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Erinnerung durch Orangensaft

Die Ausstellung "Memory and Vision" in der Panzerhalle Groß Glienicke 
sucht den Dialog zwischen deutschen und israelischen KünstlerInnen. 
Vierzehn Tage lang arbeiten sie an einem Ort zusammen, der an sich 
schon eine historische Herausforderung ist.

RUTH FRUCHTMANN

Manarah

Sie kamen in strömendem Regen an, fünf israelische Künstlerinnen und Künstler, die Deutschland kaum kennen. Auf einem trostlosen Gelände in Brandenburg, ausgerechnet in einer Panzerhalle, sollten sie vierzehn Tage mit deutschen Künstlern zusammenarbeiten, sich austauschen, einander kennen lernen. Eine Zumutung?, fragte sich Hannelore Offner, die mit der Künstlerin Martina Becker das Symposium und die Ausstellung organisierte. Die Panzerhalle sieht sie als "künstlerische Provokation" und das Symposium als eine Art Gratwanderung für alle Beteiligten.

Das Gebäude verkörpert ein Jahrhundert deutsche Geschichte: in der Weimarer Republik gebaut, von der Reichswehr, der Wehrmacht, der Roten Armee und den DDR-Grenztruppen genutzt. Trotz der Ateliers der Künstler, die seit 1993 hier arbeiten, trotz der Ausstellungen ist die Panzerhalle im Frühjahr zum Abriss verurteilt; sie wird in das neue Baukonzept für das Gelände wohl nicht integriert.

Für die Künstler bildet der Ort vor allem einen "fiktiven Raum der Erinnerung", an dem die israelischen Künstler mit ihrer vererbten, verdrängten europäischen Identität konfrontiert werden. Direkt an den Backsteinwänden arbeitet sich Atsmon Ganors "Achtung!" an Themen wie Verwundbarkeit und Verletzung ab. Seine Zwillinge aus Wachs und Kohlestift stehen nackt mit heruntergelassenen Hosen und entblößtem Geschlecht; aus der Seite des einen ragt ein Haken, der zweite blickt hilflos und trotzig durch ein winziges Mauerlochauge in den Raum.

Die von Doron Bar-Adon - 1940 in Palästina geboren - bevorzugte Spiralform, ein kabbalistisches Bild der zehn Stufen der Seele, der Sefirot, spiegelt sich gegenüber in der Installation "Ammonit im Denken" der deutschen Künstlerin Susken Rosenthal wider. Der Ammonit quillt aus einem Spalt im Boden, einem ehemaligen Reparaturgraben, den die Künstlerin aufgemacht hat. Nur ein Teil des Ammonits ist sichtbar, der Rest liegt verborgen, wie das Schweigen, sagt sie, wie das verdrängte Wissen um den Holocaust. Diese Formensprache verbindet die Künstler, sie fällt ihnen leichter als das Gespräch.

Lezli Rubin-Kunda ließ nach der ersten Woche einen Videofilm über "18 kurze Zeremonien in einem Gebäude mit entleerten Räumen" zurück. Zapfen, Zweige, alles, was sie vorfand oder was einfach herumlag, setzte sie als Zeichen in jeden der leeren Räume eines Nebenbaus, der dem Publikum nicht mehr zugänglich ist. "Ich war hier", schrieb sie auf Hebräisch. Dann auf Englisch und Deutsch: "Ich fühle mich wie eine Zeugin, ich möchte eine kleine Spur meiner Gegenwart hinterlassen."

Der Künstler als Zeuge: In seiner Installation der von der Mauer abmontierten Leuchten kommentiert Paul Pfarr mit "o. T. (Narva)" ironisch den Untergang der DDR. Eine fröhlichere Note setzt Martina Becker mit "Juice-office: Juice-memories". Für eine Erinnerung oder einen Wunsch, auf farbige Klarsichtbecher geschrieben oder gezeichnet, erhalten Besucher ein Glas frisch gepressten Orangensaft. Die beschrifteten Becher werden an den Stand geklebt. Eine moderne Version der Bittzettel und Gebete, die einst auf die Grabsteine der Zaddikim - der Weisen - gelegt oder in die Ritzen der Klagemauer gesteckt wurden.

Trotzdem sind die Vergangenheiten stärker als die Zukunft - die Visionen bleiben bescheiden: Ein Treffen nächstes Jahr in Israel wird überlegt. "Wie immer unser Verhältnis zu Juden in Deutschland oder aus Israel sein wird", sagte Hannelore Offner bei der Ausstellungseröffnung, "bleibt es vor allem eine Frage nach dem Verhältnis der Deutschen zu sich selbst." Da hat sie Recht.

taz  16.9.2000 RUTH FRUCHTMANN

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haGalil onLine 26-09-2000

 

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