|
|
KURZ vor dem
Gipfeltreffen zwischen Bill Clinton, Jassir Arafat und Ehud Barak
haben sich die Spannungen zwischen Israel und der palästinensischen
Autonomiebehörde verschärft. Die Palästinenser beschuldigen Israel
sogar, eine "militärische Lösung" vorzubereiten. Unterdessen
veröffentlichte die israelische Presse die Grundzüge eines
Abkommens, das Washington den Konfliktparteien vorlegen will. Nach
einer reibungslosen Machtübernahme in Syrien wird der neue Präsident
darüber zu befinden haben, was aus den Verhandlungen mit Israel
werden soll. Aus der Sicht der amerikanischen Strategen würden
weitere Abkommen dem Nahen Osten zumindest einen bewaffneten Frieden
bescheren.
Es war im Mai 1994, also kurz
vor der Ankunft von Jassir Arafat in Gaza. Tony Lake, der damalige
Sicherheitsberater von Bill Clinton legte vor dem Washington
Institute for Near East Policy, einem proisraelischen Think-Tank,
die Zusammenhänge dar, die von den politischen Entscheidungsträgern
der USA zwischen dem Golfkrieg und dem Abkommen von Oslo gesehen
wurden.
Lake stellte klar, dass der
Frieden zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn ein
bewaffneter Frieden bleiben müsse, um die so genannten
Schurkenstaaten(1) Irak und Iran zu isolieren. Präsident Saddam
Hussein müsse weiterhin von den arabischen Regierungen geächtet
werden, das strategische Bündnis des Iran mit Syrien solle
unterminiert werden. Man müsse außerdem eine israelisch-arabische
Koalition gegen den islamistischen Extremismus zustande bringen, der
eine Bedrohung der US-amerikanischen Interessen darstelle. Für Lake
bedeutete diese Strategie einen Paradigmenwechsel: Die USA würden
damit - nach Ende des Kalten Krieges - in eine neue Ära eintreten.
Sie seien bereit, in der Konfrontation zwischen "Gewalt und Frieden,
Rückschritt und Freiheit, Isolation und Dialog" ihre ganze Macht und
ihr Prestige in die Waagschale zu werfen.
Diese Position war keineswegs
nur durch die aktuellen Ereignisse bedingt. Sie wurde am 20. Oktober
1999 von Clintons derzeitigem Sicherheitsberater Sandy Berger vor
dem Israel Policy Forum erneut formuliert: "Wenn wir die anstehenden
Probleme des Friedensprozesses nicht lösen können, besteht die
Gefahr, dass die Zentrifugalkräfte in dieser Region aktiv werden,
die über ein wachsendes Arsenal hoch gefährlicher Vernichtungswaffen
verfügen. Die Gefahr eines Konfliktes, in dem diese Waffen zur
Anwendung kommen, ist real. Deshalb liegt der Erfolg des
Friedensprozesses im Interesse der USA."
Ephraim Halevy, Chef des
israelischen Geheimdienstes Mossad, erklärte kürzlich vor
israelischen Diplomaten,(2) jeder der Anwesenden wisse, dass ein
Friedensvertrag mit Syrien zustande kommen werde, und zwar bald.
Aber er fügte hinzu, das Bedürfnis Israels nach Normalisierung könne
niemals voll befriedigt werden, weil die arabischen Nachbarn die
Friedensverträge immer nur als Waffenstillstand betrachten würden.
Diplomaten des israelischen
Verteidigungsministeriums wurden angewiesen, im Hinblick auf die
angestrebten Beziehungen Israels zu den arabischen Ländern den
Begriff Normalisierung strikt zu vermeiden. Derzeit favorisiert man
den Ausdruck "gute Nachbarschaft".(3) Dieser terminologische Wandel
ist nicht nur eine Konzession an die arabischen Empfindlichkeiten.
Er reflektiert auch die Überzeugung, dass der Frieden im Nahen Osten
das sein wird, was der israelische Ministerpräsident Ehud Barak
einen "bewaffneten Frieden" genannt hat - ein Zustand, der durch
einen permanenten Kalten Krieg mit den arabischen Ländern
gekennzeichnet ist.(4)
Diese Perspektive kommt auch
in der Position des syrischen Außenministers Faruk al-Schara zum
Ausdruck: "Um für die Zukunft einen Zustand des Friedens
herzustellen, ist es nötig, den militärischen Konflikt in einen
anderen, also einen politischen, ideologischen und wirtschaftlichen
Konflikt umzuwandeln, der den Vorteil hätte, unseren Lebensstandard
zu verbessern. Wir müssen dieser Art von Konflikt eine Chance
lassen, so wie zuvor der militärische Konflikt seine Chance
hatte."(5)
Für diese neue politische
Lage hat Israel präzise und sehr weitreichende Vorbereitungen
getroffen, und zwar in militärischer wie in ideologischer Hinsicht.
Premierminister Barak will zuallererst die enormen militärischen und
nachrichtendienstlichen Kapazitäten Israels weiter ausbauen, zumal
bei der Raketen- und der nicht konventionellen (atomaren und
chemischen) Rüstung (was wohl vor allem für die atomaren Waffen
gilt). Für den Fall eines syrisch-israelischen Friedensvertrages
haben die USA bedeutende militärische Hilfe zugesagt. Die soll nicht
etwa den Verlust des Golan "kompensieren", sondern Israel befähigen,
seine Feinde "über den Horizont hinaus" zu verfolgen und sich gegen
Massenvernichtungswaffen und Raketen zu schützen.
Israel kann solche
Technologien nur deshalb erwerben, weil es sich an der Schnittstelle
der beiden Problemfelder ansiedeln konnte, die der amerikanischen
Außenpolitik zu Beginn des 21. Jahrhunderts besonders am Herzen
liegen: die Herstellung eines regionalen Friedens im Nahen Osten und
der Aufbau einer sicherheitspolitischen und nachrichtendienstlichen
Infrastruktur, die als Schutz gegen die Raketen der
"Schurkenstaaten" gedacht ist. Das Herzstück der
israelisch-amerikanischen Beziehung ist die gemeinsam betriebene
Entwicklung, Herstellung, und Aufstellung eines Systems von
Anti-Raketen-Raketen. (Theatre Missiles Defense, TMD). Obwohl der
Kalte Krieg inzwischen beendet ist, wurde demnach - entgegen den
Voraussagen zahlreicher Beobachter - der Status Israels als eines
strategischen Verbündeten der USA noch weiter aufgewertet.
Am 20. November 1999
schilderte Ehud Barak die Bedrohungen und "Heilmittel", die dieser
strategischen Partnerschaft zugrunde liegen. Die Ausbreitung der
Massenvernichtungswaffen, die Atomwaffenprogramme extremistischer
Regime und der staatlich geförderte Terrorismus seien Bedrohungen,
die direkt gegen Israel, die USA und im Grunde gegen alle
Demokratien der Welt gerichtet seien. Daher sei es die Verantwortung
der gesamten internationalen Gemeinschaft, gegen diese Bedrohung
eine sicherheitspolitische Kooperation zu entwickeln. Das beste
Beispiel dafür sei die immer stärker werdende strategische Allianz
zwischen den USA und Israel und ihre Zusammenarbeit im Bereich der
Nachrichtendienste. Das Raketenabwehrsystem Arrow sei gemeinsam
entwickelt worden, um die Boden-Boden-Raketen der extremistischen
Schurkenstaaten ausschalten zu können. Israels Freunde in Washington
seien sich dessen bewusst, dass die Unterstützung Israels im
Interesse der USA liege; die Partnerschaft der beiden Ländern
basiere auf der gleichen Wahrnehmung der Bedrohungen und der
Gefährdung des westlichen Lebensstils.
Israels
Allianz mit der Türkei
IM Zentrum dieser
Partnerschaft, die allerdings nicht immer so idyllisch ist, wie Ehud
Barak sie darstellt, steht das nukleare Arsenal Israels. Zwar hat
die israelische Atomwaffenkapazität zu früheren Zeiten die Strategie
der USA in der Region wie die internationalen Initiativen zur
Waffenkontrolle erschwert, doch heute wird sie von den USA als
positiver Beitrag gewertet. Israel ist dabei, sich auf
konzeptioneller wie auf praktischer Ebene in die globale Strategie
der US-amerikanischen Atomwaffenverteidigung zu integrieren.
Nationen wie Iran und Irak,
die schon lange versuchen, der Übermacht Israels in der Region und
der Vorherrschaft der USA zu trotzen, sind von regionalen zu
strategischen Gegnern geworden. Und ihre Verbindungen mit anderen
"Schurkenstaaten", insbesondere mit Nordkorea, wurden von Washington
als die strategische Herausforderung der Ära nach dem Ende
des Kalten Krieges wahrgenommen - eine Herausforderung von
regionaler wie auch globaler Bedeutung.
Die Staaten der Region, die
nicht im Zentrum des Konfliktes stehen - wie Ägypten, Saudi-Arabien
und Syrien - befinden sich in einem strategischen Dilemma. Da diese
Länder über keine hochentwickelten Kapazitäten für Raketen und
ABC-Waffen verfügen, und auch nicht über privilegierte Beziehungen
mit Washington, müssen sie die Vorteile einer, Zusammenarbeit mit
den Vereinigten Staaten abwägen, die der Achse Israel - USA
allerdings stets untergeordnet sein wird.
Syrien, das mit dem Iran, mit
Waffenlieferanten im Fernen Osten und in begrenztem Maße auch mit
Russland verbündet ist, hat nicht die technologischen und
militärischen Trümpfe der Länder zu bieten, die sich in das
Verteidigungskonzept Washingtons einfügen. Als Preis für einen
Frieden mit Israel wird Washington von Syrien einen Bruch mit dem
Iran fordern.
Ein wichtiger Faktor der
regionalenVorherrschaft Israels ist seine spektakuläre Allianz mit
der Türkei. Der ehemalige Premierminister Benjamin Netanjahu hat
diese Allianz seinerzeit als "Hauptachse" des regionalen Bündnisses
bezeichnet, das "den radikalen Regimen der Staaten, die ballistische
Raketen zum Transport von ABC-Waffen entwickeln, die Stirn bieten"
solle. (6)
Für die israelische Führung
ist dieses Netz von Beziehungen inzwischen wesentlich attraktiver
als alles, was die beiden Oslo-Abkommen oder sogar die Abkommen von
Camp David zu bieten hatten. Doch die verantwortlichen Politiker in
Syrien und im Iran sehen in dieser strategischen Umorientierung
einen gegen sie gerichteten Akt der Aggression. So äußerte der
syrische Außenminister Faruk al-Schara den Verdacht, Israel könne
über die Allianz mit der Türkei auf die Golfstaaten zielen.(7 )Und
die Iraner fürchten vor allem, dass Israelis über diese Achse
erleichterten Zugang zu Informationen über ihr Land gewinnen könnte
- insbesondere durch die Installation von Abhörposten an ihren
Grenzen.
Die Unterstützung Israels ist
zwar ein besonders dynamischer, aber nicht der einzige Aspekt der
Nahostpolitik Washingtons. Auch Ägypten hat bereits die Absicht
bekundet, zwei Raketenabwehrsysteme vom Typ Patriot zu erwerben. Und
US-Verteidigungsminister William Cohen hat in den Golfstaaten und
gegenüber saudiarabischen Politikern unermüdlich auf die Vorteile
der Cooperative Defense Initiative (CDI), eines weitreichenden
Frühwarnsystems gegen Raketen hingewiesen. Dieses System beruht auf
einem raschen Informationsaustausch zwischen den Golfstaaten und dem
Pentagon.
"Wir haben insbesondere die
Frage erörtert, wie wir unsere Zusammenarbeit verbessern können, um
den Massenvernichtungswaffen etwas entgegenzusetzen", erklärte
William Cohen bei seinen Gesprächen in den Golfstaaten im November
1999.(8) "Die Beteiligung an der Frühwarnung, die Entwicklung der
aktiven und passiven Verteidigung, um die chemischen und
biologischen Waffen auszuschalten, und die Art und Weise, auf die
möglichen Folgen eines Angriffs zu reagieren - all dies sind
wichtige Aspekte der CDI."
Im Gegensatz zu Israel haben
die Golfstaaten auf die Bemühungen des Pentagon skeptisch reagiert.
Sie sträuben sich, eine milliardenschwere Technologie zu übernehmen,
die noch nicht einmal ihre Bewährungsprobe bestanden hat. Und die
sie auf eine Strategie festlegt, die sie - gegen die Interessen von
Iran und Irak - zum indirekten Verbündeten von Israel machen würde.
Dennoch bleibt die Cooperative Defense Initiative ein Hauptelement
in dem militärischen Sicherheitssystem, das die USA in einer Ära des
"bewaffneten Frieden" aufzubauen trachten. Zur CDI gehört auch die
Schaffung eines umfassendes Überwachungssystem, dessen Netzwerk vom
Golf über den Nahen Osten bis in die Türkei reichen und von den USA
kontrolliert sein soll. Dieses System wird gegen Bagdad und Teheran
gerichtet sein - und wenn der Friedensprozess scheitern sollte, auch
gegen Damaskus.
Nach einem gelungenen Test
der Arrow-Rakete im November 1999 ist Israel nun nahe daran, als
erstes Land ein solches System zu stationieren. Es würde damit über
eine der begehrtesten Technologien der Zeit nach dem Kalten Krieg
verfügen, für die sich auch die Türkei, die Niederlande und Taiwan
interessieren. Allerdings hat der Transfer von Raketentechnologie
von Israel nach China eine Krise in den israelisch-amerikanischen
Beziehungen ausgelöst, obwohl China sich im Gegenzug verpflichtet
hatte, keine neuen Boden-Boden-Raketen in den Nahen Osten zu
verkaufen.
Mehr noch als der Irak bleibt
der Iran das Hauptziel dieses aufzubauenden Verteidigungssystems. Im
August 1999 betonte der Chef des militärischen Geheimdienstes, Amos
Gilag, er sehe als größte Bedrohung für Israel weder einen
palästinensischen Staat in Zisjordanien und im Gazastreifen noch
einen syrischen Überraschungsangriff von den Golanhöhen aus, sondern
Atomwaffen in den Händen der Regime in Bagdad und Teheran.(9)
Die Bedrohung durch
Atomwaffen sei real, erklärte kürzlich der Vertreter des
Generalstabschefs, Uzi Dayan: "Wir müssen sie sehr ernsthaft in
Betracht ziehen. Dies gibt unseren Sicherheitsüberlegungen eine
andere Dimension." Und weiter: "Die Antwort auf Boden-Boden-Raketen
und auf die Bedrohung durch Kernwaffen zwingt uns, vor allem an der
Entwicklung und Konstruktion unterschiedlicher Optionen eines
Gegenschlages zu arbeiten. Wir müssen der Bedrohung zuvorkommen und
sie von vornherein zum Scheitern verurteilen, indem wir gegen sie
eine breite internationale Front mobilisieren. Daneben müssen wir
Abschreckungspotenziale entwickeln und - falls die Abschreckung
scheitert - an Optionen arbeiten, die Präventivschläge von großer
Reichweite ermöglichen. Schließlich haben wir noch die Möglichkeit,
die Raketen mit Hilfe des Arrow-Systems abzufangen."(10)
Trotz der gewaltigen
militärischen Potenziale, die Israel bereits entwickelt hat, bleiben
die Erfahrungen des Golfkrieges - die Notwendigkeit strategischer
Abschreckung und die Erfahrung, dass Israel den Einsatz von Raketen
durch den Irak nicht verhindern konnte - für die strategischen
Planungen des Landes bestimmend.
Dies gilt umso mehr, als Ehud
Barak Russland nicht dazu bringen konnte, seine Hilfe für das
iranische Raketenentwicklungsprogramm zu beenden. Bei seinem Besuch
in Moskau im Juli 1999 mußte Barak konstatieren: "Ich denke, dass
die Russen weiterhin die iranischen Anstrengungen zur Herstellung
von Atomwaffen und von Boden-Boden-Raketen unterstützen werden."(11)
Am 7.Mai 2000 informierte der neu gewählte Präsident Putin die
Clinton-Administration, er werde nicht auf die Vorrechte verzichten,
die Washington in dieser Region als seine alleinigen Prärogative
beanspruche. Putin ging sogar so weit, die minimalen
Handelsbeschränkungen aufzuheben, die Jelzin 1992 für
Nukleartechnologie und das dazugehörige Know-how erlassen hatte.
Russland wird künftig an jeden Staat liefern, der offiziell auf den
Bau von Kernwaffen verzichtet, einschließlich Iran.
Der israelische Rückzug aus
dem Libanon könnte die Lage jedoch verändern. So hat Justizminister
Jossi Beilin als erste wichtige Persönlichkeit Israels in einer Rede
an der Universität Haifa am 4. April 2000 die Bereitschaft
angedeutet, die Feindseligkeit gegenüber der iranischen Revolution
zu überdenken.3 "Der Iran des Präsidenten Chatami und der Iran nach
den Wahlen (von Februar 2000) ist ein weitaus vielschichtigeres
Land, ein Land mit viel mehr Schattierungen, als wir es bisher
gekannt haben. Die positiven Veränderungen, die sich im Iran
vollzogen haben, machen es nötig, unsere Wahrnehmung dieses Landes
zu verändern. Die Möglichkeit einer neuen Öffnung ist greifbar nahe
gerückt."
Mitte März hat Außenminister
Joschka Fischer seinem israelischen Amtskollegen David Levy eine
Botschaft aus dem Iran übermittelt, in der betont wird, dass eine
Lösung im Libanon die Atmosphäre zwischen den beiden Ländern
bedeutsam verändern könnte.
Die Äußerungen von Beilin
beweisen, dass es eine Alternative zu der in Israel vorherrschenden
Sicht der Lage geben könnte, nämlich den Iran als Partner zu sehen.
Die Idee "einer Strategie an der Peripherie", d. h. eines Bündnisses
der nichtarabischen Staaten habe "stille Anhänger im Iran" - so die
Meinung eines Iraners, der den Reformkräften nahesteht.
Aber noch ist es nicht
soweit. Der Iran hat sein Abschreckungspotenzial gegen Israel
vergrößert, indem er der Hisbollah im Februar 2 000
Boden-Boden-Raketen vom Typ Al Fajr 3 und 5 geliefert hat, die
derzeit im Libanon - wahrscheinlich in der Bekaaebene - unter
iranischer oder syrischer Kontrolle gelagert sind. Laut israelischen
Militärexperten können diese Raketen mit ihrer Reichweite von 70 km
den gesamten Norden Israels bestreichen und damit die strategische
Gleichung der Region verändern. Aber diese Raketen sind nicht nur
Ausdruck einer iranischen Politik, die ihre fortdauernden Interessen
im Libanon unterstreicht, sondern auch der Versuch, eine
strategische Abschreckung gegen die massiven israelischen Attacken
zu schaffen, die der Iran befüchtet.
Premierminister Barak, der
den Iran nicht mehr als "Feind" , sondern als "Bedrohung"
bezeichnet, sieht bei den Iraner noch keine Bereitschaft, ihre
Beziehung zu Israel zu überdenken. Nach der Rede von Beilin meinte
der Sprecher Baraks, solange der Iran fortfahre, ABC-Waffen
anzuschaffen, gebe es keinen Anlass, die Politik zu ändern.(13)
Selbst Persönlichkeiten wie
Beilin, die für eine Veränderung der israelischen Politik offen
sind, stehen auf der Basis des Konsenses, der eine mit den USA
abgestimmte Abschreckungspolitik einschließlich der Frühwarnsysteme
sowie die Modernisierung der Raketen befürwortet. Das gilt auch für
die fortgesetzten Bemühungen, den Zufluss von Technologien "mit
mehrfachen Verwendungsmöglichkeiten" aus China, Nordkorea, Russland
und anderen GUS-Staaten in den Nahen Osten einzudämmen.
In den internen israelischen
Debatten über die Beziehungen mit dem Iran wird immer wieder betont,
man dürfe den Elan der USA bei der Entwicklung neuer
Spitzentechnologien und Waffensysteme zum Schutz vor den Raketen und
ABC-Waffen der "Schurkenstaaten" auf keinen Fall bremsen. Angesichts
des Bemühens, sich eine sicherheitspolitisch begründete Militärhilfe
im Wert von schätzungsweise 17 Milliarden Dollar als Gegenleistung
für einen Frieden mit Syrien zu sichern, bleibt Israel darauf
angewiesen, den Iran weiterhin als unnachgiebigen Feind
darzustellen. Sollte ein Friedensvertrag mit Damaskus scheitern,
wird Israel zusätzliche Argumente finden müssen, um in den Genuss
dieses phantastischen Geschenks zu kommen.
dt. Dorothea Schlink-Zykan
Fußnoten:
(1) Die Begriffe "Schurkenstaat", "Gangsterstaat", "Pariastaat"
wurden offiziell im Juni 2000 aus dem diplomatischen Vokabular der
USA gestrichen und durch den Terminus "state of concern" (Staaten,
die Anlass zur Beunruhigung geben) ersetzt.
(2) Siehe Yediot Aharonot, Tel Aviv, 21. Januar 2000
(3) Siehe Maariv, Tel Aviv, 25. Januar 2000
(4 )Siehe Haaretz, Tel Aviv, 3. August 1999
(5) Vgl. As-Safir, Beirut, 12. Januar 2000, übernommen
vom Middle East Media and Research Institute, 15.Februar 2000
(6) Vgl. Haaretz, 2. September 1996. Siehe dazu auch Alain
Gresh, Frieden statt Demokratie, Le Monde diplomatique,
November 1996
(7) Syrisch-arabisches Fernsehen, 17.August 1998
(8) News Briefing, Office of the US Secretary of Defense, 2.
November 1999
(9) Siehe Haaretz, 16. September 1999
(10) Vgl. Haaretz, 17. September 1999
(11) Vgl. Yediot Aharanot, 4. August 1999
(12) Vgl. Haaretz, 5. April 2000
(13) Siehe Jerusalem Post, 5. April 2000
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags
haGalil onLine
12-07-2000
|