Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat den Vorwurf zurückgewiesen, die
Zahlen rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten verfälscht zu haben. Die
Anschuldigungen der PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke bezeichnete ein
Sprecher gestern als "Pulverdampf".
Jelpke hatte behauptet, in einer Broschüre des Bundesamtes von 1999 seien fast
4.000 rechte Gewalttaten "spurlos aus der Statistik verschwunden". Dies wertete
die PDS-Politikerin als Versuch der Bundesregierung, "das Ausmaß
rechtsextremistischer Gewalt zu verharmlosen".
Ihren Vorwurf begründete Jelpke mit einem Vergleich: In der Broschüre listeten
die Verfassungsschützer nur 7.521 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten aus
den Jahren 1989 bis 1998 auf. In den offiziellen Verfassungsschutzberichten
waren für denselben Zeitraum aber 11.474 Gewalttaten verzeichnet.
Das Bundesamt bestritt diese Diskrepanz gestern nicht, lieferte aber eine
Erklärung: "Seit 1997 werden Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung nicht mehr
den Gewalttaten zugerechnet", so Pressesprecher Hans-Gert Lange zur taz, "die
Vorjahreszahlen wurden entsprechend bereinigt". Die Änderung sei auf Anweisung
des damaligen Innenministers Manfred Kanther (CDU) erfolgt, der eine Angleichung
an die Zahlen des Bundeskriminalamts gewünscht hatte. "Darauf haben wir immer
hingewiesen", sagte Lange, "die PDS hat unsere Berichte offenbar nur schlampig
gelesen." Allerdings musste auch Lange erst mal suchen, um einen Beweis zu
finden: Der Hinweis auf die neue Zählweise findet sich im
Verfassungsschutzbericht von 1997 in einer klein gedruckten Fußnote.
Das Innenministerium zeigte sich erleichert, dass Jelpkes Vorwurf entkräftet
werden konnte. Bei der Zahl der aus rechtsextremen Motiven Getöteten hatte es
kürzlich Versäumnisse einräumen müssen. Um die Kriterien für rechte Gewalt
künftig klarer festzulegen, hat das Ministerium jetzt eine "Projektgruppe"
eingerichtet.
taz 21.9.2000 REINHARD
WOLFF
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24-09-2000
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