Nur einen Tag
nach der Ankündigung, dass Schimon Peres für die Wahl des
Ministerpräsidenten kandidieren wird, ist dieses Vorhaben
gescheitert. Peres bekam nicht die nötige Unterstützung aus der
Knesseth.
Damit scheitert Peres ein knappes halbes Jahr nach seiner Niederlage in der
Präsidentschaftswahl gegen Mosche Kazaw diesmal sogar noch vor der eigentlichen
Entscheidung.
Der 77-jährige Friedensnobelpreisträger hatte vorgestern überraschend seine
Kandidatur bekannt gegeben. Da seine eigene Partei den eigentlichen Kandidaten
Ehud Barak unterstützt benötigte er 10 Stimmen aus der linksgerichteten
Meretz-Partei, um seine Kandidatur rechtlich zu ermöglichen.
Der Vorstand der Meretz-Partei lehnte diese Unterstützung gestern dann doch mit
25 zu 17 Stimmen ab. Der Vorsitzende Yossi Sarid nahm offensichtlich eine
Warnung Baraks ernst, der gestern gesagt hatte, er könne nicht gleichzeitig an
zwei politischen Fronten kämpfen und Verhandlungen mit den Palästinensern
führen, der Friedensprozeß würde also unter einer Kandidatur Peres leiden.
Barak hatte Peres gestern die Leitung der Verhandlungen mit den Palästinensern
angeboten. Peres antwortete durch einen Sprecher, er suche keinen Job, sondern
den besten Weg, Ariel Scharon in der bevorstehenden Wahl zu schlagen.
Meinungsumfragen räumen Peres bessere Chancen ein als Barak, den Likud-Chef im
Februar zu schlagen.
Der Verlierer ist der Wähler
Nachum
Barnea (Jedioth) schrieb Barak habe gestern die Unterstützung des
Großteils der linken Bevölkerung eingebüßt. Es sei ihm etwas
passiert, das einem Politiker nicht passieren darf: sie ärgern sich
nicht einmal mehr über ihn, sie haben ganz einfach die Nase voll von
ihm.
Warum ist
Barak, der doch so viel im Friedensprozess angeboten hat, bei den
Aktivisten des Friedenslagers so verhaßt? Die Antwort ist nicht
einfach, aber es scheint, als sei der Bruch nicht durch die
opferreichen Kämpfe mit den Palästinensern entstanden, sondern durch
die Kapitulation vor den Orthodoxen bezüglich der Wehrpflicht: Im
Tal- Komitee hat Barak die Linke verloren.
Und
natürlich die zwischenmenschlichen Beziehungen. In der
Arbeiterpartei sagte diese Woche jemand folgendes: "Ich kann mit
einem guten Menschen auskommen, und ich kann mit einem bösen
Menschen auskommen, nur mit Ehud Barak, der kein Mensch ist, kann
ich nicht auskommen.“
Hat Barak
eine solche Äußerung verdient? Auf gar keinen Fall. Aber dieses
Image ist entstanden, und unter dem Schirm dieses Images werden
seine Parteikollegen auch seine letzten Aussichten auf einen
Wahlgewinn zerstören. Sie blicken bereits in die Zukunft, auf den
Erbkrieg am Tag danach.
Der
eigentliche Verlierer der gestrigen Ereignisse ist der Wähler. Er
wurde dazu verurteilt, zwischen zwei lahmen Kandidaten zu wählen.
Barak, wegen der mißlichen Lage, in die der Staat geraten ist, und
Scharon wegen seiner Vergangenheit.
Der
gestrige Versuch beendet die Reihe der Kandidaturen Peres’. So
scheint es. So schien es jedoch auch, nachdem Peres die Kandidatur
um die Präsidentschaft verloren hatte. Bei Peres kann man nie
wissen.
haGalil onLine
22-12-2000
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