Drei Millionen Gäste hatten
sich die Palästinenser für das Jahr Jahr 2000 erwartet, nun werden
am Ende des Jahres wohl nur 2,5 Millionen gekommen sein: Seit Beginn
der Unruhen sind den Autonomie-Gebieten etwa 600 000 Touristen
ausgeblieben. Das hat finanzielle Einbußen von schätzungsweise einer
Milliarde US-Dollar zur Folge, denn Oktober, November und Dezember
sind für gewöhnlich die stärksten Besucher-Monate.
Wie sicher ist es derzeit,
nach Israel zu reisen, und welche Strategien verfolgt das
israelische Tourismus-Ministerium? Dani Neumann, Vize-Direktor des
Staatlichen Israelischen Verkehrsbüros in Frankfurt, verbreitet
Zweckoptimismus.
SZ: Wenn es eine
Reise-Risiko-Skala gäbe von eins bis zehn, wie würden Sie Israel
einstufen?
Neumann: Ich sehe
Israel überhaupt nicht als Risiko-Destination.
In Krisenzeiten pflegen
gemeinhin Nicht-Juden ihre Israel-Reise zu stornieren, wohingegen
Juden aus Solidarität mit Israel erst recht dorthin reisen. Ist das
diesmal auch so ?
Das kann man überhaupt nicht
sagen. Jüdische Bürger und nicht-jüdische Bürger sehen die gleichen
Medien. Nur, die einen haben vielleicht Verwandte im Land, die ihnen
etwas Anderes erzählen. Aus religiösen Gründen fühlen sich zum
Beispiel fundamentalistische Christen aus den USA Israel viel mehr
verbunden als amerikanische Juden. Ob generell die Juden eher kommen
oder wegbleiben, kann ich also nicht sagen.
Wird durch die
Verdichtungen in den Medien ein Bild gezeichnet, das nicht der
Realität entspricht?
Das ist nicht nur bei Israel
so, sondern in jedem Krisengebiet. Denken Sie nur an die Anschläge
in Ägypten vor drei Jahren. Man kann bedenkenlos nach Akko fahren,
die Altstadt von Jerusalem oder Jaffa bei Tel Aviv besuchen. Und es
gibt natürlich andere Gebiete wie Eilat am Roten Meer, das
300 Kilometer entfernt ist, wo man überhaupt nichts von der Krise
spürt und die Stimmung toll ist.
Sind bei Anschlägen der
Hisbollah auf Linienbusse oder auf öffentliche Plätze jemals
Touristen involviert gewesen?
Im Gegensatz zu Ägypten hat
es in Israel niemals gezielte Anschläge auf Touristen gegeben. Die
Hisbollah will einzig die israelische Armee treffen und ist
ansonsten bemüht, um Sympathien für ihre Politik werben.
Aus Israel hört man, dass
jede Form von Tourismus-Werbung eingestellt worden ist. Schließen
Sie sich dem an?
Selbstverständlich. In dem
Augenblick, da auf der ersten Seite einer Zeitung ein Bild von den
Unruhen erscheint, wäre es unsinnig, ein paar Seiten weiter eine
Anzeige zu schalten. Aber wir haben vor, in den nächsten Wochen
gezielt eine Kampagne für Eilat zu schalten. Eilat war, wie gesagt,
niemals von Krisen betroffen. Und in zehn Tagen wird es eine
Reiseveranstalter-Konferenz am Toten Meer geben, bei der die Region
als Wellness-Destination vorgestellt wird.
Auf der Tourismus-Börse in
Berlin wurde groß der „Frieden durch Tourismus“, eine
gemeinschaftliche Initiative von Israelis, Ägyptern, Jordaniern und
Palästinensern propagiert. Redet da jetzt noch jemand davon?
Wir Israelis halten nach wie
vor daran fest. Aber die Palästinenser müssen wohl erst ihre
internen Probleme, allen voran die Nachfolge von Arafat, klären. Ich
bin mir aber sicher, dass palästinensische Tourismusmanager nicht an
der Front stehen und auf die Israelis Steine werfen. Sobald sie sich
beruhigen, wird die Sache auch weiter gehen.
Welche Strategien haben
Sie für „den Tag danach“?
Wir bereiten uns darauf vor,
das Vertrauen der Leute durch Werbe-Kampagnen zurückzugewinnen.
Unser Internet-Auftritt wird ausgebaut, wir sind präsent bei den
wichtigen Messen.
Nach der Intifada haben
Sie ja sehr offensiv um Touristen geworben. Wie lang hat es
gedauert, bis sich der Tourismus wieder stabilisiert hat?
Nach der Intifada hat sich
der Tourismus sehr schnell erholt, aber dann kam der Golfkrieg.
Danach hatten wir zwei schlechte Jahre, bis es wieder aufwärts ging.
Leider sind wir diese Höhen und Tiefen gewohnt. Aber wir müssen wohl
einsehen, dass wir in einer Region leben, in der die Leute länger
dazu brauchen, einzusehen, dass nur der Frieden der richtige Weg
ist.
Interview: Eva-Elisabeth
Fischer
Süddeutsche
Zeitung
haGalil onLine
21-01-2001
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