.com, gleichzeitig informierten wir
den Fraktionsvorstand der CDU, den Bundestagspräsidenten, die Presse
und eine Mitarbeiterin des Hessischen Rundfunks. Der erste
TV-Bericht erschien kurz darauf im Hessischen Rundfunk. Am Abend des
28.10. dann auch in Tagesschau und Tagesthemen.
Martin Hohmann in
rechten Kreisen:
Wieso wusste davon bisher niemand etwas?
Martin Hohmanns
Rede zum 3. Oktober 2003 hat allgemeine Entrüstung und Bestürzung
ausgelöst und auch die CDU Parteiführung distanzierte sich klar von
Hohmann. Hohmann hat
sich mittlerweile für seine Aussagen entschuldigt, allerdings nur
unter massivem öffentlichen Druck. Am selben Tag sagte er in einem
Interview jedoch, "er sei bei der Wahrheit geblieben". Und vor zwei
Tagen sagte er gegenüber dem
Spiegel, dass ihm bis vor Kurzem das Ausmaß der
Vernichtung anderen Lebens durch Juden unbewusst gewesen sei.
Zweideutige Aussagen, die nur einen Rückschluss zulassen, nämlich
dass sich Hohmann in seiner Rede keineswegs verplappert hat, sondern
wirklich glaubt, was er gesagt hat.
Dass
Martin Hohmann seit langem in
rechtsextremistischen Kreisen verkehrt, ist eine Tatsache. Dass
daraus noch niemand, weder in seiner Partei, noch im Bundestag,
Konsequenzen gezogen hat, ist umso merkwürdiger, da sich jeder
normale Internetnutzer diese Querverbindungen erschließen kann. Der
ideologische Überbau, der hinter Hohmanns Äußerungen steht, ist
nichts Neues.
Ein Beispiel: Im November 2002 nahm Martin Hohmann
als Referent am "Politischen Herbstseminar" in Bad Pyrmont teil.
Diese Veranstaltung wird gemeinsam von der Staats- und
Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, dem Bund Junges Ostpreußen und
dem Studienzentrum Weikersheim organisiert. Hohmann referierte zur
"Nationalen Identitätspflege im deutschen Bundestag". Über die
Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft weiß der
Verfassungsschutz zu
berichten, dass "personelle Überschneidungen zu
rechtsextremistischen Organisationen bekannt" seien.
Bundesvorsitzende des "Bund Junges Ostpreußen" ist Nanette Kaiser,
ehemals Landesvorsitzende der "Jungen Landsmannschaft
Ostpreußen" in Nordrhein-Westfalen, der ehemaligen
Jugendorganisation der Landsmannschaft Ostpreußen, die sich Anfang
des Jahres 2000 von ihrer damaligen Jugendorganisation wegen
neonazistischer Umtriebe trennte. "Die Anhaltspunkte für
rechtsextremistische Bestrebungen verdichteten sich im Jahr 2001
weiter", urteilte das Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen.
Auch das Studienzentrum Weikersheim ist in der Vergangenheit bereits
mehrmals durch Referenten aus der rechtsextremen Szene aufgefallen,
einige der Mitglieder des Kuratoriums werden vom Verfassungsschutz
beobachtet.
In diesem Kreis hat Martin Hohmann also referiert.
Der Verfassungsschutz war dabei sicherlich anwesend. Wie fragen uns
daher: Wurden die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes an die CDU
weitergegeben? Wenn ja, warum hat die CDU bisher noch nicht darauf
reagiert? Veranstaltungen, wie das "Politische Herbstseminar" in Bad
Pyrmont fungieren als Scharnier zwischen konservativen und
rechtsextremen Kreisen.
Ein anderes Beispiel: Hohmann verlinkt auf seiner
offiziellen Homepage als Bundestagsabgeordneter die Seite des
"Arbeitskreis konservativer Christen", mehr noch, er lieferte das
Grußwort zu den Grundsätzen des Arbeitskreises, das dort im Internet
zu lesen ist. Auf der Eingangsseite des AKC findet man das Emblem
des "Deutschen Kolleg", die "Flagge des Vierten Deutschen Reiches".
Die Macher dieser Seite sind Reinhold Oberlercher, Uwe Meenen und
Horst Mahler, der Hohmann mittlerweile in einem offenen Brief zu
seiner Rede gratuliert hat. Auch in diesem Fall vernetzt Hohmann
konservative und rechtsextremistische Kreise.
Erst die Rede zum 3. Oktober hat die CDU-Führung
aufgeschreckt. Zu Recht besteht Angela Merkel darauf, Hohmann aus
der Fraktion auszuschließen. So manche von Hohmanns Parteikollegen
wollen es jedoch nicht wahrhaben und fordern lediglich, er müsse
seinen Posten als
Berichterstatter der Union zur Zwangsarbeiterentschädigung (!)
aufgeben. Die CDU muss sich genau jetzt entscheiden, ob sie
Querverbindungen in die rechtsextremistische Szene in den eigenen
Reihen tolerieren und damit legitimieren oder ein bewusstes Zeichen
gegen die rechtskonservativen Tendenzen am Parteirand zu setzen
will.
Siehe
auch Artikel vom 27-10-2003 unter
hagalil.com/archiv/2003/10/hohmann.htm
[FORUM]
hagalil.com
31-10-2003 |