Scharfe Kritik äußerte Paul Spiegel,
Präsident des Direktoriums des Zentralrats der Juden in Deutschland, nachdem
Unionsfraktionschef Friedrich Merz überraschend verkündet hatte, dass seine
Generation nicht mehr für die deutsche Vergangenheit in die Pflicht genommen
werden wolle. Solche
Bekundungen, zumal ohne jeden aktuellen Anlass, seien ein "Schlag ins
Gesicht der Opfer und Überlebenden des Nazi-Regimes", so Spiegel. Die
Ausführung von Merz in der Zeitung "Die Woche" stünden "in der fortgesetzten
Tradition des neuen Walserismus. Mit dem Abstreifen der Verantwortung für
die Lehren aus der deutschen Geschichte, wird der untaugliche Versuch
unternommen, sich von einem Schuldgespenst freizusprechen, das längst nicht
mehr existiert hat. Gleichzeitig wird der fatale Fehler begangen,
rechtsradikale Parolen und Fremdenfeindlichkeit salonfähig zu machen."
Es stelle sich die Frage, welches Verständnis ein Politiker habe, der aus
seiner eigenen Geschichte aussteigen wolle und dies auch anderen empfehle.
Die Bemerkung, die alten Bundesregierungen hätten - aufgrund der Erfahrungen
des Nationalsozialismus - nicht den Mut gefunden auszusprechen, wen sie
hätten im Lande haben wollen und wen nicht (mit der sich Merz auf die
Debatte um 'Kinder statt Inder' bezog,
sei eine Beleidigung der Mütter und Väter des Grundgesetzes.
Gestern warnte auch der frühere
CDU-Generalsekretär Heiner Geißler die Union vor einem Rechtsruck. Er wandte
sich vor allem gegen die These, dass die neue CDU-Führung die Bandbreite
nach rechts abdecken und so eine Parteigründung rechts von der Union
verhindern müsse. Dieser Ansatz sei so trivial wie antiquiert.
haGalil onLine
06-04-2000
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