Nachdem haGalil onLine
Martin Hohmanns Rede zum 3.
Oktober 2003 bekanntgemacht und als antisemitisch kritisiert hatte,
löste dies allgemeine Entrüstung und Bestürzung aus. Die CDU Parteiführung
distanzierte sich von Hohmann,
der seine Äußerungen bisher weder
zurücknehmen noch zurücktreten will.
Er verteidigte
seine Rede unter anderem mit der Aussage, dass "ihm das Ausmaß der
Vernichtung anderen Lebens durch Juden bis vor kurzem unbewusst gewesen" sei
(gegenüber dem Spiegel). Als uns Anfang
Oktober Hohmanns Rede bekannt wurde, war uns die Quelle, aus der er
seitenweise zitierte, bereits bekannt.
Für die CDU
mögen diese antisemitischen Ausfälle neu sein. Martin Hohmann verkehrt
jedoch seit langem in rechtsextremistischen Kreisen. Die Unkenntnis
dieser Tatsache ist um so merkwürdiger, als sich jeder normale
Internetnutzer über die entsprechenden Querverbindungen ein Bild machen
kann.
Zur Verdeutlichung des ideologischen Überbaus des MdB Hohmann verweisen wir
deshalb noch einmal auf die im Sept. 2003 bei haGalil erschienene Rezension
des Buches "Jüdischer Bolschewismus - Mythos und Realität"...
Edition Antaios:
Geschichtsrevisionisten und Antisemiten im intellektuellen
Gewand
Max Brym
Über Johannes Rogalla von Bieberstein und sein Werk
"Jüdischer Bolschewismus - Mythos und Realität?"
In Dresden befindet sich der Verlag
Edition Antaios. Das Verlagsangebot wirkt im ersten Moment ansprechend und
seriös. Die Titel der verlegten Bücher wie "Der italienische Faschismus"
oder "Rebell Rudi Dutschke" klingen interessant. Aber nur, wenn von den dort
publizierten Autoren abstrahiert wird. Zusätzlich scheint der Verlag auf den
weit verbreiteten Irrtum zu setzen, Professoren würden stets redliche Dinge
von sich geben.
Als Autoren verlegt die Edition Professoren,
Adelige und bekannte rechte Ideologen. Bei näherer Betrachtung der Autoren
dreht sich einem der Magen um. Der kürzlich verstorbene Armin Mohler wird
mit seinem "literarischem Schaffen" dem Publikum angeboten. Jener Herr
Mohler trat als Schweizer in den vierziger Jahren in den Dienst der SS. Nach
dem Krieg wirkte Mohler zuerst als Sekretär von Ernst Jünger.
Danach leitete Mohler fast zwei Jahrzehnte die Geschicke der Siemens
Stiftung in München. Mohler bezeichnete sich selbst als Faschist und hatte
gute Kontakte zur "neuen" französischen Rechten. Jene setzt seit langem auf
eine ideologische Erneuerung des Faschismus. Dabei wird alter Wein in neuen
Schläuchen angeboten. Statt "Ausländer Raus" soll der gebildete Rechte vom
"Ethnopluralismus" schwafeln, das ist die modernistisch aufgemotzte Chiffre
für alte Parolen. Mohler betrachtete sich Zeit seines Lebens als
"Lordsiegelbewahrer" des Gedankenguts der "konservativen Revolutionäre" aus
der Weimarer Republik. Ein Oswald Spengler, Ernst Jünger oder ein Arthur
Moeller van den Bruck gaben damals dem nazistischen Gedankengut
"philosophische und historische Weihen". Spengler propagierte in seinem Buch
"Der Untergang des Abendlandes" den unbedingten "Willen zur Macht", frei von
moralischen Bedenken zugunsten "der blonden Bestie". Jünger war bestrebt in
seinen Schriften den Krieg als "Stahlgewitter" romantisch zu verklären und
in ihm die höchste Stufe des "männlichen Sozialismus" zu sehen. Das Buch
"Das dritte Reich" von Moeller van den Bruck erschien 1923. In der
Kampfschrift wird eine Bauanleitung für soziale und nationale Demagogie
gegeben. Der kriegerische Imperialismus wird als Voraussetzung für einen
"deutschen Sozialismus" betrachtet.
Der Gegner für alle Theoretiker der "konservativen Revolution" ist die
Moral, die Demokratie, der Kommunismus und der dahinter stehende "jüdische
Geist". Ihre Schriften waren "intellektuell" gehalten und zielten auf die
Mitte der deutschen Gesellschaft. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des
damaligen Professorenpöbels propagierte das Gedankengut der "konservativen
Revolutionäre". Es ist bedenklich, dass heutzutage neben einer Nietzsche
Renaissance auch das Buch von Spengler wieder im öffentlichen Diskurs
gelandet ist. Der kürzlich verstorbene Mohler hat nicht unbeträchtlich zu
dieser Entwicklung beigetragen. Der Verlag Antaios veröffentlicht neben
Mohler noch andere "Koryphäen" neofaschistischer Theoriebildung. Zu nennen
sind hier Ernst Nolte, Bernd Rabehl und der Adelige Johannes Rogalla von
Bieberstein.
Ernst Nolte und Rogalla von Bieberstein
In den achtziger Jahren begann Ernst Nolte
den sogenannten Historikerstreit in der großbürgerlichen FAZ. Nolte begann
damit, Auschwitz und die Shoa in ihrer Einmaligkeit zu relativieren. Er
verglich die Shoa mit den Verbrechen in der Sowjetunion unter Stalin. Im
nächsten Schritt zweifelte Nolte die Zahl der ermordeten Juden an. Im
dritten Schritt deutete Nolte die Shoa als "Notwehraktion" gegen den
Bolschewismus um. Es ist kein Zufall, dass Ernst Nolte ein begeistertes
Vorwort zu dem Buch von Rogalla von Bieberstein "Jüdischer Bolschewismus
Mythos und Realität" schrieb.
Das Buch, das im Antaios Verlag erschienen ist, nennt Nolte "ein
grundsätzliches Werk, das die starke Verwicklung von Juden in den
Bolschewismus akribisch genau untersucht". In der Tat, das Buch des Herrn
von Bieberstein, beschäftigt sich nicht mit dem Kommunismus, sondern sucht
im nazistischen Stil nach der Abstammung verschiedener Kommunisten. Herr von
Bieberstein besitzt in seiner Einleitung die Frechheit, sich vom
rassistischen Antisemitismus zu distanzieren. Das ist ein unverschämter
Taschenspielertrick, denn man erfährt in seinem Werk nichts über das
politische Wirken von Leo Trotzki als Person, sondern nur, dass Trotzki in
Wahrheit Bronstein hieß und Jude war. Was am Kommunismus so schrecklich
gewesen sein soll, bleibt ungeklärt. Es werden nur Namen wie Sinowjew oder
Karl Radek genannt.
Grundsätzlich geht es dem Herrn von Bieberstein darum, von "jüdischer
Schuld" im Zusammenhang mit dem Kommunismus zu sprechen. Am Schluß landet
der Autor bei Ernst Nolte und stellt den nazistischen Genozid an den Juden
als "Abwehrhaltung" oder als "falsch verstandene Notwehr" gegen den
jüdischen Bolschewismus hin. Er vergisst nicht, fast lobend, Stalin zu
erwähnen, "der den jüdischen Einfluss" schon vor 1941 deutlich reduzierte.
Demzufolge hätten die Nazis nach Bieberstein nur etwas übertrieben.
Bieberstein bemerkt, dass heute die Mehrheit der Juden Zionisten sind, was
er ebenfalls skeptisch bewertet. Der Adelige ist aber auch ein Schleimer,
indem er bemerkt, jahrelang in christlich- jüdischen Dialoggruppen
mitgearbeitet zu haben. Seine Maxime ist: "Auf den frommen gesetzestreuen
Juden kann man sich auch heute verlassen, aber vor einem abtrünnigen,
glaubenslosen Juden, soll man sich hüten". Demzufolge haben Juden im zivilen
und politischen Leben nichts zu suchen, wenn sie dennoch in diesem Bereich
tätig werden, ist fast jede Maßnahme gegen sie und gegen die Juden als
Kollektiv gerechtfertigt. Das will uns der feine Adelige Bieberstein sagen.
Jeder Jude, egal ob fromm oder weniger fromm, ist von dem rassistischen
Antisemitismus des Bieberstein betroffen, seine Auseinandersetzung mit dem
angeblich "jüdischen Bolschewismus" belegt das hinlänglich.
Noch ein Autor
Der Antaios Verlag druckt auch Bücher von
Professor Rabehl. Rabehl war einst ein enger Mitarbeiter von Rudi Dutschke.
Heute versucht Rabehl, aus der APO von 1968 eine "Nationalrevolutionäre
Bewegung" zu machen. Dutschke soll nach Rabehl ein Vorkämpfer eines
"deutschen Bündnisses" von Links und Rechts gegen die Feinde der deutschen
Nation gewesen sein.
Der 1979 verstorbene Dutschke kann sich gegen solche Unterstellungen nicht
mehr wehren. Seine Frau Gretchen Dutschke hat kürzlich in einem Interview
solche Interpretationen zurückgewiesen. Dennoch schreibt Rabehl Bücher über
den "Nationalrevolutionär" Dutschke. Im Antaios Verlag hat er einen
dankbaren Abnehmer gefunden. Rabehl steht in der Tradition eines Arthur
Moeller van den Bruck, der in den zwanziger Jahren mittels sozialer
Demagogie linke und rechte Deutsche zusammenführen wollte. Das angeblich
linke Internetorgan Kalaschnikow publiziert in bestimmter Regelmäßigkeit die
Ergüsse von Professor Rabehl. Sein Dutschke Buch wird ebenfalls über
Kalaschnikow angeboten. Rabehl propagiert einen europäischen Nationalismus
gegen die USA und einen entschiedenen Kampf gegen den Zionismus. Die
gewerkschaftsnahe Hans Böckler Stiftung feuerte Rabehl 1999 als Dozenten.
Rabehl hatte vor der neonazistischen Burschenschaft Danubia in München einen
rassistischen Vortrag gehalten.
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03-09-2003 |